Vampire Earth 5 - Verräterblut
kleine goldene Beschläge.«
Sie war nicht schwer zu finden. Außer der Mappe befanden sich nur Kleidungsstücke in dem Seesack. Die Tasche fühlte sich an, als wäre sie voller Sand. Valentine musste sich anstrengen, um sie herauszuholen.
»Mach sie auf«, sagte Post.
Valentine sah stapelweise Papiere. Die Tasche war eine Art Miniaturaktenschrank. Drei Schnellhefter lagen darin, gekennzeichnet (der Reihenfolge nach von dick bis dünn) als »Fragen/Antworten«, »Beschreibungen« und »Belege«. Der chemische Geruch von Kopierflüssigkeit stieg Valentine in die Nase.
Valentine konnte sich vorstellen, worum es bei den Dokumenten ging. Post hatte beinahe von dem Moment an, in dem er die Ozarks betreten hatte, Ausschau nach seiner Exfrau gehalten. Valentine war über die Details informiert; Post hatte dann und wann, wenn ihm danach war, über sie gesprochen, seit sie einander in jener Zeit kennengelernt hatten, in der Valentine sich auf der Thunderbolt als Quisling-Offizier ausgegeben hatte. William Post und Gail Foster waren in der kurischen Zone aufgewachsen und hatten jung geheiratet. Er hatte sich der Küstenmarine der Quislinge angeschlossen, wurde Offizier, kämpfte und arbeitete für die Kur in dem Bestreben, ihnen beiden ein besseres Leben zu ermöglichen. Aber der Mann, den sie geheiratet hatte, war, so hatte sie geglaubt, kein Kollaborateur. Als Posts Karriere in Schwung kam, ging seine Ehe zugrunde. Gail Post kam zu der Überzeugung, dass er zum Feind übergelaufen war, und sie verließ ihn. Früher hatten sie oft darüber gesprochen, dass sie versuchen könnten, in das Freie Territorium Ozark zu gelangen, also ging Post davon aus, dass sie hierhergegangen war.
Valentine klappte mit dem Zeigefinger den Aktendeckel mit der Aufschrift »Beschreibungen« auf. Er sah ein vervielfältigtes Blatt mit dem Titel VERSCHOLLEN - BELOHNUNG und Fotografien einer hübschen jungen Frau mit weit auseinanderstehenden Augen, frontal und im Profil aufgenommen. Die Lippen waren vielleicht ein wenig zu schmal, als dass man sie als wahre Schönheit hätte bezeichnen können, andererseits waren die Ausweisbilder in den kurischen Zonen selten schmeichelhaft.
Post war ein hingebungsvoller Briefpartner. Valentine schätzte, dass dort ungefähr zweihundert Briefe und Antworten zusammengeheftet vor ihm lagen.
»Ganz oben in dem Belegordner sind drei Blätter. Würdest du die bitte rausholen, Dave?«, bat ihn Post, ehe er den Kopf wieder zurück auf das Kissen sinken ließ, als hätte das Sprechen ihn vollends erschöpft.
Valentine hatte genug Erfahrungen mit Wunden und Schmerz. Er zog die Blätter hervor - schlechte Fotokopien, gestempelt mit diversen Freigabevermerken - und wartete.
»Ich bin auf ihren Namen gestoßen. Sie war hier.«
»Das ist ein verdammtes Wunder«, sagte Valentine.
Post nickte. »Ich hatte Hilfe. Seit ihr die Ozarks zurückerobert habt, sind mehrere neue Organisationen zur Zusammenführung von Familien gegründet worden. Und dann war da noch die Lueber Alliance.«
Von der LA hatte Valentine in seinem ersten Jahr in den Ozarks bereits gehört. Die Organisation, die mehr als vierzig Jahre alt war, sammelte Informationen über Leute, die in der kurischen Zone verschollen waren. Gerüchten zufolge hatten sie Hunderttausende von Namen gesammelt.
»Lueber hat mir diese erste Liste verschafft«, fuhr Post fort.
Das Blatt umfasste ein Namensverzeichnis, eine Passagierliste und eine Reservierungsliste für Eisenbahnwaggons - dreißig Personen pro Waggon, eine vergleichsweise bequeme Unterbringung nach kurischen Maßstäben.
Valentine konnte jedoch keinen Zielort auf der Liste sehen. Er blätterte weiter zur nächsten Seite.
»Das stammt aus einer alten Volkszählung. Es beweist, dass sie vor Solons Machtübernahme in der Nähe von Pine Bluff gelebt hat. Auch von Lueber.«
Valentine hatte eine Militärakademie in Pine Bluff besucht, nachdem der Kommandant der Zulu-Kompanie ihm
eine Position als Lieutenant angeboten hatte. Erneut betrachtete er das Bild und versuchte, es mit seiner Erinnerung an die Stadt abzugleichen. Nichts.
Das dritte Blatt war die größte Kuriosität. Es handelte sich um die Fotokopie einer Liste, und die Namen waren handgeschrieben. Fünfzig Namen, nummeriert von 401 bis 450. TESTSTATION 9-P stand ganz oben auf der Seite. Gails Name war in der Mitte, zusammen mit ihrem Alter. Er fand ihn schnell dank dem X in der Spalte, die mit dem Wort »Ergebnis« überschrieben war. Bei all den
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