Vampire Academy 05
über ihre frühere Verstimmung wegen Christian hinweggekommen war, aber im Laufe des Tages wuchs ihre Furcht vor unserer bevorstehenden Mission mit Mia dann doch ein wenig.
„Es wird schon alles gut gehen“, bemerkte ich, als die Zeit kam. Wir gingen wieder über das Gelände des Hofes, gekleidet in bequeme Jeans und T-Shirts. Es war schön, nicht mehr wie zu Schulzeiten zu einer bestimmten Stunde in unserem Zimmer sein zu müssen, und der Aufenthalt draußen bei hellem Sonnenlicht gab mir nicht das Gefühl, allzu verstohlen zu Werke zu gehen. „Die Sache wird ganz einfach werden.“
Lissa warf mir einen Blick zu, erwiderte jedoch nichts. Die Wächter galten als die Sicherheitsgewalt in unserer Welt, und dies war ihr Hauptquartier. Der Einbruch würde alles andere als einfach werden.
Mia wirkte jedoch entschlossen, als wir bei ihr eintrafen. Ihre Einstellung ermutigte mich – und ebenso der Umstand, dass sie ganz in Schwarz gekleidet war. Nun gut, im Sonnenlicht würde das nicht viel nutzen, aber dadurch fühlte sich die ganze Unternehmung legitimer an. Ich brannte darauf zu erfahren, was sie mit Christian gemacht hatte, und für Lissa galt das Gleiche. Aber es war eins der Themen, die man am besten unberührt ließ.
Mia erklärte uns jedoch ihren Plan, und ich hatte ehrlich das Gefühl, dass wir eine fünfundsechzigprozentige Erfolgschance hatten. Lissa war wegen ihrer Rolle dabei unbehaglich zumute, da der Plan Zwang beinhaltete. Aber sie war kein Spielverderber und fand sich dazu bereit. Wir gingen den ganzen Ablauf einige weitere Male detailliert durch und machten uns dann auf den Weg zu dem Gebäude, das die Wächterzentrale beherbergte. Ich war früher schon einmal dort gewesen, als Dimitri mit mir zu Victor in die Haftzellen gegangen war, die an das Hauptquartier der Wächter angrenzten. Ich hatte damals aber nicht viel Zeit in der Zentrale verbracht, und wie Mia schon vorhergesagt hatte, waren zu dieser Zeit des Tages auch nur wenige Personen dort beschäftigt.
Als wir eintraten, gelangten wir unverzüglich in einen Empfangsbereich, wie man ihn in jedem anderen Verwaltungsgebäude auch finden würde. Ein strenger Wächter saß an einem Schreibtisch mit einem Computer, umringt von Aktenschränken und Tischen. Wahrscheinlich hatte er zu dieser Zeit der Nacht nicht viel zu tun, aber er war offensichtlich absolut wachsam. Hinter ihm befand sich eine Tür, und diese fesselte meine Aufmerksamkeit. Mia hatte erklärt, dass es sich um den Eingang zu allen Wächtergeheimnissen handelte, zu ihren Akten und Hauptbüros – und Überwachungsbereichen, wo die Bilder aus den sensibelsten Abteilungen des Königshofes über den Bildschirm flimmerten.
Streng hin, streng her, der Mann hatte jedenfalls ein kleines Lächeln für Mia übrig. „Ist es nicht schon ein wenig spät für Sie? Sie sind doch nicht wegen des Unterrichts hier, oder?“
Sie grinste zurück. Er musste einer der Wächter sein, mit denen sie sich während ihrer Zeit bei Hof angefreundet hatte. „Nein, ich wollte meine Freundinnen nur ein wenig herumführen.“
Er zog eine Augenbraue hoch, während er Lissa und mich betrachtete. Dann nickte er schwach. „Prinzessin Dragomir. Wächterin Hathaway.“ Offenbar war uns unser Ruf vorausgeeilt. Es war das erste Mal, dass ich mit meinem neuen Titel angesprochen worden war. Es verblüffte mich – und bescherte mir ein leicht schlechtes Gewissen, weil ich die Gruppe verraten wollte, deren Mitglied ich soeben geworden war.
„Das ist Don“, stellte Mia den Mann vor. „Don, die Prinzessin möchte um einen Gefallen bitten.“ Vielsagend sah sie Lissa an.
Lissa holte tief Luft, und ich spürte das Brennen von Zwangsmagie durch unser Band hindurch, während sie den Blick auf ihn richtete. „Don“, sagte sie mit fester Stimme, „geben Sie uns die Schlüssel und die Codes zu den Aktenarchiven im unteren Stockwerk. Und dann sorgen Sie bitte dafür, dass die Kameras in diesen Bereichen ausgeschaltet werden.“
Er runzelte die Stirn. „Warum sollte ich …“ Aber während sie ihm weiter starr in die Augen schaute, konnte ich sehen, wie ihn der Zwang packte. Die Linien auf seinem Gesicht glätteten sich fügsam, und ich stieß einen Seufzer der Erleichterung aus. Viele Leute waren stark genug, um Zwang zu widerstehen – insbesondere dem Zwang gewöhnlicher Moroi. Lissas Zwang war wegen des Geistes allerdings wesentlich stärker, obwohl man nie wissen konnte, ob sich nicht doch jemand dagegen zur Wehr
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