Vampire Academy 06 ● Schicksalsbande
Gesicht nach zu schließen hatte die Tatsache, dass ich das Armband angenommen hatte, meine frühere Ablehnung wieder wettgemacht. Er zeigte mir noch einige weitere Einzelheiten in der Höhle und befolgte dann meinen Vorschlag, dass wir zu den anderen ans Feuer gehen sollten. Wir konnten die Musik durch die Bäume schallen hören, lange bevor wir das Feuer erreichten, und obwohl sie kaum mein Stil war, hatte die Lebensweise dieser Gemeinschaft doch etwas Warmes und Freundliches an sich. Ich hatte niemals ein Sommerlager besucht, aber ich stellte mir vor, dass es ungefähr so sein musste wie hier.
Sydney und Dimitri saßen am Rand. Sie waren still und wachsam, aber alle anderen sangen, klatschten und redeten. Wieder verblüffte mich, wie mühelos Dhampire, Menschen und Moroi miteinander umgehen konnten. Überall waren gemischte Paare, und ein Paar – eine menschliche Frau und ein Moroi – knutschte offen herum. Wenn er ihren Hals küsste, biss er ab und zu in das Fleisch und nahm ein wenig Blut. Ich musste den Blick abwenden.
Und drehte mich wieder nach meinen Freunden um. Sydney bemerkte mich und wirkte erleichtert. Dimitris Gesichtsausdruck war undeutbar. Wie immer verfolgten die anderen jede meiner Bewegungen, und zu meiner Überraschung sah ich in den Mienen einiger Männer unverhohlene Eifersucht. Ich hoffte, sie würden nicht annehmen, dass Joshua und ich losgezogen waren, um in der Höhle miteinander zu schlafen. Das war kaum der Ruf, den ich hier zurücklassen wollte.
„Ich muss mit Sydney reden“, erklärte ich ihm mit erhobener Stimme, um den Lärm zu übertönen. Es war wohl das Beste, jetzt etwas Abstand zu wahren, bevor noch irgendwelche Gerüchte aufkamen. Und ehrlich, Sydney sah tatsächlich so aus, als wollte sie mich an ihrer Seite haben. Joshua nickte, und ich wandte mich ab. Ich hatte gerade zwei Schritte gemacht, als plötzlich eine Faust direkt auf mein Gesicht zukam.
Ich war nicht darauf vorbereitet gewesen, mich verteidigen zu müssen, und konnte nur mit knapper Not geistesgegenwärtig den Kopf drehen und den Schlag mit der Wange abfangen, statt mir eine gebrochene Nase einzuhandeln. Nach der ersten Überraschung kam meine Ausbildung sofort ins Spiel. Ich machte hastig einen Schritt zur Seite, um aus der Angriffslinie zu kommen, und nahm Kampfhaltung an. Musik und Gesang brachen ab, während ich mich meinem Angreifer zuwandte.
Angeline.
Sie stand auf ähnliche Weise da wie ich, die Fäuste geballt und den Blick starr auf mich gerichtet. „Okay“, sagte sie. „Dann wollen wir mal herausfinden, wie gut du wirklich bist.“
Ich fand, dass wir viel eher etwas anderes herausfinden mussten: nämlich wer – zum Beispiel ein Vater oder eine Mutter – vortreten, sie wegschleifen und dafür bestrafen sollte, dass sie Gäste verprügelte. Erstaunlicherweise rührte sich jedoch niemand oder versuchte, sie aufzuhalten. Nein – das stimmte nicht ganz. Eine Person stand auf. Dimitri. Er war in derselben Sekunde aktiv geworden, als er gesehen hatte, dass mir Gefahr drohte. Ich erwartete, dass er Angeline wegziehen würde, aber eine Gruppe von Hütern trat hastig heran, und jemand sagte etwas zu ihm, das ich nicht hören konnte. Sie versuchten nicht, ihn mit Gewalt festzuhalten, aber was immer sie gesagt haben mochten, es führte dazu, dass er blieb, wo er war. Ich hätte gewiss verlangt zu erfahren, was sie ihm erzählt hatten, aber da kam Angeline schon wieder auf mich zu. Wie es aussah, war ich auf mich selbst gestellt.
Angeline war klein, selbst für einen Dhampir, aber ihr ganzer Körper schien ein einziges Kraftpaket zu sein. Außerdem war sie ziemlich schnell, wenn auch nicht schnell genug, um einen zweiten Treffer zu landen. Ich wich ihrem Angriff geschickt aus und wahrte Abstand, weil ich bei diesem Mädchen nicht in die Offensive gehen wollte. Sie konnte in einem Kampf wahrscheinlich beträchtlichen Schaden anrichten, doch ihr Stil hatte auch etwas Nachlässiges – nein, eher etwas Ungeschliffenes. Sie war eine Art Kneipenschlägerin, also jemand, der etliche Raufereien hinter sich gebracht, aber nie eine richtige Ausbildung gehabt hatte.
„Bist du wahnsinnig?“, rief ich und wich einem weiteren Angriff aus. „Hör auf damit! Ich will dir nicht wehtun.“
„Na klar“, sagte sie. „Das sollen alle denken, stimmt’s? Wenn du nicht richtig kämpfen musst, werden sie diese Markierungen weiter für echt halten.“
„Sie sind echt!“ Die Andeutung, ich hätte meine
Weitere Kostenlose Bücher