Vampire Academy 06 ● Schicksalsbande
Wesentlichen habe ich alles für Jill beiseitegelegt, für ihre Zukunft. Damit sie tun kann, was immer sie will.“
„Wie meinst du das?“, fragte Jill entsetzt. „Von welchem Geld sprichst du?“
„Du bist eine Erbin“, erklärte ich. „Und dazu eine Royal.“
„Ich bin nichts von alledem“, protestierte sie. Hektisch sah sie uns jetzt alle an. Sie erinnerte mich an ein fluchtbereites Reh. „Das ist doch ein Irrtum. Ihr seid alle irgendeinem Irrtum erlegen.“
Emily stand auf, ging zu Jills Stuhl hinüber und kniete sich davor hin. Dann umfasste sie die Hand ihrer Tochter. „Es ist alles wahr. Und es tut mir entsetzlich leid, dass du es so erfahren musstest. Aber es ändert nichts. Unser Leben wird sich deswegen nicht ändern. Wir werden genau so weitermachen wie zuvor.“
Eine Vielzahl von Gefühlen glitt rasend schnell über Jills Gesicht – vor allem Furcht und Verwirrung. Aber sie beugte sich vor und begrub das Gesicht an der Schulter ihrer Mutter. Sie hatte die Tatsachen akzeptiert. „In Ordnung.“
Es war ein rührender Augenblick, und wieder war ich den Tränen nahe. Ich hatte ja selbst so einiges an familiären Dramen und elterlichen Problemen erlebt. Wie zuvor schon wollte ich, dass die Mastranos diesen Augenblick ausleben konnten – doch das war jetzt leider nicht möglich.
„Sie können es aber nicht“, erklärte ich ihnen. „Sie können nicht so weitermachen wie zuvor. Jill .... Jill muss an den königlichen Hof.“
Emily zuckte von Jill zurück und starrte mich an. Vor einer Sekunde noch war sie voller Trauer und Bestürzung gewesen. Jetzt erkannte ich jedoch Wut und Wildheit. Sie fixierte mich mit einem scharfen Blick aus diesen blauen Augen, in denen ein Sturm tobte. „Nein. Sie wird nicht dorthin gehen. Sie wird niemals dorthin gehen.“
Jill hatte dem Hof bereits einen Besuch abgestattet, aber sowohl Emily als auch ich wussten, dass ich nicht von einer vorübergehenden Vergnügungsreise sprach. Jill musste zu ihrer wahren Identität stehen. Na ja – vielleicht war wahr auch nicht ganz das richtige Wort. Illegitimes Mitglied des Königshauses zu sein, war nicht Teil ihres Wesens, zumindest jetzt noch nicht. Sie war, wer immer sie gewesen war, aber ihr Name hatte sich geändert. Dieser Veränderung musste Rechnung getragen werden, und der Moroihof wäre ziemlich erschüttert.
„Sie muss“, drängte ich. „Der Hof ist korrupt, und die Familie Dragomir muss dazu beitragen, alles wieder ins Lot zu bringen. Lissa allein hat keine Macht, nicht ohne ein Familienstimmrecht. Alle anderen Royals .... sie trampeln doch auf ihr herum. Sie erlassen Gesetze, die keinem von uns weiterhelfen.“
Emily kniete noch immer vor dem Stuhl, als wollte sie Jill vor meinen Worten beschirmen. „Und genau das ist der Grund, warum Jill nicht hingehen kann. Es ist auch der Grund, weshalb ich Eric nicht erlaubt habe, sie anzuerkennen. Ich will nicht, dass Jill damit in Berührung kommt. Dieser Ort ist Gift. Tatianas Ermordung ist ein Beweis dafür.“ Emily hielt inne und warf mir einen scharfen Blick zu, der mich daran erinnerte, dass ich die Hauptverdächtige war. Offenbar hatten wir diesen Punkt noch nicht hinter uns gebracht. „Sämtliche Royals .... sind bösartig. Ich will nicht, dass Jill zu einem von ihnen wird. Und ich werde auch nicht zulassen, dass sie zu einem von ihnen wird.“
„Nicht alle sind so“, wandte ich ein. „Lissa ist auch nicht so. Sie versucht, das System zu verändern.“
Emily schenkte mir ein bitteres Lächeln. „Und was glauben Sie, wie die anderen zu ihren Reformen stehen? Ich bin mir sicher, es gibt Royals, die froh und glücklich darüber sind, dass sie zum Schweigen gebracht wurde – Royals, die nicht erfreut wären, wenn ihre Familie wieder hochkäme. Ich habe es Ihnen gesagt: Eric war ein guter Mann. Manchmal glaube ich, es ist kein Zufall, dass ihre Familie erloschen ist.“
Ich starrte sie an. „Das ist doch lächerlich.“ Aber plötzlich war ich mir nicht mehr so sicher.
„Wirklich?“ Emilys Blick ruhte auf mir, als ahnte sie meine Zweifel. „Was würden sie Ihrer Ansicht nach tun, wenn ein weiterer Dragomir auftauchte? Die Leute, die gegen Vasilisa sind? Was würden sie wohl tun, wenn nur eine einzige Person zwischen ihnen und der Macht ihrer Familie stünde?“
Ihre Andeutungen waren schockierend .... aber nicht unmöglich. Während ich Jill ansah, wurde mir ganz flau im Magen. Welchen Dingen setzte ich sie da aus? Die süße, unschuldige
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