Vampire Academy 05
halten, war eine Leistung, die der Verzauberung des Pflocks durchaus ebenbürtig war.
Nicht dass es im Augenblick eine Rolle gespielt hätte. Verzauberter Pflock hin, verzauberter Pflock her, sie konnte einfach nicht nahe genug an Dimitri herankommen. Er wusste das genauso, und seine Überraschung verwandelte sich unverzüglich in eine entzückte Erheiterung – er wirkte beinahe nachsichtig, etwa so, wie man ein Kind bei einer liebenswerten Tat beobachtet. Lissas Angriff wirkte unbeholfen. Sie war nicht schnell genug. Sie war auch nicht stark genug.
„Nein!“, schrie ich und sprang auf die beiden zu, obwohl ich mir ziemlich sicher war, dass auch ich nicht schnell genug sein würde.
Plötzlich erschien eine brennende Mauer aus Hitze und Flammen vor mir, und ich hatte kaum die Geistesgegenwart zurückzutreten. Dieses Feuer war aus dem Boden geschossen und bildete einen Ring um Dimitri herum, der mich von ihm fernhielt. Es war verwirrend, allerdings nur für einen kurzen Moment. Ich kannte ja Christians Handschrift.
„Hör auf damit!“ Ich wusste nicht, was ich tun sollte, ob ich Christian angreifen oder ins Feuer springen sollte. „Du wirst uns noch alle bei lebendigem Leib verbrennen!“ Das Feuer wirkte jedoch ziemlich kontrolliert – so groß waren Christians Fähigkeiten –, aber in einem Raum wie diesem konnte selbst ein kontrolliertes Feuer tödlich sein. Sogar die anderen Strigoi wichen zurück.
Die Flammen schlossen sich immer enger und enger um Dimitri. Ich hörte ihn schreien, konnte den Ausdruck der Qual sogar noch durch das Feuer hindurch auf seinen Zügen sehen. Das Feuer begann seinen Mantel zu verzehren, Rauch quoll aus den Flammen. Irgendein Instinkt sagte mir, dass ich dem jetzt Einhalt gebieten müsse … und doch, was spielte es für eine Rolle? Ich war gekommen, um ihn zu töten. War es denn so wichtig, wenn jemand anders es für mich tat?
Und das war der Zeitpunkt, da mir auffiel, dass Lissa immer noch in der Offensive war. Dimitri war abgelenkt und schrie, während ihn die Flammen umschlossen. Ich schrie ebenfalls … um ihn, um sie … es ist schwer zu sagen. Lissas Arm schoss jetzt durch die Flammen, und wieder wogte ein Schmerz durch das Band – ein Schmerz, neben dem sich der frühere Schmerz, als Christian ihre Seile verbrannt hatte, geradezu winzig ausmachte. Doch sie ließ nicht locker und ignorierte die feurige Qual. Sondern zielte mit dem Pflock auf sein Herz.
Der Pflock durchdrang sein Fleisch, durchstach ihn.
Na ja, er durchstach ihn jedenfalls mehr oder weniger.
Genau wie bei den Gelegenheiten, da sie mit dem Kissen geübt hatte, hatte sie auch jetzt nicht ganz die Kraft gehabt, um den Pflock dort hinzubekommen, wo er hingehörte. Ich spürte, wie sie sich wappnete, spürte, wie sie jede Unze Kraft, die sie besaß, heraufbeschwor. Sie warf ihr ganzes Gewicht hinein, benutzte beide Hände und stieß abermals zu. Der Pflock bohrte sich tiefer in Dimitris Fleisch. Allerdings immer noch nicht tief genug. Diese Verzögerung hätte sie unter gewöhnlichen Bedingungen das Leben gekostet. Doch dies waren keine gewöhnlichen Bedingungen. Dimitri hatte keine Möglichkeit, sie abzublocken, nicht während das Feuer ihn langsam auffraß. Er brachte jedoch einen kleinen Kampf zustande, der den Pflock lockerte und das Wenige an Fortschritt, das Lissa gemacht hatte, gleich wieder aufhob. Mit einer Grimasse versuchte sie es noch einmal und stieß den Pflock in seine frühere Position zurück.
Trotzdem, es war noch nicht genug.
Endlich kam ich zu mir und wusste, dass ich dem hier ein Ende bereiten musste. Lissa würde sich verbrennen, wenn sie weiter versuchte, ihn zu pfählen. Es fehlten ihr einfach die Fähigkeiten dazu. Entweder musste ich selbst ihn pfählen, oder wir mussten einfach abwarten, bis ihm das Feuer den Rest gab. Ich trat also vor. Lissa bemerkte mich aus dem Augenwinkel und sandte mir einen Schwall Zwang entgegen.
Nein! Lass mich das tun!
Der Befehl traf mich hart, eine unsichtbare Mauer, die mich zwang, stehen zu bleiben. Wie benommen stand ich da, sowohl wegen des Zwangs selbst als auch wegen der Erkenntnis, dass sie ihn gegen mich eingesetzt hatte. Ich brauchte nur einen einzigen Augenblick, um ihn abzuschütteln. Sie war zu abgelenkt, um ihre volle Macht in den Befehl fließen zu lassen, und ich war ohnehin ziemlich resistent gegen Zwang.
Doch diese geringfügige Verzögerung hatte mich daran gehindert, sie zu erreichen. Lissa ergriff also ihre letzte Chance,
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