Vampire küssen besser
Wohnung Abhörgeräte an. Von außen haben wir bislang nicht viel aufnehmen können. Wahrscheinlich blockiert er unsere Richtmikrofone.«
J überreichte mir eine kleine Schatulle. »Die Abhörgeräte und die Anweisungen, wo und wie sie anzubringen sind, finden Sie darin. Auch diese Anweisungen lernen Sie bitte auswendig und vernichten die Seiten anschließend mitsamt dem Behältnis. Die Mikrofone heben Sie bei Ihrem Kleingeld auf. Die Hüllen sehen wie Zehn-Cent-Münzen aus, die Wanzen selbst sind um einiges kleiner.« Ich ließ das Schächtelchen in meinen Rucksack fallen.
»Nun zu Ihrem zweiten Auftrag. Wir müssen erfahren, wer der Empfänger von Bonaventures nächster großer Waffenlieferung ist. Wir wissen bereits, dass es sich dabei um eine terroristische Einheit handelt, die in unserer Gegend operiert, nicht sehr weit von New York entfernt. Und wir wissen, dass diese Terroristen Bonaventure in Diamanten bezahlen werden.«
»Ach, und da kommt dann Benny Polycarp ins Spiel«, bemerkte ich.
»Sie haben eine rasche Auffassungsgabe, Miss Urban. Auf die Weise steht tatsächlich Ihre Kollegin mit der Sache in Verbindung. Sie wird die Diamanten auf Wert und Herkunft schätzen. Um die Operation auf die Beine zu stellen, haben wir harte Arbeit geleistet. Mit Ihrer Hilfe werden wir die Terroristen identifizieren. Anschließend ziehen wir sie aus dem Verkehr.«
»Was meinen Sie mit ›aus dem Verkehr ziehen‹?«, fragte ich. »Heißt das, ich soll jemanden umbringen?«
»Wahrscheinlich nicht. Sie sind nicht dazu da, um irgendjemanden zu eliminieren. Sie beschaffen uns lediglich Informationen. Falls Bonaventure die Kunstobjekte kaufen möchte, wird er sich rasch eine beträchtliche Summe Bargeld besorgen müssen. Betrachten Sie sich als Wissensvermittlerin. Sie bringen die Wanzen an, sammeln Informationen über diejenigen, die Bonanventure das Bargeld überbringen, und finden heraus, wann diese Übergabe stattfinden wird. Andere Mitglieder unserer Organisation werden die Waffenlieferung unterbinden und die Terroristen schnappen. Vielleicht werden wir in der Lage sein, einen von ihnen umzudrehen und zu einem Doppelagenten zu machen. Bisher haben wir bei der Infiltration dieser Gruppen noch keinen nennenswerten Erfolg gehabt. Doch damit haben Sie nichts zu tun. Sie müssen dafür sorgen, dass wir genügend Datenmaterial erhalten, um die Lieferung aufzuhalten und die Waffenkäufer zu fassen.
Was Bonaventure selbst angeht … nun, solche Händler des Todes wird es wohl immer geben. Offen gestanden, ist er uns lebend nützlicher als tot. Seine Schwächen kennen wir, und dank Ihres Einsatzes hoffen wir, ihn zukünftig kontrollieren zu können.«
»Was für Schwächen?«
»Seine Habgier ist die eine. Eine zwanghafte Persönlichkeit die andere. Er ist Sammler, und wenn er ein Objekt begehrt, kennt er keine Grenzen. Machen Sie es ihm nicht zu leicht. Er muss die Dinge erjagen, das gehört zu seinem Vergnügen. Der Kunstsammler, den Sie vertreten, besitzt Stücke, hinter denen Bonaventure her ist wie der Teufel hinter der armen Seele. Einige von ihnen wurden in Neuguinea bei magischen Ritualen eingesetzt. Die meisten Menschen würden davon abgestoßen, doch Bonaventure findet an so etwas Geschmack. Zudem mag er schöne Frauen, und damit wären wir bei einer weiteren Schwäche, die Sie ausnutzen müssen.«
»Soll ich etwa mit ihm schlafen?«, fragte ich mit Schärfe in der Stimme.
»Wie Sie an die Informationen gelangen, bleibt Ihnen überlassen«, entgegnete J und musterte mich, um meine Reaktion abzuschätzen.
»Sex mit ihm kommt nicht in Frage«, sagte ich und starrte J zornig an. »Ich bin keine Hure.«
»Das habe ich auch mit keinem Wort angedeutet«, erwiderte J sanfter, beinahe freundlich. »Das, was Sie im Laufe Ihres Auftrags tun – was irgendeiner von uns unter solchen Umständen tut –, erledigen wir im Namen unserer Mission. Ich bin mir sicher, Sie werden das tun, was erforderlich ist. Doch wie Sie Bonaventures Vertrauen erringen – das Maß, das er ohnehin nur bereit ist zu gewähren –, ist einzig und allein Ihre Sache.« J blickte mich noch immer an. Es war, als würde ein heißer Wind mein Blut entfachen, als käme ein goldener Draht aus seiner Seele, der sich um mein Herz wand und mich zu ihm zog. Ich wusste, derartige Gefühle würden nur zu Kummer und Schmerzen führen, doch in dem Moment konnte ich an nichts anderes denken als an seine Lippen und daran, sie auf meinem Mund zu spüren.
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