Vampire Diaries - Stefan's Diaries - Nur ein Trop
stürzen.
Kapitel Neun
Ich duckte mich tief, die Reißzähne entblößt. Der berauschende Geruch von Blut durchdrang alle Winkel des Raumes, und mir war schwindelig. Es war unmöglich auszumachen, wen ich zuerst angreifen sollte.
Die Vampire knurrten abermals, und zur Antwort stieß ich ein leises Grollen aus. Der Kreis schloss sich enger um mich. Sie waren zu dritt, und ich war gefangen wie ein Fisch in einem Netz, wie ein von Wölfen umringtes Reh.
» Was, glaubst du, machst du da eigentlich?«, fragte einer der Vampire, den ich auf Mitte zwanzig schätzte. Über die eine Hälfte seines Gesichtes zog sich eine Narbe vom linken Auge bis zum Mundwinkel.
» Ich bin einer von euch«, erwiderte ich, richtete mich zu meiner vollen Größe auf und zeigte meine Reißzähne.
» Oh, er ist einer von uns!«, rief ein älterer Vampir mit Singsang in der Stimme. Er hatte eine Brille auf der Nase und trug eine Tweedweste über seinem Hemd mit weißem Kragen. Abgesehen von den Reißzähnen und den rot geränderten Augen hätte er ein Buchhalter oder ein Freund meines Vaters sein können.
Ich bemühte mich um eine ausdruckslose Miene. » Ich will euch nichts Böses, Brüder.«
» Wir sind nicht deine Brüder«, erklärte der dritte mit braunem Haar. Er sah aus, als sei er keinen Tag älter als fünfzehn. Sein Gesicht war glatt, aber seine grünen Augen blickten hart.
Der ältere Vampir trat vor und stach mir mit einem knochigen Finger in die Brust, als sei der Finger ein hölzerner Pflock. » Also, Bruder, ein schöner Abend, um zu speisen… oder zu sterben. Was meinst du?«
Der junge Vampir trat neben mich. » Sieht so aus, als würde er heute Nacht beides tun. Ein Glückspilz«, sagte er und zerzauste mir das Haar. Ich versuchte, ihn zu treten, aber mein Fuß traf lediglich ins Leere.
» Nein, nein, nein.« Während der vernarbte Vampir wortlos zuschaute, packte der Junge meine Arme und drehte sie mir so scharf und abrupt auf den Rücken, dass mir die Luft wegblieb. » Ein bisschen mehr Respekt! Wir sind hier die Ältesten. Und du warst in letzter Zeit wahrhaft respektlos genug, wenn wir Miss Molly’s Haus als Maßstab nehmen.« Er sprach ihren Namen mit gedehntem Akzent, als sei er ein wohlhabender, vornehmer Südstaaten-Junge. Einzig der stählerne Griff, mit dem er meine Glieder umklammert hielt, verriet, dass er nichts dergleichen war.
» Ich habe nichts getan«, sagte ich und trat erneut um mich. Wenn ich schon sterben sollte, dann zumindest im Kampf.
» Bist du dir sicher?«, fragte er und schaute mich angewidert an.
Ich versuchte, mich aus seinem Griff zu befreien, konnte mich aber immer noch nicht bewegen. Der Senior kicherte. » Kann seine Triebe nicht beherrschen. Impulsiv, der Junge. Geben wir ihm doch eine Kostprobe von seiner eigenen Medizin.« Mit einer schwungvollen Geste ließ mich der Junge los und stieß mich mit einer Kraft vorwärts, die ich noch nie zuvor verspürt hatte. Ich krachte gegen die Gipswand und prallte auf die Schulter, während mein Kopf auf die hölzernen Dielenbretter schlug.
Ich kauerte mich vor meinen Angreifern zusammen. Langsam dämmerte mir, dass ich diese Begegnung nicht durch Macht überleben würde– wenn überhaupt. » Ich wollte nichts tun. Es tut mir leid«, sagte ich, und beim letzten Wort brach meine Stimme.
» Meinst du das ernst?«, fragte der junge Vampir mit einem Glitzern in den Augen. Das Geräusch von berstendem Holz drang an meine Ohren. Ich zuckte zusammen. Würde ein Vampir einen anderen pfählen? Eine Frage, deren Antwort ich nicht am eigenen Leibe spüren wollte.
» Ja. Ja! Ich wollte nicht hier einbrechen. Ich wusste nicht, dass jemand hier ist. Ich bin gerade erst in New Orleans eingetroffen«, stammelte ich auf der Suche nach einer Entschuldigung.
» Schweig!«, befahl er und kam auf mich zu. In der Hand hielt er ein scharfkantiges Holzstück. Ich drückte mich mit dem Rücken gegen die beschädigte Wand. So würde es also enden. Ich würde von einem improvisierten Pflock getötet werden, getötet von meinesgleichen.
Zwei Hände zerquetschten mir die Arme, während zwei weitere mir die Knöchel so kräftig zusammendrückten, als steckten sie unter Felsbrocken fest. Ich schloss die Augen. Das Bild von Vater, wie er auf dem Boden seines Arbeitszimmers lag, trieb an die Oberfläche meines Geistes, und ich schüttelte gequält den Kopf bei der Erinnerung an sein verschwitztes, verängstigtes Gesicht. Natürlich hatte ich versucht, ihn zu retten,
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