Vampire schlafen fest
nicht. Die meisten Menschen auf dieser Etage schliefen noch, weil auch sie zu Vampirzeiten wach waren. Es waren allerdings nicht mal Hotelangestellte zu sehen, die saubermachten.
Dieser lange, leere Flur schien kein Ende zu nehmen, und mir wurde immer unheimlicher zumute. All die winzigen Spuren der vielen Sorgen, die wie schleimige Schnecken durch meine Gedanken krochen, verdichteten sich zu einer immer größer werdenden inneren Unruhe.
Ich fühlte mich, als wäre ich auf der Titanic und hätte eben gehört, wie die Schiffswand gegen den Eisberg schrammte.
Schließlich sah ich jemanden am Boden liegen. Ich war vorhin so plötzlich aufgewacht, dass mir alles immer noch wie im Traum erschien, und da war es kein so großer Schock, einen leblosen Körper auf dem Etagenflur zu finden.
Trotzdem stieß ich einen kleinen Schrei aus, und Barry kam um die Ecke gerannt. Er hockte sich neben mich. Ich rollte die Gestalt herum. Jake Purifoy.
Warum ist er nicht in seinem Zimmer? Was hat er hier so spät in der Nacht noch gewollt? Selbst Barrys geistige Stimme klang panisch.
Sieh mal, Barry, er liegt da, als würde er irgendwie zu meinem Zimmer weisen. Glaubst du, er wollte zu mir?
Ja, und er hat es nicht mehr geschafft.
Was war so wichtig gewesen, dass Jake sich nicht zu seinem Tagesruheort begeben hatte? Ich stand auf, meine Gedanken rasten. Ich hatte noch nie - niemals! - von einem Vampir gehört, der es nicht instinktiv spürte, wenn die Morgendämmerung heranrückte. Ich dachte an meine Gespräche mit Jake und an die beiden Männer, die ich sein Zimmer hatte verlassen sehen.
»Du Mistkerl «, zischte ich durch zusammengebissene Zähne und trat ihn, so hart ich konnte.
»Herrgott, Sookie!« Entsetzt packte Barry mich am Arm. Doch dann hatte er meine Gedanken gelesen.
»Wir müssen Mr Cataliades und Diantha finden«, sagte ich. »Sie können aufstehen, sie sind keine Vampire.«
»Ich hole Cecile. Sie ist ein Mensch, wir teilen uns ein Zimmer«, entgegnete Barry. Wir eilten beide in verschiedene Richtungen davon und ließen Jake liegen, wo er war. Wir konnten im Augenblick nichts für ihn tun.
Fünf Minuten später trafen wir uns wieder. Es war erstaunlich einfach gewesen, Mr Cataliades und Diantha zu wecken, die beiden waren im selben Zimmer untergebracht. Cecile erwies sich als eine junge Frau mit einem praktischen Haarschnitt und einer äußerst kompetenten Art. Da wunderte es mich gar nicht, dass Barry sie als die neue geschäftsführende Assistentin des Königs vorstellte.
Wie hatte ich bloß so dämlich sein und Clovaches Warnung abtun können, und sei es nur für eine Minute? Ich war so wütend auf mich selbst, dass ich am liebsten aus der Haut gefahren wäre. Aber das musste jetzt warten, wir mussten handeln.
»Hört mal.« Ich hatte mir bereits etwas zurechtgelegt. »Seit sie von unserer Fähigkeit wussten, sind einige der Kellner Barry und mir in den letzten Tagen aus dem Weg gegangen.«
Barry nickte, ihm war es ebenfalls aufgefallen. Komisch, er wirkte irgendwie schuldbewusst. Doch auch das musste warten.
»Sie wissen, was wir sind, und wollten vermutlich nicht, dass wir ihre Pläne aufdecken. Daher geht's wohl auch um etwas richtig, richtig Schlimmes, und Jake Purifoy war darin verwickelt.«
Mr Cataliades, der anfangs leicht gelangweilt gewirkt hatte, war inzwischen im höchsten Maße alarmiert. Dianthas große Augen gingen von Gesicht zu Gesicht.
»Was sollen wir also tun?«, fragte Cecile. Die Frau hatte wirklich einen Hang zum Praktischen, Respekt.
»Es geht um den einen Sarg zu viel«, sagte ich. »Und um den blauen Koffer in der Suite der Königin. Barry, dir wurde doch ebenfalls aufgetragen, einen Koffer heraufzuholen, stimmt's? Und auch der hat keinem gehört?«
»Stimmt«, erwiderte Barry. »Der steht immer noch im Foyer vor der Suite des Königs, weil dort jeder vorbeikommt. Wir dachten, irgendwer würde ihn schon als seinen eigenen erkennen. Ich sollte ihn heute wieder in die Gepäckabteilung schaffen.«
»Der Koffer, den ich aus dem Keller geholt habe, steht im Salon der Königin. Der Typ, der in der Gepäckabteilung dafür verantwortlich ist, heißt Joe, glaube ich. Er hat auch angerufen, dass der Koffer abgeholt werden soll. Keiner schien irgendwas darüber zu wissen.«
»Werden die Koffer in die Luft fliegen?«, fragte Diantha mit ihrer schrillen Stimme. »Und die herrenlosen Särge im Keller auch? Wenn das Kellergeschoss explodiert, kracht das Hotel in sich zusammen!« Wow,
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