Vampire Earth 5 - Verräterblut
Jungs lassen sich bis zur Gerichtsverhandlung einfach einen Bart stehen.«
Valentine musterte die augenscheinlich um die hundert Schlüssel, die an der Hüfte des Aufsehers hingen. »Gibt es eine Bibliothek?«
»Größtenteils Taschenbücher, die mit Gummibändern zusammengehalten werden, und Pornos. Dann sind da noch ein oder zwei Bücherregale für die Schlauköpfe. Wir haben auch einen Laden, in dem Sie das Provisional Journal und Serial Digest kaufen können; Geld können Sie auf den Feldern oder mit Hausmeisterarbeiten verdienen. Die Küche ist im Moment voll besetzt.«
»Vielen Dank.« Die formelle Höflichkeit zeigte sich ungeachtet der Umstände.
»Kein Problem, Major Valentine. Viel Glück beim Prozess. Unter Ihrem Kissen finden Sie eine Liste mit Regeln und Instruktionen. Falls Sie etwas brauchen, wir machen einmal in der Stunde die Runde.«
»Ein Anwalt wäre nett.«
»Den treffen Sie morgen oder übermorgen.«
Seine Uniformhose war von innen erbärmlich vernäht. Bei jedem Schritt kitzelten ihn lose Fadenenden. Als er endlich damit fertig war, die verirrten Fäden mit den Zähnen abzubeißen, war es Zeit zum Abendessen.
Offiziere, die auf ihr Verfahren warteten, hatten eine kleine Cafeteria für sich. Valentine fand sich bald am Ende der blau-gelben Schlange vor der Cafeteria wieder, die von Young und einem anderen Wärter beaufsichtigt wurde.
Das Essen bestand aus einem unappetitlichen Gemüseragout mit Hackfleisch. Es wurde auf ein Tablett geklatscht und mit einer krummen Gabel und einem Löffel verspeist, der aussah, als stammte er noch aus dem Krieg von 1812.
Zwei Gruppen von Offizieren aßen jeweils gemeinsam auf gegenüberliegenden Seiten der Cafeteria. Ein hagerer Mann mit langem, schütterem, karamellfarbenem Haar, der zu der kleineren Gruppe gehörte, blickte auf und bedeutete ihm, sich zu ihm zu setzen, aber Valentine ließ sich einfach auf den Stuhl fallen, der von der Essensausgabe aus am nächsten war, und bedauerte es sogleich. Er fühlte sich allein und verlassen, beinahe, als wäre er schon tot, vergessen und begraben in diesem Gefängnis. Nach dem Essen rauchten einige der Männer, und Valentine trat an eines der vergitterten Fenster und genoss den Luftzug, den die Absauggebläse der Küche hervorbrachten. Die Ozarks zeigten sich in der Ferne als schwarze Masse, die Sonne verbarg sich im Dunst.
»Schütze oder Räuber?«, fragte eine nasale Stimme.
Ich habe ihn nicht einmal kommen hören. Valentine fühlte sich wie betäubt, er war müde und zu apathisch, um zu denken - hätte er es nicht besser gewusst, er hätte angenommen, dass das Essen mit einem schwachen Kur-Sedativum versetzt war.
Er sah den kleinen, beinahe kahlen Mann an, der eine Zigarette in einer geschnitzten Zigarettenspitze rauchte und einen elfenbeinfarbenen wuchernden Vollbart trug. Falten umgaben seine freundlich blickenden Augen.
»Bitte?«
»Schütze oder Räuber, Junge? Du bist hier das neue Eichhörnchen im Nussbaum. Warum bist du hier?«
Valentine versuchte, der Metapher einen Sinn abzuringen, gab aber gleich wieder auf. »Mord. Quislinge.«
»Dann bist du ein Schütze. Die drei da drüben auch.« Mit dem Kinn deutete er in die Richtung der Gruppe, zu der auch der langhaarige Mann gehörte. »Ich bin Berlinelli. Rechtswidriges Verhalten in Ausübung des Dienstes.«
»Was bedeutet?«
»Räuber. Ich habe das getan, was viele andere auch tun, nur in größerem Umfang. Hab Benzin und Diesel aus gekaperten Trucks abgezapft und verkauft.«
»Ich dachte, im Knast wäre jeder unschuldig«, sagte Valentine, ein bisschen erschrocken über die Unverblümtheit des Mannes.
»Mir ist egal, ob du ein Spitzel bist. Ich bekenne mich schuldig, um einen Strafnachlass zu bekommen.«
»Ich habe bisher noch nicht einmal mit meinem Anwalt gesprochen. Ich muss ein paar Briefe schreiben. Du weißt nicht zufällig, wie ich an Papier komme, oder?«
»Wer ist für deinen Block zuständig?«
»Der Aufseher? Young, glaube ich.«
»Das ist ein anständiger Bursche. Frag ihn einfach.« Er klopfte die Asche seiner Zigarette in dem Aschenbecher
auf dem Fensterbrett ab und zwinkerte Valentine zu. »Muss zurück zu meiner Sippe. Hier drin ist es wie unter Grogs und Harpyien. Jede Gruppe bleibt für sich.«
»Danke, dass du dich ins Niemandsland gewagt hast.«
»Nur ein kleiner Aufklärungseinsatz. Auftrag ausgeführt.«
Valentine bat Young um Stift und Papier, als man ihn wieder in seine Zelle einschloss. Der langhaarige
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