Vampire Academy 04
Versprechen, Baja zu verlassen, dann wird das auch nicht nötig sein.“
Ich kniff die Augen zusammen. „Ich habe es schon einmal gesagt: Ich halte meine Versprechen immer.“
Und als ich zurück zum Haus der Belikovs lief, fragte ich mich plötzlich, ob das tatsächlich der Wahrheit entsprach. Die Auseinandersetzungen mit Abe und Viktoria hatten auf mich dieselbe Wirkung gehabt wie ein Eimer kaltes Wasser ins Gesicht. Was tat ich hier eigentlich? Bis zu einem gewissen Grad war Abe im Recht … ich hatte mir etwas vorgemacht und so getan, als sei Dimitris Familie meine eigene, in der Hoffnung, das könnte meine Trauer lindern. Aber dies war nicht meine Familie. Dies war nicht mein Zuhause. Auch die Akademie war nicht mein Zuhause, nicht mehr. Das Einzige, was mir noch blieb, war mein Versprechen – mein Versprechen, das mich an Dimitri band. Das Versprechen, das ich irgendwie aus den Augen verloren hatte, seit ich nach Baja gekommen war.
Im Hause der Belikovs lagen einige Familienmitglieder bereits im Bett, die anderen saßen noch im Wohnzimmer beisammen. Ich schlich die Treppe hinauf in mein Zimmer und wartete ungeduldig darauf, dass Viktoria heimkehrte. Eine halbe Stunde später hörte ich Schritte auf der Treppe und das Schließen ihrer Zimmertür. Zaghaft klopfte ich an.
„Viktoria“, sagte ich in einem lauten Flüsterton. „Ich bin es. Bitte, rede mit mir.“
„Nein!“, kam die Antwort. „Ich werde nie wieder mit dir reden.“
„Viktoria …“
„Geh weg!“
„Ich mache mir doch nur Sorgen um dich.“
„Du bist nicht mein Bruder! Du bist nicht einmal meine Schwester. Du hast hier nichts zu suchen!“
Autsch. Ihre Stimme wurde zwar durch die Tür gedämpft, aber ich wollte im Flur keinen Streit riskieren, den die anderen dann mitbekamen. Als ich in mein Zimmer ging, brach mir das Herz, und ich trat vor den Spiegel. In dem Moment wurde mir klar, dass sie recht hatte. Selbst Abe hatte recht. Ich hatte in Baja nichts mehr verloren.
Blitzschnell hatte ich meine paar Habseligkeiten zusammengepackt, doch ich zögerte, bevor ich nach unten ging. Viktorias geschlossene Tür starrte mich an, und ich musste gegen den Drang ankämpfen, noch einmal anzuklopfen. Wenn ich es tat, würde das nur einen weiteren Streit auslösen. Oder, schlimmer noch, sie würde mir womöglich verzeihen – und dann würde ich für immer bleiben wollen, verloren im tröstlichen Schutz von Dimitris Familie und ihrem einfachen Leben.
Ich holte also tief Luft, ging die Treppe hinunter und zur Haustür hinaus. Ich wollte den anderen auf Wiedersehen sagen, fürchtete jedoch, es könnte genau das Gleiche geschehen: dass ich in ihre Gesichter blicken und meine Meinung ändern würde. Ich musste gehen, das war mir klar geworden. Ich war sowohl auf Viktoria als auch auf Abe wütend, denn ihre Worte hatten mich verletzt – auch wenn eine gewisse Wahrheit darin lag. Dies war nicht meine Welt. Ich musste etwas anderes mit meinem Leben anfangen. Und ich hatte eine Menge Versprechen zu halten.
Als ich etwa acht Häuserblocks entfernt war, wurde ich langsamer, nicht weil ich müde war, sondern weil ich nicht wusste, wohin ich eigentlich ging. Dieses Haus zu verlassen war der größte Schritt gewesen. Ich ließ mich vor dem stillen, dunklen Garten eines Hauses auf der Bordsteinkante nieder. Ich wollte weinen, ohne zu wissen, warum. Ich wollte mein altes Leben zurückhaben. Ich wollte Dimitri und Lissa. O Gott, ich wollte sie so sehr.
Aber Dimitri war weg, und ich würde ihn nur dann wiedersehen, wenn ich mich wahrhaftig auf den Weg machte, ihn zu töten. Und was Lissa betraf … auch sie war für mich gewissermaßen weg. Denn selbst wenn ich dies hier überlebte, glaubte ich nicht, dass sie mir verzeihen konnte. Während ich dort saß und mich verloren und allein fühlte, versuchte ich, einmal mehr meine Sinne nach ihr auszustrecken. Ich wusste, es war töricht, wenn man bedachte, was ich beim letzten Besuch gesehen hatte, aber ich musste es noch einmal versuchen. Ich musste herausfinden, ob ich meinen alten Platz zurückhaben konnte. Sofort schlüpfte ich in ihren Geist; meine aus den Fugen geratenen Gefühle erleichterten die Prozedur. Sie saß in einem Privatjet.
Wenn Jill schon vollkommen aus dem Häuschen gewesen war, als sie die Schülerelite von St. Vladimir kennengelernt hatte, so beförderte sie eine Reise zum Königshof in deren Gesellschaft geradezu ins Koma. Sie schaute sich alles mit großen Augen an und sagte während
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