Vampire Academy 06 ● Schicksalsbande
früher schon erfahren, dass Sydneys Telefon ungefähr zehn Minuten vom Dorf entfernt ein Signal auffangen konnte. Dimitri hatte recht. Es gab wirklich keinen Grund, warum wir alle wegen eines schnellen Telefonanrufs wegfahren sollten. Nach meinem Kampf waren Sydney und ich einigermaßen sicher. Niemand würde sich jetzt noch mit mir anlegen. Trotzdem .... mir gefiel der Gedanke nicht, dass Dimitri seine Tage als Strigoi noch einmal ganz allein durchleben sollte.
„Du solltest trotzdem mitfahren“, sagte ich zu ihr, schnell überlegend. „Ich muss sehen, was Lissa macht.“ Das war nicht völlig gelogen. Was meine Freunde von Joe erfahren hatten, belastete mich noch immer. „Im Allgemeinen bekomme ich trotzdem gleichzeitig mit, was um mich herum geschieht. Aber es könnte besser sein, wenn du nicht da bist – vor allem, falls tatsächlich Alchemisten auftauchen.“
Meine Logik war mangelhaft, obwohl Sydneys Mitstreiter nach wie vor Grund zur Sorge gaben. „Ich bezweifle, dass sie kommen würden, solange es dunkel ist“, meinte sie, „aber ich habe wirklich keine Lust, hier herumzusitzen, während du einfach ins Leere starrst.“ Sie gab es nicht zu, und ich brauchte auch nichts weiter zu sagen, aber ich hegte den Verdacht, dass sie ohnehin etwas dagegen hatte, wenn jemand anders ihren Wagen fuhr.
Dimitri hielt es zwar für unnötig, dass sie ihn begleitete, und sagte das auch, hatte offenbar aber nicht das Gefühl, sie genauso herumkommandieren zu können wie mich. Also brachen die beiden auf und ließen mich allein im Zimmer zurück. Ich sah ihnen sehnsüchtig nach. Obwohl sein Spott von vorhin ärgerlich gewesen war, machte ich mir doch Sorgen um ihn. Ich hatte die Wirkung des letzten Telefongesprächs miterlebt und wünschte, ich hätte jetzt bei ihm sein können, um ihn zu trösten. Allerdings hatte ich das Gefühl, dass er das niemals zugelassen hätte, also betrachtete ich Sydneys Begleitung zumindest als einen kleinen Sieg.
Nachdem sie fort waren, beschloss ich, tatsächlich nach Lissa zu schauen. Ich hatte es zwar mehr als Vorwand gemeint, aber wahrhaftig, es war besser als die Alternative – wieder hinauszugehen und mich unters Volk zu mischen. Ich wollte nicht, dass mir noch weitere Leute gratulierten, und Joshua hatte mein vielleicht und die Tatsache, dass ich das Armband angenommen hatte, offenbar als ein echtes Einverständnis gewertet. Ich fand ihn immer noch umwerfend süß, ertrug seine Bewunderung aber nicht.
Also setzte ich mich im Schneidersitz auf Angelines Bett und öffnete mich dem Band und dem, was Lissa gerade erlebte. Sie ging durch die Flure eines Gebäudes, das ich zuerst gar nicht erkannte. Einen Augenblick später wusste ich dann wieder, wo ich war. Es war ein Gebäude bei Hofe, das ein großes Solebad und einen Salon beherbergte – und es war auch das Versteck von Rhonda, der Zigeunerin. Mir kam merkwürdig vor, dass Lissa sich ihre Zukunft vorhersagen lassen wollte, aber sobald ich einen Blick auf ihre Begleiter werfen konnte, wusste ich, dass sie offenbar etwas ganz anderes im Schilde führte.
Bei ihr befanden sich die üblichen Verdächtigen: Adrian und Christian. Bei Adrians Anblick tat mein Herz einen Satz – vor allem nach dem Zwischenfall mit Joshua. Mein letzter Geisttraum war zu kurz gewesen.
Christian hielt Lissas Hand, sein Griff war warm und beruhigend. Er wirkte zuversichtlich und entschlossen – wenn auch mit diesem typischen sarkastischen halben Lächeln, das er so häufig aufgesetzt hatte. Lissa war diejenige, die nervös wirkte und sich offensichtlich gegen etwas wappnete. Ich spürte, dass ihr vor der kommenden Aufgabe graute, auch wenn sie die Sache für notwendig hielt.
„Ist es das?“, fragte sie und blieb vor einer Tür stehen.
„Ich denke, ja“, antwortete Christian. „Die Rezeptionistin sagte, die rote Tür.“
Lissa zögerte nur einen Moment, dann klopfte sie an. Nichts. Entweder war der Raum verlassen, oder ihr Klopfen blieb unbeachtet. Abermals hob sie die Hand, und da öffnete jemand die Tür. Ambrose stand da, so umwerfend wie eh und je, selbst in Jeans und lässigem blauen T-Shirt. Die Kleidung saß ihm so knapp am Leib, dass sich jeder einzelne Muskel zeigte. Er hätte der Titelseite eines Modemagazins entsprungen sein können.
„Hallo!“, sagte er, offensichtlich überrascht.
„Hallo“, antwortete Lissa. „Wir haben uns gefragt, ob wir vielleicht mit dir reden könnten?“
Ambrose neigte kaum merklich den Kopf zu dem Raum
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