Vampire küsst man nicht: Argeneau Vampir 12
war, doch der Gedanke war abwegig, da es hier, mitten in Toronto, keine Kriebelmücken gab.
»Jo? Woher hast du die Getränke?« Plötzlich stand Nicholas hinter ihr und hielt eine der Dosen in der Hand. »Du bist doch nicht etwa rausgegangen, oder.... ?« Den Rest der Frage ließ er unausgesprochen. Sein Blick wanderte zu den winzigen Einstichen, dann machte er kehrt und verließ das Badezimmer. Verwundert starrte Jo im Spiegel auf die Stelle, an der Nicholas gerade eben noch hinter ihr gestanden hatte, dann widmete sie sich noch einmal ihrem Hals, ehe sie sich umdrehte und ebenfalls aus dem Bad ging.
Nicholas stand am Tisch und verteilte den Inhalt einer Dose auf zwei mit Eiswürfeln gefüllte Gläser. »Komm, setz dich«, forderte er sie auf, ohne sich zu ihr umzudrehen. »Ich schätze, es wird Zeit für die Erklärungen, die du hören möchtest.«
Einen Moment lang zögerte sie, da sein Tonfall ihr das ungute Gefühl gab, gleich von ihm etwas zu erfahren, was ihr gar nicht gefallen würde. Als er sich in einen der beiden Sessel setzte, überwand sie sich, ging zu ihm und nahm ihm gegenüber Platz. Skeptisch musterte sie ihn, griff nach ihrem Glas und sagte: »Okay, ich bin ganz Ohr. Was um alles in der Welt läuft hier?« »Tja.... also.... es tut mir leid, aber ich habe dich da gebissen. Ich bin ein Vampir«, begann er, sprang aber gleich wieder auf, um Jo auf den Rücken zu klopfen, da die sich bei seinen Worten verschluckt hatte und nun röchelnd hustete.
»Besser?«, fragte er, als ihr Husten nachließ und sie aufhörte, nach Atem zu ringen. Jo nickte, wischte sich die Tränen weg und atmete gleichmäßig und tief durch, bis die Stiche in ihrer Lunge nachließen. In Limonade zu ertrinken, musste ein sehr schmerzhafter Tod sein, urteilte sie und schüttelte gleich darauf den Kopf, weil sie sich nicht erklären konnte, wie sie überhaupt auf einen derart absurden Gedanken kommen konnte. Sie trank noch einen Schluck, damit ihr Hals wieder frei war, dann stellte sie das Glas zurück auf den Tisch und warf Nicholas einen wütenden Blick zu, der noch immer neben ihr kauerte, falls sie sich wieder verschlucken sollte.
»Für wie dämlich hältst du mich eigentlich? Ich bin ein Vampir? Wenn das deine Vorstellung von einer Anmache ist, dann habe ich in meinem Leben noch keinen dümmeren Spruch gehört. Selbst die Computerfreaks an der Uni hatten was Intelligenteres auf Lager! Ich.... Oh Gott!« Jo verstummte, als Nicholas auf einmal den Mund aufmachte und zwei sehr scharfe, nadelspitze Fangzähne zum Vorschein kamen. Sie saß dicht genug vor ihm, um zweifelsfrei zu erkennen, dass es sich nicht um irgendeinen Trick handelte.
Das waren echte Zähne, die da vor ihren Augen blitzten, und im gleichen Moment zuckte ihr ein Bild aus ihrem Traum durch den Kopf: Mr Ernie Mundgeruch, der sie wie ein tollwütiger Hund anknurrte, dessen Augen zu leuchten schienen und der seine Fangzähne gebleckt hatte. Mit einem Mal erschien ihr dieser Teil des Traums gar nicht mehr wie ein Traum, sondern wie eine Erinnerung, die aus irgendeinem Grund hinter diesem erwähnten Schleier verborgen geblieben war, während sie alles andere Gelöschte zurückerlangt hatte.
»Oh Gott!«, wiederholte sie diesmal lauter, sprang aus ihrem Sessel auf und rannte vor Nicholas davon. »Jo, warte doch!«, sagte er und griff blitzschnell nach ihren Arm. »Fass mich nicht an!«, keuchte sie und wich ihm aus, drehte sich um und ging rückwärts weiter zur Zimmertür. »Fass mich ja nicht an!«
»Okay«, erwiderte er besänftigend und hob die Hände. »Ist ja gut. Ich werde dich nicht anfassen. Du brauchst dich nicht aufzuregen, du bist nicht in Gefahr. Ich bin ein guter Vampir«, ergänzte er und verzog daraufhin den Mund, als könnte er nicht fassen, was er da von sich gab. Leise seufzend versuchte er eine andere Taktik und erklärte: »Du weißt doch, dass ich dich vor Ernie gerettet habe? Zweimal sogar.«
Jo war inzwischen im kleinen Flur vor der Tür angelangt, aber Charlie lag noch immer unter dem Tisch, von wo aus er zwischen ihr und Nicholas hin und her sah, als wisse er nicht so recht, was die beiden vorhatten. Dabei machte er aber keinen beunruhigten, sondern allenfalls einen neugierigen oder verwunderten Eindruck. Jo blieb stehen, da sie ihren Hund unmöglich dort zurücklassen konnte. Da der Fluchtgedanke einen Moment lang in den Hintergrund trat, war es Nicholas’ Worten möglich, zu ihr durchzudringen. Es stimmte, er hatte sie tatsächlich
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