Vampire küsst man nicht: Argeneau Vampir 12
eingetroffen, als es noch hell war. Da hatte die großzügig bemessene Wiese am Haus noch einen friedlichen Eindruck gemacht – ein gepflegter Rasen gesäumt von Bäumen, deren Laub in einer leichten Brise raschelte. Jetzt dagegen wirkte das Ganze auf sie eher unheimlich.
Die bei Tageslicht idyllische Szene hatte sich in der Dunkelheit zu unheimlich tanzenden Schatten gewandelt und der nächtliche Wind ließ die Baumkronen beängstigend rauschen. Jo überlegte, ob sie besser ins Haus zurückkehren sollte. Doch dann entschied sie sich dagegen, da sie unbedingt etwas frische Luft schnappen und sich ein wenig die Beine vertreten wollte, ehe sie noch weitere sonderbare Begegnungen über sich ergehen ließ, die der einzige Sinn dieser merkwürdigen Party zu sein schienen.
Viel lieber wäre sie sogar nach Hause gefahren und hätte die Füße hochgelegt. Wäre sie doch bloß selbst mit dem Auto gekommen! Wenn sie jetzt versuchte, früher zu gehen dann würde Sam ihr ewig in den Ohren liegen und wissen wollen, ob etwas nicht stimmte und warum sie aufbrechen wollte. Und Jo wollte ihrer älteren Schwester nicht wehtun indem sie ihr erklärte, dass sie noch nie auf einer so langweiligen Party gewesen sei.
Da war ja die Arbeit in der Bar an den meisten Abenden in der Woche aufregender. Im Grunde genommen hatten nur Sam und Mortimer mit ihr und Alex geredet, außerdem seine angeblichen Bandkollegen Bricker und Decker sowie Deckers Freundin Dani und deren jüngere Schwester Stephanie. Die waren zwar alle ganz nett, aber gleich nach der Begrüßung waren Decker, Dani und Stephanie irgendwohin verschwunden, und damit blieben Jo, Alex und Sam als die einzigen Frauen im Raum zurück. Diese Tatsache und die Beobachtung, dass die Männer alle einen großen Bogen um sie machten, nachdem es diese kurze aber seltsame Begrüßung gegeben hatte, beunruhigten Jo.
Etwas frische Luft und Ruhe war genau das, was sie im Moment brauchte, und beides konnte sie hier draußen sogar mitten in der Nacht am besten bekommen. So unheimlich es auch war, dank der umfangreichen Sicherheitseinrichtungen rings um das Grundstück fühlte sie sich nicht wirklich unwohl.
Sie ging gerade ein Stück über den Rasen, als ihr einfiel, dass Bricker heute Nacht am Tor Dienst schob. Er hatte sich freiwillig für den Job gemeldet, da er – nach seinen eigenen Wo r t e n – Alex und Jo bereits kannte. Jo war diese Bemerkung etwas eigenartig vorgekommen. Zugegeben, Sam hatte gesagt, sie wolle sie beide auf der Party mit Mortimers Freunden bekannt machen, und Mortimer kannten sie tatsächlich schon. Aber trotzdem....
Vielleicht sollte sie zum Tor gehen und nachsehen, ob Bricker sich langweilte oder ob er irgendetwas haben wollte Sie machte kehrt, um zur Vorderseite des Hauses zu gelangen. Jo mochte Bricker. Okay, nicht so sehr, dass sie sich ihm am liebsten an den Hals geworfen und ihn geküsst hätte. Er war wirklich ganz süß, und sie verstanden sich auch gut, aber gefunkt hatte es zwischen ihnen definitiv nicht.
Bricker verkörperte für sie mehr den zu Streichen aufgelegten jüngeren Bruder oder einen guten Freund. Er war einfach ein lässiger und umgänglicher Typ, von dem sie aber nicht mehr wollte. Und das war auch in Ordnung, denn auf der Suche nach einer festen Beziehung war sie nicht. Dafür fehlte ihr nun mal die Zeit. Neben dem Vollzeitjob in der Bar und Vorlesungen in Meeresbiologie, die sie an der Universität besuchte, hatte sie kaum Gelegenheit, sich mit ihren Freunden zu treffen. Wo hätte sie da noch die Stunden abzweigen sollen, die ein aktives Liebesleben in Anspruch nehmen würde?
Vielleicht konnte Bricker ihr ja verraten, was es mit den Männern auf dieser Party auf sich hatte, überlegte sie, als sie um die Ecke bog. Er wusste bestimmt, ob diese ganze Truppe schwul war oder nicht.
Jo hatte nur ein paar Schritte zurückgelegt, als sie aus dem Augenwinkel eine Bewegung wahrnahm. Sie drehte sich um und schnappte überrascht nach Luft, als sie den blonden Mann sah, der aus der Dunkelheit auf sie zugerannt kam. Aus ihrem Keuchen wurde ein Schmerzensschrei, als der Unbekannte mit ihr zusammenprallte und sie von ihm gegen die Hauswand geschleudert wurde. Sie schlug so hart mit dem Kopf gegen die Fassade, dass sie Sterne sah, während die Schmerzen ihr den Atem raubten.
Der Mann sagte irgendwas, Jo konnte ihn einige Worte murmeln hören, die von seinem unangenehm riechenden Atem in ihre Richtung getragen wurden, aber sie ergaben keinen Sinn. Und
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