Vampire schlafen fest
Suite war gereinigt worden. Vampirzimmer wurden natürlich stets bei Nacht gereinigt, während die Gäste unterwegs waren. Christian Baruch erzählte uns, wie viele Aushilfskräfte er hatte einstellen müssen, um dem Ansturm zur Vampirkonferenz gerecht zu werden, und wie nervös es manche von ihnen machte, dass sie Vampirzimmer reinigen mussten. Ich hätte schwören können, dass Sophie-Anne sich kein bisschen von Baruchs Überlegenheitsgefühl beeindrucken ließ. Er war so viel jünger als sie und wirkte vermutlich bloß wie ein angeberischer Teenager auf die jahrhundertealte Königin.
In diesem Augenblick kam Jake herein, erwies der Königin die erforderliche Achtung, begrüßte Dahlia und setzte sich dann zu mir. Ich hockte auf einem unbequemen harten Stuhl, und er zog sich genauso einen heran.
»Und, was machen Sie so, Jake?«
»Nicht viel. Ich habe für die Königin und Andre Tickets für ein Musical besorgt, eine reine Vampir-Produktion von › Hello, Dolly! ‹ .«
Ich versuchte kurz, mir das vorzustellen, aber es gelang mir nicht. »Und was machen Sie später? Für den Rest des Abends steht Freizeit auf dem Programm.«
»Weiß nicht«, sagte er in seltsam entrücktem Ton. »Mein Leben hat sich so sehr verändert, dass ich einfach nicht vorhersagen kann, was passieren wird. Gehen Sie morgen tagsüber aus, Sookie? Shoppen, vielleicht? Am Widewater Drive gibt's ein paar wunderbare Geschäfte. Das ist unten beim Michigansee.«
Sogar ich hatte schon vom Widewater Drive gehört. »Mal sehen, vielleicht. Shoppen liegt mir nicht so.«
»Da sollten Sie wirklich hingehen. Dort gibt's ein paar tolle Schuhgeschäfte und einen großen Macy's. Machen Sie sich einen schönen Tag. Verlassen Sie das Hotel, solange es geht.«
»Ich überleg's mir mal«, sagte ich ein wenig verwirrt. »Äh, haben Sie Quinn heute schon gesehen?«
»Flüchtig. Und Frannie habe ich eine Minute gesprochen. Sie waren sehr beschäftigt damit, alle Requisiten für die Abschlusszeremonie herbeizuschaffen.«
»Oh, ja.« Richtig. Natürlich. So was nahm unglaublich viel Zeit in Anspruch.
»Rufen Sie ihn an, fragen Sie ihn, ob er morgen mit Ihnen in die Stadt geht«, sagte Jake.
Wie bitte, Quinn und ich beim Shoppen? Ich versuchte, es mir vorzustellen. Okay, es war nicht völlig absurd, aber sehr wahrscheinlich war es nicht. Ich zuckte die Achseln. »Vielleicht mache ich das.«
Darüber schien er sich zu freuen.
»Miss Sookie, wir brauchen Sie jetzt nicht mehr«, sagte Andre. Ich war so müde, dass ich ihn nicht mal hatte hereinkommen hören.
»Okay. Dann gute Nacht an alle«, erwiderte ich und stand auf. Ich sah, dass der blaue Koffer noch an derselben Stelle war, wo ich ihn vor zwei Nächten abgestellt hatte. »Oh, Jake, diesen Koffer da sollten Sie in den Keller zurückbringen. Wir wurden angerufen, dass wir ihn abholen sollen, aber er scheint keinem zu gehören.«
»Ich frag mal rum«, entgegnete er unbestimmt und machte sich auf in sein eigenes Zimmer. Andre hatte längst seine Aufmerksamkeit wieder der Königin zugewandt, die über die Beschreibung einer Hochzeit lachte, auf der Dahlia eingeladen gewesen war.
»Andre«, sagte ich sehr leise, »eins muss ich Ihnen noch sagen: Ich glaube, dass Mr Baruch etwas mit der Bombe auf der Etage der Königin zu tun hat.«
Andre sah mich an, als hätte ihm jemand einen Nagel in den Hintern getrieben. »Was?«
»Ich glaube, dass er Sophie-Anne einen Schrecken einjagen wollte«, fuhr ich fort. »Er hält sie wohl für verletzlich und meint, sie würde sich nach einem starken Beschützer sehnen, wenn sie sich bedroht fühlt.«
Andre war nicht gerade Mr Mienenspiel, aber ich sah in schneller Folge Ungläubigkeit, Abscheu und Überzeugung über sein Gesicht ziehen.
»Und ich glaube, dass vermutlich auch er Henrik Feith gesagt hat, Sophie-Anne wolle ihn töten. Er ist doch der Hoteldirektor, oder? Dann hat er einen Schlüssel für die Suite der Königin. Wir meinten, wir hätten Henrik hier sicher untergebracht, aber er hat ihm das Gegenteil bewiesen, damit Henrik im Prozess gegen sie aussagt. In dem Christian Baruch wieder den großen Retter spielen wollte. Wer weiß, vielleicht hat sogar er Henrik töten lassen, nachdem er ihn zuerst angestachelt hatte. So konnte er mit großem Trara Sophie-Anne beeindrucken und all seine wunderbare Fürsorge ausspielen.«
Andres Miene war so merkwürdig wie noch nie zuvor, fast so, als könne er mir nicht folgen. »Gibt es dafür einen Beweis?«, fragte
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