Vampire Earth 5 - Verräterblut
schwindelig. Als er die müden braunen Augen seiner Verteidigerin wieder
klar sehen konnte, raffte er sich auf zu sprechen: »Er hegt einen Groll mir gegenüber. Ich habe bei einem Prozess ausgesagt, falls man das überhaupt so nennen kann …«
»Interessant. Erzählen Sie mehr davon.«
Valentine bemühte sich, die Geschehnisse so kurz und prägnant wie möglich zusammenzufassen. Er war mit seiner Kolonne und dem lebenswichtigen Schnellholz aus Texas gekommen und von »Redhands« - Quislingsoldaten in Uniformen des Kommandos Süd, die sie in irgendwelchen Arsenalen erbeutet hatten - in einen Hinterhalt gelockt worden. Er hatte ein paar Grogkundschafter dabei gehabt - sie waren klüger als Hunde, Pferde oder Delphine und viel fähigere Kämpfer. Die Grogs und eine Handvoll anderer überlebten. Mit ihnen und einer einzigen Wagenladung Schnellholz schafften sie es, eher zufällig, bis zu General Martinez und seiner Zuflucht in den Ouachitas. Martinez hatte zwei der Grogs augenblicklich erschießen lassen, und Ahn-Kha hatte nur überlebt, weil Valentine dem General die Pistole an den Kopf gehalten und ihn wegen Mordes festgenommen hatte.
Der Prozess endete in einem Debakel, und Martinez’ Lager war gespalten. Viele seiner besten Soldaten beschlossen, das Lager gemeinsam mit Valentine zu verlassen. Letztendlich landeten sie in Little Rock, dem Ort, an dem der Aufstand stattfand.
Captain Luecke hörte sich die ganze Geschichte an, ohne eine Miene zu verziehen, und legte lediglich ihren Stift auf den Tisch. »Ich weiß nicht viel über General Martinez oder über das, was während der kurischen Besatzung passiert ist«, sagte sie. »Ich habe diese Zeit damit verbracht, Moskitos in einem Bayou zu ernähren. Ich werde um eine Verschiebung des Prozesstermins bitten, damit ich mir eine Verteidigungsstrategie zurechtlegen kann, wenn Sie einverstanden sind. Aber ich muss Sie
warnen: Das bedeutet, Sie werden erheblich mehr Zeit hier drin verbringen.«
Sie war kalt wie ein Fisch, aber sie war ein sehr schlauer Fisch. Als sie zusammenpackte, fing Valentine augenblicklich an, den Geruch des Tabaks und des Kaffees zu vermissen.
»Captain?«, sagte Valentine.
»Ja, Major?«
»Ich bin nicht sicher, ob ich das durchkämpfen will. Ich habe zugelassen, dass Gefangene vor meiner Nase gefoltert und ermordet wurden.«
Sie setzte sich wieder. »Ich verstehe. Dann also schuldig?«
»Ich …« Die Worte wollten einfach nicht kommen. Feigling. Wenn es darum geht, andere zu verurteilen, bist du schneller.
»Sie müssen das nicht in dieser Sekunde entscheiden. Können Sie mir einen Gefallen tun?«
»Ja.«
»Geben Sie mir die Namen dieser Frauen. Und, nein. Wir werden nicht mit dem Finger auf sie zeigen und sagen ›die waren es‹. Ich möchte nur von allen Seiten hören, was in dieser Nacht passiert ist.«
Valentine dachte zurück an die allzu vertrauten Gesichter aus der Zeit der Belagerung, vor allem an die, die Ruhe im Tod gefunden hatten. Einige von ihnen hatten keine Gesichter mehr: Petra Yao hatte nur an dem Schmuck an dem Arm identifiziert werden können, den sie von ihr hatten finden können; Gwenn Cobb, die immer mit hochgeklappten Kragen und bis oben hin zugeknöpftem Hemd herumgelaufen war - den Gerüchten zufolge hatte man ihr mit der Messerspitze etwas auf die Brust geschrieben; die Weir-Schwestern, die nie über ihre Erlebnisse sprachen, außer in Hinblick auf die daraus hervorgegangenen
Schwangerschaften; Marta Ruiz, die den Kopf hatte hängen lassen und sich die Haare nicht mehr geschnitten hatte, so dass sie ihr über die Augen fielen …
Verdammt, diese Schwanzlutscher hätten Schlimmeres verdient gehabt.
Valentine fühlte, wie der alte, grässliche Schmerz und die Hitze jener Nacht zu ihm zurückkehrten. Das Ding im Schatten, der Dämon, der sich manchmal in den Körper des »Ghost« schlich, durchströmte seine Adern wie Wodka, bis sein Gesicht rot, seine Knöchel weiß angelaufen waren.
Es gab Dinge, die ein anständiger Mensch einfach tun musste, ganz gleich, was die Vorschriften besagten, und zum Teufel mit jedem, der nicht dabei gewesen war.
»Wollen Sie sich immer noch schuldig bekennen?«, fragte sie.
Valentine versuchte, seine Lebenszeichen zu dämpfen. Dieses mentale Ritual hatte ihm stets geholfen, auch wenn keine Schlächter herumstreiften. »Bereiten Sie die Verteidigung vor.«
Die Männer im Hof wirbelten bei jedem Schritt kleine Fahnen feinen Arkansasstaubs auf - Staub dieser Art hatte
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