Vampire küssen besser
bei ihm sein.«
»Also nach mir.« Für ein paar Minuten starrte ich schweigend aus dem Fenster.
Benny schaute Louis an, der, ohne einen Laut von sich zu geben, zugehört hatte. »Benny«, sagte er jetzt, »wenn du mich fragst, steckst du in der Scheiße.«
»Was meinst du denn, Daphy? Kriegen wir das hin?«
»Möglich ist es. Wir müssen uns das nur noch mal durch den Kopf gehen lassen. Nehmen wir an, die Terroristen brächten die Waffen für einen weiteren Anschlag auf New York in ihren Besitz. In dem Fall wird Bonaventure die Stadt so schnell wie möglich verlassen wollen. Aber zuvor wird er sich die Kunstobjekte verschaffen, die ich ihm an Stelle des Sammlers verkaufe. Diese Stücke muss er ebenfalls in Sicherheit bringen. Also wird er sich gleich nach dem Waffenhandel darum kümmern. Wahrscheinlich macht er mir am Montagabend ein Angebot. Das Angebot muss von dem Sammler bestätigt werden. Falls das geschieht, zahlt Bonaventure mir die vereinbarte Summe. Daher wahrscheinlich der zweite Scheck. Möglicherweise wird ihn der Zeitdruck unvorsichtiger machen, und J kommt mit seinem Plan durch. Aber verlassen können wir uns darauf nicht.«
»Glaubst du wirklich, die Terroristen planen einen Angriff auf New York?«
»Das weiß ich nicht. Ich hoffe nicht. Vielleicht kann man die Typen mit dem Schlüssel ja verfolgen und fassen, ehe sie sich an die Waffen machen.«
Louis räusperte sich. »Verstehe ich das richtig? Die Sicherheit von Millionen Menschen und der tollsten Stadt der Welt hängt von zwei weiblichen Vampiren ab? Tut mir leid, das sagen zu müssen, aber in dem Fall sind wir geliefert.«
»Louis!«, sagte Benny. »Das ist nicht nett von dir. Wir haben jede Menge Unterstützer. Stimmt doch, Daphy, oder?«
»Massenhaft«, erwiderte ich spöttisch. »Außer dass wir bis auf J keinen davon gesehen haben. Wir wissen weder, wer das ist, noch, wie viele es sind. Ich weiß nicht, Benny, ich glaube eher, Louis hat recht. Langsam kommt mir der Gedanke, dass J uns als Himmelfahrtskommando betrachtet. Ich habe die Mikrofone angebracht. Der Verkauf der Kunstobjekte ist wohl das, was J als ›Zugabe‹ bezeichnet hat. Ich wünschte, er hätte sich klarer ausgedrückt. Aber was ist mit dir? Du sagst, dass die Terroristen vor dir mit den Diamanten ankommen, und das heißt doch, dass auch Js Leute sie im Visier haben müssten. Und da, finde ich, liegt der Hase im Pfeffer, denn warum können J und seine Leute die verdammten Fotos dann nicht selbst machen? Zudem könnte ich wetten, der Chef deiner Firma, der sonst die Übergaben macht, ahnt irgendwas und hat sich geweigert, die Sache durchzuziehen. Deshalb braucht J dich. Du bist entbehrlich. J hat uns etwas vorgemacht, Benny. Wenn ich mir seine Pläne anschaue, hat der Mann nicht den Hauch einer Chance, die Terroristen zu schnappen. Ich glaube, wir nehmen die Sache selbst in die Hand.« Mit jedem Satz war es mir wie Schuppen von den Augen gefallen. J hatte uns getäuscht. Man wollte uns reinlegen.
Mit einem Mal wurde ich fuchsteufelswild und beschloss, mir seine Mätzchen nicht länger bieten zu lassen.
»Schaffen wir das denn?«, fragte Benny zweifelnd und mit kugelrunden Augen.
»Als Vampire schon«, erwiderte ich kühn, denn das war schließlich unser Trumpf.
»O Mann!«, sagten Benny und Louis wie aus einem Mund.
»Vampire, die die Welt retten!«, entgegnete ich mit geballten Fäusten und im Brustton der Überzeugung. »Wenn wir es nicht schaffen, schafft es keiner.«
»In dem Fall«, sagte Louis, »bin ich dabei, selbst wenn es mir später leid tun wird.«
Mutige Worte eines Mannes, der noch nicht wusste, wie leid es ihm tun würde!
Wie es sich für ein Mädchen vom Land gehörte, verklärte sich Bennys Blick, als wir auf der großen, steilen Rolltreppe von der Straße aus in die Empfangshalle des Hudson-Hotels hochfuhren. Oben angekommen starrte sie mit offenem Mund den gigantischen Kronleuchter an, und ich musste sie an der riesigen Disco mit dem beleuchteten Fußboden und den hippen jungen Singles, die am Eingang Schlange standen, vorbeizerren. Der Rest der Lobby war angenehm schummrig, mit schwarzgestrichenen Wänden, schwarzgestrichener Decke und gedämpftem Licht. Es war die perfekte Umgebung für Intrigen und heimliche Rendezvous, doch dass ich mich dort wie zu Hause fühlte, lag wohl eher an dem höhlenartigen Ambiente.
Die ruhige, stilvolle Library Bar liegt im hinteren Teil des Hotels, der Eingang gleich neben den Aufzügen. Als wir sie
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