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Vampire küssen besser

Vampire küssen besser

Titel: Vampire küssen besser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Savannah Russe
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ist, sich dem Motto »Make love, not war« verschrieben hat und damals eine Mode fand, die sie anschließend beizubehalten gedachte. Einklinken, ausklinken, fallen lassen, das war ihre Devise. In den Zeiten, in denen die Luft nach Marihuana roch und bei Demonstrationen Anti-Kriegsparolen gerufen wurden, war Mar-Mar erstmalig in ihrem Leben voll und ganz akzeptiert worden, trotz ihrer »Exzentrik«, ihrer nächtlichen Streifzüge, des Sargs, in dem sie schlief, und ihrer Abneigung gegen Knoblauch im Essen. War es da ein Wunder, dass sie dieser Zeit in Geist und Lebensart verhaftet blieb? Ich werde noch immer rot, wenn ich an die Verlegenheiten denke, in die sie mich in den sittsam angepassten achtziger Jahren versetzte. Resolut und unermüdlich mischt sie sich in mein Liebesleben (oder das Fehlen eines solchen) ein. Sie ist das Kreuz, das ich zu tragen habe.
    An dem Abend wurde jedenfalls unten an meiner Tür geläutet, und danach rief Mar-Mars Stimme aus der Gegensprechanlage: »Beam me up, Scotty!« Ich hatte kaum Zeit, mein Dossier zu verstecken, da war sie bereits an der Wohnungstür. Als ich öffnete, kam sie wie ein Wirbelwind herein. »Hallo, Baby. Na, was läuft?«, fragte sie gutgelaunt, stellte eine Tragetasche mit Biogemüse auf den nächstbesten Stuhl, schlang die Arme um meine Taille (ihr Kopf reicht an mein Kinn) und drückte mich an sich.
    Ich wand mich und befreite mich sanft aus ihrer Umarmung. »Mir geht’s gut, Ma«, erwiderte ich. »Und wie geht es dir?«
    »Super«, entgegnete sie. »Stört es dich, wenn ich rauche?« Es störte mich, doch ich reichte ihr einen Aschenbecher. Sie klickte ihr Einwegfeuerzeug an und steckte sich einen Joint an, den sie einer Packung Camel ohne Filter entnommen hatte.
    »Oh, Ma, bitte rauch doch nicht so was«, sagte ich entsetzt.
    Sie lachte und begann, zwischen tiefen Zügen ihres beißend riechenden Zeugs »Ain’t No Sunshine When She’s Gone« zu singen. Dass ich eine eigene Wohnung habe – und das seit zweihundert Jahren –, hat sie nie verwunden. Noch immer möchte sie jeden meiner Schritte kontrollieren. Ich sah, wie ihr Blick auf die Tagespost fiel, die ich auf dem Esstisch abgelegt hatte. Wie nebenbei begab sie sich dorthin, um sie näher in Augenschein zu nehmen. Ihre Hand streifte beiläufig den Stapel und verteilte ihn, so dass auch die Briefe, die zuunterst gelegen hatten, sichtbar wurden. Sie war unverbesserlich.
    Über ihre Schnüffelei sah ich hinweg, aber das Gras, das sie rauchte, war ich nicht gewillt zu ignorieren. »Ich mag es nicht, wenn du high wirst«, sagte ich. »Das weißt du doch.«
    »Ja, einfach ekelhaft«, entgegnete sie. »Andererseits entspannt es mich und ist gesünder als Alkohol, obwohl ich auch gegen den nichts einzuwenden habe. Drogen sind gut, aber Alk geht schneller ins Blut«, schloss sie verschmitzt. Sie war schlichtweg unmöglich. Ich gab mich geschlagen und wappnete mich für das, was kommen würde.
    »Und? Hast du einen netten Mann kennengelernt?«
    »Nein, Ma.«
    »Hm. Meine Freundin Zoe hat einen Sohn, der noch Single ist …«
    »… und er ist ein Vampir«, beendete ich ihren Satz. Ich entsann mich der anderen Gelegenheiten, bei denen sie mich mit jemandem bekannt gemacht hatte, und stellte mir eine blasse weibische Gestalt vor, die noch bei ihrer Mutter wohnte.
    »Ja, natürlich ist er ein Vampir. Du weißt, was ich von Beziehungen außerhalb der Familie halte. So etwas endet immer mit einem gebrochenen Herzen. Nur bei jemandem von deinen eigenen Leuten kannst du sicher sein, dass man dich nicht verrät. Vertrauen ist die Grundlage einer erfolgreichen Beziehung. Mit einem Liebhaber ein Doppelleben zu führen versetzt ihr den Todeskuss, falls du mir die Anspielung verzeihst.«
    »Und warum hast
du
dich nicht daran gehalten?«, stichelte ich. Ich liebe meine Mutter, doch sie bringt mich um den Verstand, und zuletzt sage ich fast immer etwas, das ich nachher bereue.
    »Ach, Schätzchen«, erwiderte sie mit erstickter Stimme, in der Trauer mitschwang. »Bei Giamo spielten andere Dinge eine Rolle. Dein Vater war ein gewöhnlicher Sterblicher, aber auch ein ganz wundervoller Mann. Für ihn habe ich eine Ausnahme gemacht. Er brauchte mich. Er hatte solche Pläne und Träume … Und ich habe ihn nie getäuscht. Gut, einmal habe ich ihn gebissen, doch danach habe ich ihm nie wieder etwas vorgemacht. Als er einer von uns geworden war, liebte er mich noch mehr. Wir waren ein unglaubliches Paar, bis man ihn verriet

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