Vampire Earth 5 - Verräterblut
Krankenhauses.
Er legte Wert darauf, jeden Mann unter seinem Kommando aufzusuchen; der Ablauf und die Bitten, die ihm zu Ohren kamen, waren so gleichförmig, dass er schon beim Betreten des Krankenzimmers einen Becher mit Eis bei sich hatte - nebenbei nahm er sich vor, einen Mülleimer mit Eis zu stehlen, ehe er zum Accolade zurückginge -, um sich das unausweichliche Hin-und-her-Gerenne zu ersparen. In Gedanken aber kam er nicht zur Ruhe, bis er den Mann besuchte, dessen Name der letzte auf seiner Liste war: Captain William Post.
Die Besuchszeit war vorbei, als er es endlich in das zugige Obergeschoss geschafft hatte, in dem sich Post ein Zimmer mit einem geblendeten Artillerieoffizier teilte.
»Aber vergessen Sie nicht, leise zu sein«, ermahnte ihn die Oberschwester, als er ihr seine Kennkarte zeigte und sich in der Station für frisch Operierte in die Besucherliste eintrug. Dunkle Ringe, auffallend wie Veilchen, umrahmten ihre Augen.
»Sagen Sie das den Almosensammlern«, sagte Valentine, als die Musiker zu der x-ten Darbietung von »Vorwärts, Christi Streiter« aufspielten, eine der drei Hymnen ihres Repertoires.
Post sah furchtbar aus. Seine Wangen waren eingefallen, und die Schwester hatte sich beim Rasieren nicht gerade hervorgetan. Über dem Stumpf seines linken Beins stand ein kleines Zelt, und ein Schlauch führte von der Blinddarmgegend zu einer Flasche am Boden, die mit etwas Rotem gefüllt war. Aus einer anderen Flasche an einem Haken am Bett tropfte klare Flüssigkeit in eine Kanüle in seinem Arm, als sollte ein Ausgleich zwischen Ausstoß und Einspeisung geschaffen werden. Posts Augen jedoch waren klar und hellwach.
Sein Freund brachte sogar ein Zwinkern zustande, als Valentine den Plastikmessbecher des Krankenhauses schwenkte, so dass das Eis im Inneren klapperte.
»Wie läuft es?«, fragte Valentine mit einer Stimme, so schwach, als wollte er die Unzulänglichkeit der Worte noch unterstreichen.
»Sie haben den Granatsplitter rausgeholt. Ein bisschen Darm ist auch mitgekommen. Sagen sie jedenfalls.« Post sprach nur langsam. »Keine Infektion.« Er verschnaufte. »Keine Infektion. Das war die eigentliche Sorge.«
»Gottes Segen«, verkündeten die Musikanten auf Straßenebene im Chor, und Valentine stimmte ihnen auch dieses Mal zu, allerdings mit größerer Begeisterung als zuvor.
»Wissen Sie was? Die haben Maden aus meinen Augen geholt«, sagte Posts Zimmergenosse, als könnte einem nichts Komischeres passieren. »Das muss ich den Fliegen lassen - die machen sich sofort an die Arbeit. Ich hab nicht länger als drei Stunden in der Grube gelegen, bis die Sanitäter mich gefunden haben. Die Fliegen waren schneller.«
»Den schmeißen sie morgen raus«, sagte Post leise, als müsste er sich für die Unterbrechung entschuldigen.
»Wie viel Bein ist noch übrig?«, fragte Valentine.
»Oberschenkelmitte«, sagte Post. »Erst fand ich das ziemlich ungerecht. Dann dachte ich, das Schrapnell hätte mich auch dreißig Zentimeter höher und ein bisschen weiter rechts erwischen können. Alles eine Frage der Perspektive.«
»Wir beide werden ein schönes Paar abgeben, wenn wir an den Zeltreihen entlanghumpeln«, sagte Valentine.
»Diese Maden kann man nur bewundern«, meldete sich der Mann in dem anderen Bett wieder zu Wort. »Sie wissen, dass sie nur eine einzige Aufgabe haben, und die erledigen sie.«
»Ich schätze, ich werde den Rest des Krieges erster Klasse reisen«, sagte Post. So nannte man es bei der Küstenmarine,
wenn Männer aufgrund einer Verletzung in den Ruhestand gingen. »Von jetzt an muss ich darauf achten, was ich esse, heißt es. Irgendwo liegt hier eine Broschüre herum.«
»Kann ich irgendwas für dich tun?«
Später brachte Valentine Stunden, die sich zu Tagen und Wochen summieren sollten, damit zu, an diese Frage zurückzudenken und an die sonderbare Wendung, die sein Leben von dem Moment an, da er sie ausgesprochen hatte, genommen hatte. Er hatte es ernst gemeint. Hätte Post ihn gebeten, nach Louisiana zurückzugehen und ihm eine Kiste Hickory Pit Barbecue Sauce zu holen, dann hätte er sein Bestes getan, um ihm genau diese Marke zu beschaffen.
»Hol meinen grünen Seesack unter dem Bett vor«, sagte Post.
Unter dem Rollbett befanden sich nur zwei Gegenstände, eine abgewetzte Decke und ein überdimensionierter Seesack, beides versehen mit mindestens drei verschiedenen Etiketten.
Gespannt zog Valentine den Seesack hervor.
»Da ist eine Ledertasche drin. Hat
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