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Vampire küssen besser

Vampire küssen besser

Titel: Vampire küssen besser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Savannah Russe
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seiner Kopfhaut schimmerte. Ich zog das Fahrstuhlgitter auf, trat in einen höhlenartigen Gang und hörte eine weiße Ratte auf der Schulter des Alten quieken.
    Ich mag Nagetiere. Insbesondere weiße Ratten geben gute Haustiere ab, man muss lediglich das dumme Vorurteil, wie es in Amerika verbreitet ist, überwinden. Weiße Ratten sind kluge, anhängliche Tiere. Diese hatte sich aufgerichtet und musterte mich aufmerksam mit rosa Äuglein und aufgeregt zuckender Nase. Der Alte griff nach oben und umfasste sie sanft.
    »Komm, Gunther«, sagte er, »verzieh dich in dein Häuschen.« Gleich darauf hob er die Ratte von seiner Schulter und verfrachtete sie in die Tasche seines abgetragenen Tweedjacketts. Gunther linste daraus hervor wie ein Erster-Klasse-Passagier und rührte sich nicht.
    »Mr.Schneibel? Ich bin Daphne Urban.« Ich hätte ihm die Hand gereicht, doch Mr.Schneibel hatte mir bereits den Rücken zugekehrt.
    »Da entlang«, sagte er und steuerte mit schwerem Schritt auf den Eingang seiner Kunstgalerie zu.
    »Ist das Ihr Ausstellungsraum, oder wohnen Sie auch hier?«, erkundigte ich mich, während wir das schwacherleuchtete Loft betraten.
    »Das ist nur die Galerie. Ausschließlich meiner Sammlung vorbehalten.« Seine Stimme klang zittrig und seine Sprechweise schleppend. Er beugte sich vor und knipste einen Lichtschalter an, woraufhin helle Strahler einzelne Bereiche anstrahlten, andere jedoch im Dunkeln ließen.
    Wir befanden uns in einem großen, offenen Raum mit freistehenden Wänden. Sie bildeten ein Achteck, in dessen Mitte, wie ein runder Pfannkuchen, ein dickes, blutrotes Sitzkissen lag. Die beleuchteten Kunstwerke hingen an den Wänden oder standen auf Podesten. Allerdings spürte ich die Objekte ebenso deutlich, wie ich sie sah. Solche Kreationen waren mir zuvor nur ein einziges Mal untergekommen, in Nordafrika, im Langhaus eines Zauberheilers. Und wie bei den Stücken, die ich dort gesehen hatte, handelte es sich auch hier um primitive Totemzeichen, die man zum Zweck schwarzer Magie und zur Vernichtung von Widersachern erschaffen hatte. Ein Maschinengewehr konnte kaum tödlicher sein.
    Ich spürte das Böse, das diese grobschlächtigen Holzfiguren verströmten, die gedrungenen Steinmenschen mit den abstoßenden Mienen, die uralte Zeremonienmaske mit ihren starren Augen. Ich erkannte bleiche Schädel und Knollenkörper, anscheinend aus Knochen und Federn, Stöcken und Leder – wenn nicht gar Menschenhaut – gemacht. Als schön hätte ich wohl keines dieser Objekte beschrieben, doch einige der Masken waren fraglos exquisit. Alle waren sie entweder Totemzeichen oder Bestandteile eines Zauberrituals, und sie wirkten durchaus faszinierend.
    »Bitte, setzen Sie sich, Miss Urban.« Mr.Schneibel deutete auf den blutroten Sitz, blieb selbst jedoch im Schatten. »Schauen Sie sich in Ruhe um. Die Sammlung steht sonst nur Experten der Stammeskunst offen. Ich vermag zwar nur einen kleinen Teil davon auszustellen, aber hier sehen Sie einige der eindrucksvollsten Stücke, zumindest für Menschen, die sich auskennen und Geschmack daran – oder gar eine Affinität dazu – haben.«
    »Was sind das für Stücke?« Ich ließ mich auf dem Sitz nieder. Auch er lag im Schatten. Die Beleuchtung galt den Kunstwerken, wie auf einer Theaterbühne.
    »Es sind Amulette und Totemzeichen. Ich weiß nicht, wie weit Sie informiert sind, doch bei den neuguineischen Stämmen handelt es sich um Kannibalen.«
    »Das war mir bekannt«, entgegnete ich unbehaglich. Über Kannibalismus zu sprechen machte mich verlegen, denn auch ich sauge ja das Leben aus einem Menschen. Und daher ist der Kannibalismus nur eine Variante dessen, was ich tue.
    Mr.Schneibel schien in seine Erinnerungen versunken, als er wieder das Wort ergriff. »Einige der Figuren enthalten das Haar und die Knochen der getöteten Opfer und besaßen deshalb große Macht. Die Figuren mit den riesigen Phalli sollten Fruchtbarkeit verleihen, andere wiederum Zauberkraft und übernatürliche Stärke. Die Masken wurden bei Tänzen, Festen und Heilungszeremonien aufgesetzt – oder auch bei Ritualen, mit deren Hilfe man seinen Feinden Krankheiten wünschte oder den Tod.«
    »Wirken sie denn auch?«, fragte ich und überlegte, ob Mr.Schneibel tatsächlich Beweise dafür hatte, dass diese Gegenstände mehr als nur kunstvolles Zubehör bei Beschwörungsritualen waren.
    »O ja. Nicht für sich genommen, das nicht. Aber wenn ein Hexenmeister sie gemäß uralten Traditionen

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