Vampire küssen besser
das wissen. Also los, raus mit der Sprache.«
Die Situation war kurz davor, aus dem Ruder zu laufen. Wahrscheinlich war es besser nachzugeben, statt J meinerseits zu schubsen und anzubrüllen. Ich holte also tief Luft, trat einen Schritt zurück und sagte mit ruhiger Stimme: »Wir haben uns kennengelernt. Wir haben uns geküsst. Danach ist eins zum anderen gekommen. Es hat uns beiden Spaß gemacht. Sex ist keine Liebe. Machen Sie sich deswegen keine Gedanken. Darius hat mir gesagt, er sei Agent und dass er Bonaventure im Auge hat. Er war mir gegenüber vollkommen offen. Er macht seine Sache und wir die unsere. Wo ist das Problem?«
J schüttelte den Kopf, doch sein Zorn schien zu verrauchen. Müde sagte er: »Falls Sie mit ihm geschlafen haben, haben Sie unsere ganze Dienststelle kompromittiert.«
Meine Gefühle waren noch immer in Aufruhr, auch wenn ich mit aller Macht versuchte, mich zu fassen. J behandelte mich wie eine Idiotin, als besäße ich nicht einen Funken Verstand. »Seien Sie nicht albern«, fuhr ich ihn an. »Ich habe ihm nichts erzählt. Das ist eine rein körperliche Angelegenheit. Toller Sex, weiter nichts. Völlig unverbindlich.«
Im Nu war J wieder auf hundertachtzig. »Sie sind eine Frau, verdammt noch mal! Für eine Frau ist Sex nie unverbindlich. Für eine Frau gibt es immer eine tiefergehende Bedeutung. Ich muss mir doch nur das Foto anschauen, um zu sehen, wie verknallt Sie sind! Offenbar wissen Sie nicht, was Sie damit anrichten.« Inzwischen war J zu einem Vesuv geworden, mit frei fließender Lava. »Sie sind ein Dummkopf, wenn Sie glauben, Darius wäre nur irgendein Agent.«
Bebend vor Wut warf ich meine Jacke auf den Tisch und stemmte die Fäuste in die Hüften. Gerade wollte ich Anlauf nehmen, um J klarzumachen, dass seine sexistischen Ansichten schon seit Jahrzehnten aus der Mode waren, als ich die Bedeutung seines letzten Satzes erfasste. »Wie war das?«, fragte ich. »Wieso ist Darius nicht nur irgendein Agent?«
J funkelte mich an. »Darius della Chiesa ist eine tickende Zeitbombe. Unberechenbar. Selbst sein Führungsoffizier wird nicht mit ihm fertig. Della Chiesa ist ein Mann mit einer eigenen Agenda. Verflucht noch mal, Daphne! Wissen Sie denn nicht, dass der Mann ein Vampirjäger ist?«
Ich spürte, wie mir das Blut in den Adern gefror. Der Raum fing an sich zu drehen. Ich fürchtete, ohnmächtig zu werden. Irgendwie schaffte ich es, meine Stimme ausdruckslos zu halten. »Das glaube ich nicht. Das kann nicht sein. Haben Sie dafür Beweise?«
J schien mit sich zu kämpfen. Schließlich sagte er: »Beweise habe ich nicht. Aber es ist mehr als nur ein Gerücht. Die Nachricht wurde mir von Personen zugetragen, die in der Regel wissen, was sie sagen. Della Chiesa führt einen Rachefeldzug gegen Vampire. Und das können wir nicht riskieren. Womöglich haben Sie bereits Ihr gesamtes Team gefährdet. Mit Ihrer Hilfe dürfte es ihm ein Leichtes werden, sich jeden Einzelnen vorzunehmen. Sehen Sie zu, dass er nie mehr in Ihre Nähe kommt!«
Meine Gedanken überschlugen sich. Inwendig ließ ich alles, was Darius gesagt und getan hatte, Revue passieren. Vielleicht gab es irgendwo Anhaltspunkte, die mir zuvor entgangen waren, Warnzeichen, die ich hätte erkennen müssen. Unterdessen regte sich die kleine Stimme in meinem Ohr und flüsterte, auf Js Worte sei kein Verlass. Sicher habe er das nur gesagt, um mir eins auszuwischen, um sich zu rächen, weil ich ihm als Vampir zu nahegetreten war.
»Darius ist kein Vampirjäger. Das glaube ich nicht. Ich würde sogar mein Leben darauf verwetten. Deshalb noch einmal: Was sich zwischen ihm und mir abspielt, geht Sie nichts an. Sie sollten sich lieber für meine Begegnung mit Bonaventure interessieren. Auf der Taxifahrt hierher habe ich meinen Bericht abgefasst.« Ich langte in meinen Rucksack und warf den Bericht auf den Tisch. »Da steht, was ich bei Bonaventure gehört, gesehen und getan habe. Am kommenden Montag treffe ich ihn wieder. Die Wanzen habe ich angebracht. Haben Sie sonst noch Wünsche?« Ich ließ mich nieder und verschränkte trotzig die Arme vor der Brust.
J nahm den Bericht auf und begann zu lesen. »Mit Hilfe der Wanzen haben wir bereits ein paar Informationen aufgeschnappt. Offenbar geht jetzt alles sehr schnell. Vor Sonntag werden Sie von mir weitere Anweisungen erhalten. Wir bleiben in Kontakt.« Er schaute mich warnend an. »Und lassen Sie die Finger von Darius della Chiesa!«
Ich wollte eben sagen, er könne mir den
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