Vampire mögen ́s heiss
„Wahrscheinlich schläft er im Moment."
New York? Sie machte eine existenzielle Krise durch, und er war in New York? War das zu fassen. Er sollte jetzt wirklich bei ihr sein. Sie war tot, zum Teufel! Er sollte einer Toten etwas mehr Respekt zeigen. Und der Frau, die er liebte. „Ich muss mit ihm sprechen."
„Ich kann ihm eine E-Mail schicken", bot Robby an. „Die findet er, wenn er aufwacht."
„Ihr seht euch bald wieder", fügte Austin aufmunternd hinzu. „Sobald du wieder bei Kräften bist, kannst du dich nach New York begeben, und Roman wird dich zurückverwandeln."
„Genau." Robby nickte. „Angus hat zu diesem Zweck ein T-Shirt mit deinem Blut hier gelassen."
„Dein Ticket zurück zur Sterblichkeit." Giacomo nippte an seinem Weinglas. „Obwohl ich persönlich nicht verstehen kann, warum jemand wieder sterblich sein will."
„Dann hast du eine sehr beschränkte Fantasie, Jack." Darcy betrat wieder das Zimmer. Sie hatte ein neues Glas mit Blut dabei. „Hier." Sie reichte es Emma.
Ihre Reißzähne hatten sich zurückgezogen und Emma konnte nun ohne Strohhalm trinken. Wie kam es, dass Blut so gut schmeckte? Noch dazu war es ein absoluter Powerdrink.
Ein weiterer Mann betrat das Zimmer. Er war kleiner als Angus, etwa mittelgroß, und hatte dunkelbraune Haare und mandelförmige bernsteinfarbene Augen. „Wie geht es Ihnen, meine Liebe?" Er sprach mit einem leichten Akzent. „Ganz okay." War ihr Schlafzimmer jetzt der Treffpunkt für alle, oder was? Wahrscheinlich wollte jeder mal einen Blick auf den nagelneuen Vampir werfen. „Aber Kunststücke zeige ich heute keine." Der Mann kicherte. „Ich freue mich, dass es Ihnen besser geht. Wir haben uns alle ziemlich Sorgen gemacht."
Bis auf Angus. Er war einfach nach New York abgehauen und hatte sie mit ihrem neuen Dasein als Untote allein gelassen.
„Ich bin Zoltan Czakvar." Der Mann verbeugte sich leicht. „Sie dürfen gerne so lange hier bleiben, wie Sie wollen." „Vielen Dank." Emma sah nacheinander Zoltan, Robby und Giacomo an. „Sie sind alle wirklich sehr nett. Das macht es leichter ... so zu sein, wenn man weiß, dass es auch nette Vampire gibt."
Darcy setzte sich aufs Bettende. „Du musst kein Vampir bleiben, Emma. Du kannst wieder sterblich werden."
Aber Angus war ein Vampir. Wenn sie ein Vampir bliebe, wäre sie wie er. Sie wäre unfassbar schnell, sie könnte fliegen, sich teleportieren. Sie würde stärker sein als jemals zuvor. Als Mensch war sie schon ein toller Vampirjäger gewesen, aber als Vampir würde sie ein noch besserer sein.
Doch wenn sie untot war, würde es vermutlich noch Jahrhunderte dauern, bis sie ihre Eltern, ihren Bruder und Tante Effie wiedersah. Schlecht.
Aber sie könnte eben auch jahrhundertelang mit Angus zusammen sein und ihn lieben. Und er sie. Seine Vorbehalte gegen ihre Beziehung wären nichtig, wenn sie so wäre wie er.
„Ich muss mit Angus sprechen", wiederholte sie. Warum verstand das bloß keiner? Warum verstand Angus das nicht? Warum hatte er sie allein gelassen? Ihr entgingen die besorgten Blicke nicht, mit denen die anderen sich ansahen. Irgendetwas stimmte hier nicht.
Plötzlich hatte sie einen Verdacht. „Oh nein! Wurde er verletzt?" Sie stand auf. Vor ihren Augen tanzten wieder die schwarzen Punkte. Darcy streckte eine Hand nach ihr aus. „Heute Nacht solltest du lieber im Bett bleiben. Dein Körper braucht Zeit, sich an den neuen Zustand zu gewöhnen."
„Nein! Ich will die Wahrheit wissen! Wurde Angus verletzt? Ist das der Grund, warum er so schnell zu Roman musste?"
Robby trat unruhig von einem Bein aufs andere. „Es geht ihm gut. Ich schicke ihm jetzt die Mail." Und damit verließ er beinahe fluchtartig das Zimmer.
„Äh ... Ich zeige dir, wo der Computer steht." Zoltan rannte ihm hinterher.
Giacomo schüttelte den Kopf. „Er hätte hier bleiben sollen. Das habe ich ihm auch gesagt, aber ..."
„Aber was?", wollte Emma wissen. „Warum ist er nicht geblieben?"
Traurigkeit lag in Giacomos Zügen. „Weil er sich so schuldig fühlt."
„Er hat dir eine Nachricht hinterlassen." Darcy zog ein Stück Papier aus der Hosentasche und legte es aufs Bett.
Eine Nachricht? Emma betrachtete mit gerunzelter Stirn den Zettel. Nach allem, was sie zusammen durchgemacht hatten, hinterließ er ihr eine Nachricht? Sie sah Giacomo verwirrt an. „Wieso fühlt er sich schuldig?" In diesem Moment dämmerte es ihr. „Weil Katya mich angegriffen hat? Aber wir wurden alle angegriffen! Ist doch klar,
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