Vampire Academy 04
aus einer Meile Entfernung aufspüren konnte, bemerkte den Neuankömmling sofort. „Wo hast du denn dieses Küken aufgetrieben?“, fragte er.
Christian warf Adrian einen warnenden Blick zu. „Das ist Jill.“ Jill Mastrano ließ sich ins Zimmer schieben und sah sich dort mit unsagbar weit aufgerissenen hellgrünen Augen um. „Jill, das sind Lissa und Adrian.“
Jill gehörte zu den Personen, die ich hier am allerwenigsten erwartet hatte. Wir hatten uns vor etwas mehr als einem Monat kennengelernt. Sie besuchte die neunte Klasse, was bedeutete, dass sie ab dem Herbst auf dem oberen Campus sein würde. Sie hatte den gleichen superschlanken Körperbau wie die meisten Moroi, aber gepaart mit einer Größe, die selbst für vampirische Maßstäbe beeindruckend war. Sie war dünn wie eine Bohnenstange. Ihr Haar fiel in hellbraunen Locken bis zur Mitte des Rückens und hätte wunderschön aussehen können – wenn sie gelernt hätte, es richtig zu frisieren. Momentan wuselte es jedenfalls ziemlich wirr herum, und ihr Gesamteindruck war zwar niedlich, aber auch irgendwie unbeholfen.
„H-Hey“, sagte sie und blickte von einem zum anderen. So weit es Jill betraf, waren diese Moroi wahre Berühmtheiten. Als sie Dimitri und mir das erste Mal begegnete, war sie schon wegen des Rufs, der uns vorauseilte, beinahe ohnmächtig geworden. Ihrer Miene nach zu urteilen, befand sie sich jetzt in einem ganz ähnlichen Zustand.
„Jill will lernen, ihre Macht für das Gute einzusetzen anstatt für das Böse“, erklärte Christian mit einem übertriebenen Augenzwinkern. Das war seine gespreizte Art zu sagen, dass Jill lernen wollte, mittels ihrer Magie zu kämpfen. Sie war mit ihrem Wunsch zu mir gekommen, und ich hatte sie zu Christian geschickt. Ich war froh, dass sie tatsächlich den Mut aufgebracht hatte, meinen Rat zu befolgen. Denn Christian war ebenfalls eine Campus-Berühmtheit, wenn auch eine berüchtigte.
„Eine neue Rekrutin?“, fragte Lissa kopfschüttelnd. „Glaubst du, sie bleibt uns ein bisschen länger erhalten?“
Jill warf Christian einen erschrockenen Blick zu. „Was soll das heißen?“
„Nach dem Angriff haben jede Menge Leute gesagt, dass sie lernen wollten, mit Magie zu kämpfen“, erklärte Christian. „Also haben sie sich bei mir gemeldet, und wir haben zusammen gearbeitet … ein- oder zweimal. Sobald sie merkten, dass es nicht gerade kinderleicht ist und man für diese Technik immer weiter üben muss, schwanden ihre guten Vorsätze dahin und sie gleich mit.“
„Außerdem bist du ein erbärmlicher Lehrer, und das macht die Sache auch nicht gerade leichter“, bemerkte Lissa.
„Und jetzt musst du deine Leute also schon unter Kindern rekrutieren?“, sagte Adrian feierlich.
„He“, protestierte Jill entrüstet. „Ich bin vierzehn.“ Sofort errötete sie, weil sie ihm so kühn geantwortet hatte. Er fand es amüsant, wie so viele andere Dinge auch.
„Mein Fehler“, sagte er. „Welches ist dein Element?“
„Wasser.“
„Feuer und Wasser, hm?“ Adrian griff in seine Tasche, zog einen Hundertdollarschein heraus und strich ihn glatt. „Schätzchen, ich schlage dir einen Handel vor. Wenn du einen Eimer Wasser erscheinen lassen und ihn über Christians Kopf auskippen kannst, gebe ich dir den hier.“
„Da leg ich noch zehn drauf“, lachte Lissa.
Jill wirkte sprachlos, aber ich vermutete, dass das wahrscheinlich daran lag, dass Adrian sie „Schätzchen“, genannt hatte. Ich erachtete Adrians Gegenwart so häufig als selbstverständlich, dass ich leicht vergaß, was für ein heißer Typ er eigentlich war. Christian schob Jill zur Tür.
„Achte gar nicht auf sie. Die beiden sind doch bloß eifersüchtig, weil Geistbenutzer sich nicht, so wie wir, ins Kampfgetümmel werfen können.“ Er ließ sich vor Lissa auf ein Knie nieder und gab ihr noch schnell einen Kuss. „Wir haben oben im Aufenthaltsraum trainiert, aber ich muss sie jetzt zurückbringen. Wir sehen uns morgen.“
„Das brauchst du nicht“, sagte Jill. „Ich kann auch allein zurückgehen. Ich will niemandem irgendwelche Umstände machen.“
Adrian stand auf. „Das tust du auch nicht. Wenn hier schon jemand vortritt und den edlen Ritter mimt, dann kann dieser jemand auch genauso gut ich sein. Ich bringe dich zurück, und wir überlassen die Turteltäubchen ihrem Turteln.“ Er machte eine tiefe Verbeugung vor Jill. „Sollen wir?“
„Adrian …“, sagte Lissa mit einem scharfen Unterton in der Stimme.
„Oh,
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