Vampire küssen besser
betraten, entdeckte ich Darius, der bereits auf uns wartete. Die Bar war sehr voll, doch er hatte das Sofa am Kamin mit Beschlag belegt. Zweifellos hatte er dem Barmann, einem großen dünnen Burschen mit Rastalocken, ein ordentliches Trinkgeld zugesteckt.
»Heißer Typ«, sagte Benny, als Darius uns zuwinkte. »Sieht aus wie Brad Pitt.« Noch im Gehen wisperte sie mir zu: »Wir werden euch nicht lange stören, Daphy. Louis und ich verschwinden nach einem Glas. Wir beide können später weiterreden.«
»Kommst du zu mir?«, wisperte ich zurück.
»Abgemacht«, murmelte sie. »Ich rufe dich vorher an.« Dann stand sie vor Darius. »Hallo, Süßer«, begrüßte sie ihn. »Wie schön, einen von Daphnes Freunden kennenzulernen. Ich bin Benny, aus Branson in Missouri. Und das ist Louis aus N’Orleans. Wir sind noch fremd in dieser großen bösen Stadt.«
Darius strahlte sie an und beäugte ihr Dekolleté. Na schön, es war ja auch nicht zu übersehen. Benny schien das nicht zu stören, wahrscheinlich war sie an solche Blicke gewöhnt. »Das Vergnügen ist ganz meinerseits«, sagte Darius und reichte erst ihr, dann Louis die Hand. Anschließend deutete er auf sein Glas, das offenbar Whisky enthielt, und fragte: »Was wollt ihr trinken?«
»Stoli-Martini, pur, mit Olive«, erklärte Louis.
»Für mich auch«, schloss sich Benny an.
»Und du?«, wandte sich Darius an mich.
»Pellegrino ohne Eis, mit Zitrone.« Insbesondere in Darius’ Gegenwart wollte ich meinem Vorsatz, keinen Alkohol zu trinken, treu bleiben. Immerhin hätte ich ihn in der Nacht zuvor beinahe gebissen. Schon wenn ich daran dachte, durchzuckte mich ein ängstliches Gefühl.
Darius verschwand in Richtung Bar. Wir drei Vampire nahmen am Kaminfeuer Platz. Reden konnten wir nicht mehr, denn Darius kehrte schneller als erwartet zurück und hockte sich auf meine Armlehne. Gleich darauf erschien eine Kellnerin mit unseren Getränken.
»Macht ihr hier Urlaub?«, erkundigte sich Darius bei Benny und Louis, und mir fuhr durch den Kopf, dass keiner von uns irgendetwas über sich aufrichtig beantworten konnte. Selbst bei den Höflichkeitsfloskeln, die Fremde sonst tauschten, mussten wir das Blaue vom Himmel lügen.
Louis verkündete, er besuche seine Mutter, was ein Witz war, denn laut Mar-Mar wohnte er bei ihr in Scarsdale, und das schon seit langer Zeit. Benny erklärte, sie sei zu einem Job-Interview in die Stadt gekommen, woraufhin ich erzählte, wir drei seien schon seit Ewigkeiten befreundet. Darius behauptete, im Import-Export-Geschäft tätig zu sein und elektronische Geräte aus China zu vertreiben. Nach drei Minuten reichte es mir, und ich wandte mich zu Benny um. »Ich weiß, dass ihr beiden lieber in der Disco tanzen wollt. Geht ruhig. Darius und ich haben noch ein paar Dinge zu bereden.«
Die beiden wirkten sichtlich erleichtert, schnappten sich ihre Mäntel und verabschiedeten sich. Darius ließ sich auf dem Sofa nieder, und für ein paar Minuten starrten wir stumm in die Flammen. Währendessen ließ ich die Zitronenscheibe in meinem Glas schaukeln und Darius seinen Whisky kreisen. Js Anschuldigung, Darius sei ein Vampirjäger, kam mir wieder in den Sinn, und wie zuvor sagte ich mir, er habe sie nur aus Bosheit geäußert, wenn nicht gar aus Eifersucht. Dennoch blieb ich verschlossen und auf der Hut. Doppelt und dreifach würde ich mir jedes meiner Worte überlegen.
»Wie fühlst du dich?«, erkundigte ich mich schließlich steif.
»Gut. Ein bisschen müde. Es war ein langer Tag. Und wie geht es dir?«
»Gut.« Ich warf einen Blick auf Darius und fragte mich, was in seinem Kopf vorging. Als hätte er meine Gedanken gelesen, sagte er: »Hör zu, Daphy, ich wollte dich heute Morgen anrufen. Das ist die Wahrheit. Doch dann musste ich gleich als Erstes zu einem Meeting.«
Ich zeigte keine Reaktion, sondern entgegnete ausdruckslos: »Du bist mir keine Rechenschaft schuldig … aber wenn ich ehrlich bin, fand ich es beschissen, nichts von dir zu hören.«
»Tut mir leid. Wirklich. Der Tag war völlig verrückt.« Darius rutschte näher. Leise sagte er an meinem Ohr: »Die Nachrichtendrähte sind heißgelaufen. Offenbar geht jetzt alles sehr schnell. Wir sind ziemlich sicher, dass sich Bonaventures Waffen im Hafen von Newark befinden. Auf einem Containerschiff. Dummerweise gibt es dort ein paar Dutzend Schiffe und Tausende von Containern. Als wir das richtige Schiff entdeckt hatten, war kein Mensch mehr da. Also müssen wir die Terroristen
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