Vampire Academy 06 ● Schicksalsbande
schwach beleuchtet, sowohl wegen der Stimmung als auch um des Wohlbehagens der Moroi willen. Adrians Scherz einmal beiseitegelassen, war es wirklich früh am Tag für Moroi, und nur zwei Gäste waren zugegen. Adrian gab der Frau hinter der Theke ein kleines Zeichen – ich vermutete, dass es ein Signal für eine sofortige Bestellung war, denn die Frau drehte sich um und schenkte einen Drink ein.
„Hey, Ivashkov! Wo bist du denn die ganze Zeit geblieben?“
Eine Stimme drang zu Lissa und den anderen durch, und nach einigen Sekunden entdeckte sie einen einzelnen Mann, der an einem Ecktisch saß. Als Adrian sie zu ihm führte, stellte Lissa fest, dass dieser Mann jung war – ungefähr in Adrians Alter, mit gewelltem schwarzem Haar und leuchtend blaugrünen Augen, die mich ein wenig an Abes neueste Krawatte erinnerten. Es war, als habe jemand die umwerfende Farbe von Adrians und Christians Augen miteinander gemischt. Er hatte einen schlanken, muskulösen Körper – ungefähr so muskulös, wie es einem Moroi möglich war –, und trotz ihres Freundes konnte Lissa durchaus bewundern, wie heiß er wirkte.
„Ich habe nur etwas besser aussehende Gesellschaft geholt“, erwiderte Adrian und zog sich einen Stuhl heran.
Der Moroi bemerkte erst jetzt Adrians Begleiter und sprang auf. Er ergriff Lissas Hand, beugte sich darüber und küsste sie. „Prinzessin Dragomir. Es ist mir eine Ehre, Sie endlich kennenzulernen. Sie aus der Ferne zu sehen, war bereits schön. Aber aus der Nähe? Göttlich.“
„Das“, sagte Adrian großspurig, „ist Blake Lazar.“
„Freut mich, Sie kennenzulernen“, sagte sie.
Blake lächelte strahlend. „Darf ich Sie Vasilisa nennen?“
„Sie können mich ruhig Lissa nennen.“
„Außerdem können Sie“, fügte Christian hinzu, „jetzt ihre Hand loslassen.“
Blake sah zu Christian hinüber und wartete noch einige weitere Sekunden ab, bevor er Lissas Hand tatsächlich losließ – offenbar war er sehr stolz auf diese zusätzlichen Augenblicke. „Sie habe ich auch schon gesehen, Ozera. Crispin, oder?“
„Christian“, korrigierte ihn Lissa.
„Ah ja.“ Blake zog sich einen Stuhl heran und spielte immer noch den überwältigten Gentleman. „Bitte, setzen Sie sich zu uns!“ Das Angebot galt allerdings nicht für Christian, der keine Kosten und Mühen scheute, neben Lissa Platz zu nehmen. „Was möchten Sie gern trinken? Sie sind natürlich eingeladen.“
„Nichts“, antwortete Lissa.
Genau in diesem Augenblick erschien die Bedienung und brachte Adrians Drink und ein weiteres Glas für Blake. „Es ist nie zu früh. Fragen Sie Ivashkov. Du trinkst, sobald du dich aus dem Bett gewälzt hast, nicht wahr?“
„Auf meinem Nachttisch steht griffbereit eine Flasche Scotch“, bestätigte Adrian, der sich immer noch heiter und unbeschwert gab. Lissa öffnete die Augen für seine Aura. Sie zeigte das leuchtende Gold aller Geistbenutzer, wenn auch nach wie vor leicht gedämpft – vom Alkohol. Außerdem zeigte seine Aura einen ganz schwachen Rotton, zwar keinen echten Zorn, aber eindeutig Ärger. Lissa fiel ein, dass weder Adrian noch Ambrose eine gute Meinung von diesem Blake hatten.
„Also, was führt Sie und Christopher hierher?“, fragte Blake. Er leerte ein Glas mit etwas Bernsteinfarbenem darin und stellte es neben den neuen Drink.
„Christian“, verbesserte Christian.
„Wir haben vorhin gerade über meine Tante gesprochen“, bemerkte Adrian. Wieder gelang es ihm, äußerst beiläufig zu klingen, aber wie sehr er auch wünschen mochte, meinen Namen reinzuwaschen, es machte ihm offensichtlich ziemlich zu schaffen, auf die Einzelheiten von Tatianas Ermordung einzugehen.
Blakes Lächeln verblasste etwas. „Niederschmetternd! Für euch beide.“ Das galt jetzt Adrian und Lissa. Christian hätte geradeso gut Luft sein können. „Tut mir auch leid wegen Hathaway“, fügte er hinzu, diesmal an Lissa allein gewandt. „Ich habe gehört, wie aufgeregt Sie gewesen sind. Wer hätte das auch kommen sehen können?“
Lissa begriff, dass er davon sprach, wie wütend sie angeblich auf mich war, und wie verletzt. „Na ja“, sagte sie verbittert. „Ich vermute, man kennt die Leute einfach nicht. Es gab zuvor schon eine Million Anzeichen. Ich habe nur nicht darauf geachtet.“
„Sie müssen doch auch ziemlich bestürzt sein“, warf Christian ein. „Wie wir gehört haben, standen Sie und die Königin einander .... irgendwie sehr nahe.“
Blakes Grinsen kehrte zurück.
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