Vampire Earth 3 - Donnerschläge
sollten.
Valentine marschierte mit der Nachhut, als die Kolonne gen Süden zog. Er hatte irgendwo im Osten Reiter gehört und war nicht sicher, ob es sich dabei um Monte-Cristis Kundschafter handelte oder um Soldaten aus Santo Domingo. Er sah sechs oder sieben zerlumpte Leute, die Körbe oder Bündel über der Schulter trugen und der Kolonne folgten.
Schließlich suchte er einen von Monte-Cristis Stellvertretern auf. »Wer sind die?«
Der Mann zuckte mit den Schultern. »Keine Ahnung. Sie haben sich der Kolonne außerhalb von San Juan angeschlossen. Inzwischen sind noch zwei oder drei dazugekommen.«
»Geben Sie mir Bescheid, wenn sie versuchen, aufzuholen. Ich möchte nicht, dass einer von ihnen Gelegenheit bekommt, eine Granate auf den Sprengstofflaster zu werfen.«
Bald darauf gesellte sich Monte-Cristi am Ende der Kolonne zu ihm. »Wir sind auf einige Soldaten von den Zuckerrohrfeldern gestoßen. Einen haben die Berittenen in die Enge getrieben.«
»Haben Sie ihm die Geschichte erzählt und ihn gehen lassen?«
»Ja, mon capitaine . Der rennt immer noch durch die Gegend und verbreitet die Nachricht, dass wir auf Santo Domingo marschieren. Und er übertreibt unsere Truppenstärke …«
»Wir müssen die Rolle von … das erinnert mich an eine Echse. Ich weiß nicht mehr, wie sie heißt, aber ich weiß noch, dass sie in Australien lebt. Wenn sie bedroht wird, klappt sie diese Hautlappen auf wie einen Schirm, und sie reißt das Maul auf und stellt sich auf die Hinterbeine. Sie könnte keiner Kreatur gefährlich werden, die größer ist als ein Käfer, wenn es ernst würde, aber sie tritt so aggressiv auf, dass ein Beutegreifer sich zweimal überlegt, was er tun soll«, sagte Valentine. »Kragenechse, so heißt sie«, fügte er hinzu, als ihm sein Gedächtnis zu Hilfe gekommen war. »Wir müssen den Eindruck erwecken, wir würden angreifen, auch wenn wir uns eigentlich auf die Flucht vorbereiten.«
»Sie sind ein Mann mit sonderbaren Interessen«, stellte Monte-Cristi fest.
»Nachdem ich meine Eltern verloren hatte, wurde ich von einem Lehrer aufgezogen«, sagte Valentine. »Ich habe
in seiner Bibliothek gelebt. Sie haben die Miliz erwähnt. Woher kommen die Soldaten?«
»Von einer Zuckerrohrplantage. Nach allem, was ich gehört habe, von einer ziemlich großen. Sie liegt weiter die Straße hinunter. Wir werden sie bald erreicht haben.«
»Gut. Ich habe von diesen Plantagen gehört. Ich würde mir gern mal eine ansehen.«
Valentine hatte in den Jahren, in denen er durch die kurische Zone gereist war, viele Arbeitslager gesehen. Aber selbst das schlimmste Lager, das ihm in den zur KZ gehörigen Ländern begegnet war, wurde von dem, was er am Ufer des Yaque des Sur zu sehen bekam, in den Schatten gestellt.
Im Norden folgte die Grausamkeit der Kur einer gewissen Logik. Wenn die Zeit zum Töten gekommen war, gingen die Schlächter ihrer Aufgabe üblicherweise in dunkler Nacht und fern menschlicher Augen nach. Nur bestimmte Auren wurden geerntet, und nach Möglichkeit wurden sie nicht verschwendet, denn die Lebensaurainfusionen waren zu wertvoll für die jeweiligen Kur. Vielleicht kümmerten sich die hiesigen Kur zu wenig um dieses grüne Tal, vielleicht waren die Bewohner der Insel auch so fruchtbar, dass stets ein Überangebot von Auren verfügbar war; was auch der Grund war, der Tod machte Überstunden in diesem Teil Santo Domingos.
An abgestorbenen, ihrer Wedel beraubten Palmen am Straßenrand entdeckten sie die ersten Gräueltaten. Valentine sah an den Stämmen festgeschnürte Tote, verrottende Leichen unter einer Maske aus Fliegen. Über den gepeinigten Gestalten hingen gebleichte Schädel in den Fruchtständen der Pfefferbäume, aufgefädelt auf dünne Äste. Manche der Äste waren durch oder um die Schädel
herum gewachsen, hatten sie mit ihrer Rinde überwuchert oder aufgesprengt.
Valentine sah einem Opfer in die Augen, das noch am Leben war, ein Gesicht über einem prächtigen Körper, der blutete, wo die strammen Fesseln seine Brust aufgerissen hatten; der Mann weinte, aber er hatte keine Tränen mehr. Fliegen sammelten sich an den Stellen, an denen die Fesseln seine Haut aufgeschnitten hatten. Krähen und Geier schwelgten in dem, was von dem Mann gleich links von ihm übrig war, während der zu seiner Rechten bereits auseinandergefallen war. Nur der obere Teil des Skeletts hing noch an dem Baum.
Löblicherweise warteten die Haitianer nicht auf einen Befehl. Die Trucks hielten an, und die
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