Vampire küssen besser
einsetzt, können sie das Verhalten oder die Gesundheit eines Menschen beeinflussen, und bisweilen führen sie zum Tod. So etwas hängt nicht nur mit Suggestion zusammen, falls Sie das gedacht haben sollten. Die Stücke besitzen eine Macht, die sich auch entfaltet, ohne dass ein Opfer davon weiß. Ohne Hexenmeister oder sonst jemanden, der sich auf die richtige Zauberkunst versteht, verliert diese zwar an Stärke, doch vorhanden ist sie noch immer. Merken Sie das nicht?«
Trotz des Schauders, der mich überlief, beschloss ich, meine Abwehrmechanismen aufzuheben, und nahm daraufhin die Kraftströme wahr, die wie Piranhas in einem Wasserbecken den Raum durchzuckten. Dunkle Fluten des Bösen näherten sich, umspülten mich auf der Suche nach einer Bresche und raubten mir den Atem. »Ja, ich spüre es«, stieß ich hervor. »Als sei der Tod gegenwärtig.«
Mr.Schneibel kam näher und legte eine beruhigende Hand auf meine Schulter. »Das habe ich mir gedacht«, bemerkte er. »Nicht jeder kann das spüren, jedenfalls nicht so deutlich.« Beinahe fürsorglich und als könne seine Nähe mich schützen, blieb er an meiner Seite. Ich fragte mich, ob er vielleicht etwas an sich trug, um die negativen Kräfte abzuhalten. »Den meisten Leuten wird übel, wenn sie sich diese Objekte ansehen. Oder sie bekommen es mit der Angst zu tun.«
»Kein Wunder.«
»Wie man’s nimmt. Vielleicht sollten wir sie mit der religiösen Kunst des Westens vergleichen. Auch sie wird schließlich eingesetzt, um den Betrachter einzuschüchtern, so dass er sich angesichts eines allmächtigen Gottes klein und unbedeutend fühlt. Diese Gegenstände dienten dem gleichen Zweck. Sie riefen Furcht hervor und sorgten für Respekt vor den Schamanen. Die sie wiederum nutzten, um sich ihren Stamm gefügig zu machen.«
»Sind das die Stücke, für die sich Bonaventure interessiert?«
»Ja«, erwiderte Mr.Schneibel und schloss wie bei einem plötzlichen Schmerz kurz die Augen. »Bonaventure ist von ihnen besessen.« Mr.Schneibel blickte mich eindringlich an. »Aber eines kann ich Ihnen versichern: Ich lasse zwar zu, dass Ihre Leute Bonaventure vormachen, er könne die Stücke kaufen, aber dass sie wirklich in seinen Besitz gelangen, dulde ich nicht. Ist das klar?«
Er hatte mit so großem Nachdruck gesprochen, dass ich sagte: »Möchten Sie mir das nicht noch ein wenig näher erklären?«
»Bonaventure – dessen Name ironischerweise die Ankunft von etwas Gutem oder Großem bedeutet – will sich die Macht dieser Objekte aneignen. Er sieht sich gern als Werkzeug des Todes, wenngleich er das Töten und Terrorisieren selbst lieber anderen überlässt. Für ihn ist das mehr als nur ein Beruf. Gewiss, es hat ihn reich gemacht, aber auch das Geld ist für ihn nicht ausschlaggebend. In Wahrheit genießt er es, gefürchtet zu werden.«
»Das tun auch andere«, erwiderte ich und schämte mich, weil ich zu ihnen gehörte.
»Sicher. In der Geschichte hat es zahllose Tyrannen gegeben. Und Bonaventure ist nur einer von vielen. Aber ich werde nicht dazu beitragen, dass er seine Macht noch verstärken kann. Von mir bekommt er nichts. Eher schlage ich hier alles kurz und klein.« Mr.Schneibels Stimme war laut geworden, und das Zittrige war verschwunden. Eiserner Wille schwang in seinem Tonfall mit, und ich erhaschte einen Blick auf den jungen Mann, der er einst gewesen war. Er bebte vor Zorn.
»Wie sind Sie an die Stücke gelangt?«, fragte ich nach kurzem Schweigen.
Mr.Schneibel schien seine Gedanken zu ordnen. Als er wieder sprach, klang seine Stimme ruhiger. »Das ist eine lange Geschichte – zu lang für die kurze Zeit, die wir heute zur Verfügung haben. Aber vielleicht wäre es doch gut, wenn Sie das ein oder andere wüssten.« Der Ausbruch von zuvor schien ihn erschöpft zu haben. Schwerfällig ließ er sich neben mir nieder. Gunther quiekte in seiner Tasche. Mr.Schneibel roch nach Schnaps.
»Im Zweiten Weltkrieg war ich kein Soldat, sondern nur Schreiber bei einem von Rommels Offizieren in Afrika. Ich hasste die Nazis, aber das auszusprechen war gefährlich. Doch später, als die Amerikaner mich gefangen nahmen, war ich offen gestanden erleichtert. Während meiner Internierung lernte ich einen amerikanischen Soldaten kennen, der zuvor im Pazifik stationiert gewesen war. In Neuguinea. Wir wurden Freunde, und er erzählte mir von den Dingen, die er dort gesehen hatte. Bevor die Nazis die Macht ergriffen, besaß meine Familie in Deutschland mehrere Galerien
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