Vampire küsst man nicht: Argeneau Vampir 12
Blutkonserven mehr. Atlantis hatte zwischen einer Gebirgskette und dem Ozean völlig abgeschieden existiert, und durch den Untergang waren die Überlebenden gezwungen, das Gebirge zu überwinden und sich dem Rest der Menschheit anzuschließen. Nur hinkte dieser Rest Atlantis in technologischer Hinsicht um Lichtjahre hinterher. Diese Menschen waren noch regelrechte Primitive, und für die Unsterblichen aus Atlantis endete damit die Versorgung durch Blutkonserven.« »Ja, ich kann mir vorstellen, dass das ein Problem war«, meinte Jo ironisch.
»Das kannst du laut sagen«, stimmte Nicholas ihr zu. »Also machten sich die Nanos daran, ihre Wirte körperlich zu verändern, um sie mit den Eigenschaften zu versehen, die sie zum Überleben in dieser neuen Umwelt benötigten. Ihnen wuchsen Fangzähne, sie wurden schneller und stärker, ihre Nachtsicht wurde verbessert, und sie entwickelten sich zu nachtaktiven Jägern.« »Aber wieso Nachtsicht?«, hakte sie nach. »Du hast doch gesagt, dass du am Tag rausgehen kannst.«
»Das können wir auch, trotzdem vermeiden wir es nach Möglichkeit. Die Sonne schädigt die Haut, und je mehr Schäden die Nanos reparieren müssen, umso mehr Blut ist nötig. Mehr Blut bedeutet, dass mehr Sterbliche gebissen werden müssen beziehungsweise mussten, weil wir lange Zeit gezwungen waren, direkt von der Quelle zu trinken.«
»Von der Quelle.... klingt ja richtig nett«, murmelte sie. Nicholas hob bedauernd die Schultern. »Also habt ihr die Sonne gemieden, damit ihr weniger Blut braucht, richtig?« Er nickte. »Vernünftig«, sagte sie mehr zu sich selbst. Sie räusperte sich. »Dann seid ihr früher losgezogen und habt Leute gebissen, und heute bekommt ihr euer Blut von der Blutbank?«
Nicholas räusperte sich ebenfalls. »Es verstößt heute gegen unsere Gesetze, Sterbliche zu beißen.« Plötzlich wurde Jo hellhörig. Ihr war nicht entgangen, dass er bei seiner Antwort ihrem Blick ausgewichen war.... und dass er ihre Frage nicht richtig beantwortet hatte. Es war nicht klar, ob er selbst sich auch nur noch von Blutkonserven ernährte. Aber für den Moment wollte sie diesen Punkt auf sich beruhen lassen, stattdessen fragte sie: »Und was kannst du sonst noch?« »Wie meinst du das?«, fragte er verhalten. »Der Mann unten am Empfang, der uns kein Zimmer geben wollte, und der andere Mann, der uns gesagt hat, dass Hunde im Hotel nicht erlaubt sind.... beide waren plötzlich wie ausgewechselt«, erklärte sie.
»Oh, das!« Er atmete tief durch. »Es ist so, dass die Nanos uns in die Lage versetzen, andere Menschen zu lesen und zu kontrollieren. Das macht die Jagd einfacher, außerdem spüren sie dann beim Biss keinen Schmerz, weil wir Lustgefühle in ihren Verstand projizieren. Außerdem können wir so feststellen, ob jemand gesund ist oder nicht.« »Sehr raffiniert«, kommentierte sie und fragte sich unwillkürlich, welche Gedanken Mortimer, Bricker und Decker bei ihr gelesen hatten, als sie sich oben im Norden aufgehalten hatten. Noch erschreckender war die Frage, ob sie womöglich von ihnen kontrolliert worden war und was die drei mit ihr veranstaltet hatten.
»Die Fähigkeit beschränkt sich nicht auf Sterbliche«, fuhr Nicholas hastig fort, da er ihr offenbar anmerkte, wie sehr sie diese Überlegungen aufwühlten. »Wir können auch Unsterbliche lesen, wenn sie ihre Gedanken nicht gut abschirmen. Das kann manchmal ziemlich anstrengend sein, weil wir in der Gegenwart anderer Unsterblicher ständig daran denken müssen, diese geistige Mauer aufrechtzuerhalten, die unsere Gedanken und Gefühle schützt. Die einzige Ausnahme ist eine Lebensgefährtin«, fügte er dann mit ernster Miene hinzu. »Eine Lebensgefährtin ist die einzige Person, die ein Unsterblicher weder lesen noch kontrollieren kann. Eine Lebensgefährtin ist so etwas wie eine Oase mitten in der Wüste. Man muss nicht unentwegt seine Gedanken bewachen. Eine Lebensgefährtin ist eine Begleiterin für den Rest unseres unsterblichen Lebens, das schrecklich einsam werden kann, wenn man diese Gefährtin nicht hat.«
»Und das klappt nur bei einer Lebensgefährtin nicht?« »Daran erkennen wir eine Lebensgefährtin«, bestätigte er. »Außerdem erwacht der alte Appetit wieder.« »Der alte Appetit? Auf was?«
Nicholas lächelte ein wenig ironisch. »Nach einigen Jahrhunderten werden die meisten Dinge langweilig. Der Ort, an dem man lebt, die Arbeit, der man nachgeht, und so weiter. Wir müssen alle zehn Jahre umziehen, damit
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