Vampire Academy 06 ● Schicksalsbande
ihrer Cousine förmlich aufgesogen, aber jetzt wandte sie sich mit einem schiefen, wissenden Lächeln zu mir um. „Ich kann für mich selbst sprechen, Rose.“
„Entschuldigung“, sagte ich.
Emily wandte sich stirnrunzelnd an Sydney. Die beiden waren einander zwar vorgestellt worden, mehr aber nicht. „Warum sind Sie hier?“ Emily brauchte gar nicht auszusprechen, was sie wirklich meinte. Sie wollte wissen, warum ein Mensch hier war. „Sind Sie eine Spenderin?“
„Nein!“, rief Sydney und sprang von ihrem Platz an meiner Seite auf. So voller Entrüstung und Abscheu hatte ich sie noch nie erlebt. „Sagen Sie das noch einmal, und ich werde auf der Stelle verschwinden! Ich bin Alchemistin.“
Die Antwort bestand in verständnislosen Blicken, und ich zog Sydney wieder auf das Sofa zurück. „Ganz ruhig! Ich glaube, sie wissen nicht, was Alchemisten sind.“ Insgeheim war ich froh darüber. Als ich zum ersten Mal von den Alchemisten erfahren hatte, hatte ich das Gefühl gehabt, ich sei die letzte Person auf der Welt, die es herausgefunden hatte. Schön zu wissen, dass auch andere völlig ahnungslos waren. Um die Sache fürs Erste nicht unnötig kompliziert zu machen, erklärte ich Emily: „Sydney hat uns geholfen.“
Tränen traten in Emilys blaue Augen, als sie sich wieder ihrer Cousine zuwandte. Emily Mastrano war eine der hinreißendsten Frauen, die mir je begegnet waren. Selbst Tränen waren bei ihr noch schön. „Du bist es wirklich, nicht wahr? Sie haben dich zu mir zurückgebracht. Oh Gott!“ Emily stand auf, ging durch den Raum und nahm ihre Cousine fest in die Arme. „Ich habe dich so sehr vermisst. Ich kann’s gar nicht glauben.“
Ich war ebenfalls den Tränen nah, rief mir aber streng ins Gedächtnis zurück, dass wir schließlich eine Mission zu erfüllen hatten. Ich wusste ja, wie umwerfend so etwas sein konnte. Wir hatten gerade die Welt der Familie Mastrano auf den Kopf gestellt .... und ich stand im Begriff, alles noch komplizierter zu machen – was mir jedoch heftig widerstrebte. Ich wünschte, sie hätten die Zeit bekommen können, die sie brauchten, um sich an die veränderte Situation zu gewöhnen, um das Wunder zu feiern, dass sie Sonya zurückhatten. Aber die Uhr bei Hofe – und die meines Lebens – tickte.
„Wir haben sie hergebracht .... “, sagte ich schließlich. „Aber wir sind noch aus einem anderen Grund hier.“
Ich weiß nicht, was mein Tonfall vermittelt haben mochte, aber Emily versteifte sich, trat von Sonya weg und setzte sich neben ihren Mann. Irgendwie begriff sie wohl in diesem Augenblick, warum wir hier waren. Ich las in ihren Augen, dass sie Angst hatte – als hätte sie einen solchen Besuch schon seit Jahren befürchtet – und ihn sich hunderte Male vorgestellt.
Ich kam zur Sache. „Wir wissen .... wir wissen von Eric Dragomir.“
„Nein“, sagte Emily, aus deren Stimme eine seltsame Mischung aus Härte und Verzweiflung klang. Ihre Sturheit hatte bemerkenswerte Ähnlichkeit mit Sonyas anfänglicher Weigerung, uns zu helfen. „Nein. Das werden wir ganz bestimmt nicht tun.“
In der Sekunde, in der ich Jill gesehen hatte, in der Sekunde, in der ich diese Augen erkannt hatte, war mir klar gewesen, dass wir am richtigen Ort waren. Emilys Worte – wichtiger war aber noch, dass sie nichts abstritt – bestätigten es.
„Wir müssen aber“, sagte ich. „Diese Sache ist sehr ernst.“
Emily wandte sich an Sonya. „Du hast es versprochen! Du hast versprochen, du würdest es nicht erzählen!“
„Das habe ich auch nicht getan“, sagte Sonya, doch ihrem Gesicht waren wieder die früheren Zweifel anzusehen.
„Sie hat es wirklich nicht getan“, erklärte ich entschieden und hoffte, beide Frauen beruhigen zu können. „Es ist schwer zu erklären .... aber sie hat ihr Versprechen tatsächlich gehalten.“
„Nein“, wiederholte Emily. „Das ist nicht wahr. Wir können nicht darüber sprechen.“
„Was .... was ist denn hier bloß los?“, fragte John scharf. Ärger brannte in seinen Augen. Es gefiel ihm nicht, dass Fremde seine Frau so durcheinanderbrachten.
Ich richtete meine Worte an Emily. „Wir müssen aber darüber sprechen. Bitte! Wir brauchen Ihre Hilfe. Wir brauchen Jills Hilfe.“ Ich deutete auf Jill.
„Was willst du damit sagen?“, fragte Jill. Der erste Funke des Eifers war erloschen, durch die Reaktion ihrer Mutter zertreten.
„Es geht um deinen .... “ Ich brach ab. Ich hatte mich kopfüber in diese Geschichte
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