Vampire küsst man nicht: Argeneau Vampir 12
nicht lesen«, fiel ihr auf einmal ein. Nicholas hielt inne, seine Augen verloren etwas von ihrem silbrigen Glanz und nahmen einen skeptischen Ausdruck an. »Wie kommst du denn auf diese Idee?« »Ach, ich weiß nicht so genau«, gab sie ironisch zurück. »Vielleicht liegt es ja daran, dass du gestern Abend zu mir ›Ich kann dich nicht lesen‹ gesagt hast, nachdem du vergeblich versucht hattest, mich zurück ins Haus zu schicken.« »Tja, ich hatte gehofft, das sei dir nicht aufgefallen«, murmelte er und ließ sich mit einem Seufzer nach hinten sinken.
Jo stutzte. »Nur damit ich weiß, ob ich alles richtig verstanden habe: Du kannst mich nicht lesen, du hast plötzlich wieder Appetit auf Essen und – wie ich denke – Spaß am Sex.« »Ja, aber....« »Und wenn ich dich richtig verstanden habe«, fiel sie ihm ins Wort, »sind Lebensgefährtinnen etwas ganz Seltenes und so wundervoll wie eine Oase mitten in der Wüste.« »Ja, aber....« »Aber du willst mich nicht«, führte sie ihre Auflistung fort. Dann fragte sie vorwurfsvoll: »Bist du vielleicht schwul? Falls ja, muss ich sagen, dass du in dem Bett da heute Nachmittag eine perfekte Hetero-Imitation abgeliefert hast.« »Ich bin nicht schwul«, versicherte er ihr. »Und trotzdem willst du mich nicht, mich, deine Lebensgefährtin«, konterte sie mit gespielter Fröhlichkeit. »Eigenartig, oder findest du nicht?«
»Es ist nicht so, dass ich dich nicht will, Jo«, beteuerte Nicholas, dann fluchte er verbittert. »Himmel, Jo, ich kann nur noch an dich denken! Ich hätte mir bei dieser kalten Dusche fast eine Lungenentzündung geholt, und gleich danach hätte ich mich mit dem heißen Wasser beinahe verbrüht, nur damit mir wieder warm wurde. Und trotzdem kann ich doch immer nur an dich denken. Ich sehe dich ständig vor meinem geistigen Auge, mal ganz nackt, mal halb nackt, mal in einem Minirock, den ich hochschieben kann.« Während sie ihm zuhörte, ging ihr durch den Kopf, dass sie normalerweise keine Röcke trug. Sie hatte ein oder zwei Röcke für besondere Anlässe und dann noch einen Minirock aus schwarzem Leder, der genau richtig für das war, wovon er sprach. Hätte sie den am vergangenen Abend getragen, dann wäre es vor den Zellen in der Wagenhalle nicht bei den Küssen und Berührungen geblieben, davon war sie fest überzeugt.
Oh verdammt!, dachte Jo bestürzt. Allein seine Worte und ihre anschließenden Überlegungen hatten genügt, um sie schon wieder scharf auf ihn zu machen. »Und wo liegt dann das Problem?«, wollte sie seufzend wissen. »Du willst mich, ich will dich....« Sie hielt inne, überlegte kurz und stellte dann klar: »Natürlich rede ich hier nicht von Heirat. Wir sollten uns erst mal besser kennenlernen, aber ich muss dich warnen, dass ich verdammt wenig Zeit habe. Aber wenn wir uns ab und zu treffen, in ein Restaurant oder ins Kino gehen und anschließend heißen und verschwitzten Sex haben, wäre ich nicht dagegen.« »Jo«, sagte Nicholas leise, beugte sich vor und hielt ihr seine Hand hin.
Sie griff danach, und als sich ihre Finger berührten, da lief ein erregender Schauer über ihren Arm. Oh Gott, sie hatte es offenbar verdammt nötig! Dann fiel ihr auf, wie sich Nicholas versteifte, bemüht schluckte und die Augen zukniff. Wie es schien, hatte er soeben das Gleiche gefühlt wie sie. Offenbar hatte er es so nötig wie sie. Höchste Zeit, dass sie aufhörten zu reden und sich ins Bett verkrochen, damit sie ihre Körper sprechen lassen konnten. Als Jo gedankenverloren mit dem Daumen über seinen Handrücken strich, ließ Nicholas sie sofort los und setzte sich gerader hin.
»Ich will dich«, räumte er mit finsterer Miene ein. Seine Augen hatten wieder dieses silbrige Leuchten angenommen. Jo vermutete, dass die Sache mit den Augen so was wie ein eingebauter Stimmungsring war. Strahlten sie blau, dann war er ruhig und ausgeglichen, und blitzten sie silbern, dann war er scharf auf Sex. Ihr war das im Moment nur recht, weil sie sich ganz genauso fühlte. »Aber ich kann dich nicht für mich beanspruchen«, sagte er. »Mich beanspruchen?«, wiederholte sie verständnislos und begann zu lachen. »Du sagst das, als wäre ich ein verloren gegangenes Gepäckstück, Nicholas. Niemand kann mich für sich beanspruchen, ich besitze einen freien Willen.«
Als Nicholas darauf betrübt vor sich hinblickte und den Kopf schüttelte, konnte sie nur die Augen verdrehen. Vermutlich war das irgendeine Vampirsache, von der sie keine Ahnung
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