Vampire schlafen fest
Gedränge. Als Nächstes knöpfte ich mir die vom Hotel extra für die Konferenz eingestellten Kellner vor, die Tabletts voller Gläser mit synthetischem Blut und anderen Drinks für die vereinzelten Menschen geschäftig von hier nach dort trugen. Die Kellner konnten an nichts anderes denken als im Weg herumstehende Gäste, verschüttete Getränke, schmerzende Rücken und wunde Füße, das Übliche eben. Barry und ich nickten einander zu. Dann schnappte ich einen Gedanken auf, in dem der Name Quinn vorkam, und folgte dieser Spur, bis ich bei einer Angestellten von Elegante (Extreme) Events landete. Das erkannte ich an dem auf ihr Shirt gedruckten Firmenlogo E(E)E. Sie war jung, trug die Haare sehr kurz und hatte unglaublich lange Beine. Das Gespräch, das sie mit einem der Kellner führte, war ziemlich einseitig, und in dieser auffallend gut gekleideten Gesellschaft fiel die junge Frau in ihren Jeans und Sneakers sofort auf.
»- und eine Kiste eisgekühlter Getränke ohne Alkohol«, sagte sie gerade. »Ein Tablett Sandwiches und Chips. Okay? Im Zeremoniensaal, binnen einer Stunde.« Plötzlich drehte sie sich schwungvoll herum und sah mir direkt ins Gesicht. Sie musterte mich von oben bis unten und schien wenig beeindruckt.
»Na, mit einem der Vampire hier zusammen, Blondie?«, fragte sie. Ihr Tonfall klang hart in meinen Ohren, sie kam wohl irgendwo aus dem Nordosten.
»Nein, mit Quinn«, sagte ich. »Und selber Blondie.« Ich war wenigstens naturblond. Okay, aufgehellt naturblond. Aber das Haar dieser jungen Frau sah aus wie Stroh ... wenn Stroh dunkle Ansätze hat.
Meine Antwort gefiel ihr ganz und gar nicht, auch wenn ich nicht sagen konnte, welchen Teil sie schlimmer fand. »Er hat gar nicht erzählt, dass er eine neue Freundin hat«, erwiderte sie, und das natürlich mit möglichst verletzendem Unterton.
Also hatte ich auch keine Skrupel, mich mal in ihren Gedanken umzusehen, und fand da auch gleich eine tiefe Zuneigung für Quinn. In ihren Augen war keine andere Frau gut genug für ihn. Und mich hielt sie für so eine träge Südstaatenfrau, die sich hinter Männern versteckte.
Da diese Schlussfolgerung auf einem 6o-Sekunden-Gespräch basierte, konnte ich ihr den Irrtum noch mal verzeihen. Auch ihre Liebe zu Quinn konnte ich verzeihen. Aber ihre überbordende Geringschätzung verzieh ich ihr nicht.
»Quinn muss Ihnen seine Privatangelegenheiten ja auch nicht erzählen«, gab ich zurück. Am liebsten hätte ich sie gefragt, wo Quinn jetzt war. Aber damit hätte ich ihr die Oberhand gelassen, und das wollte ich garantiert nicht, »'tschuldigung, aber ich muss jetzt weiterarbeiten. Sie sicher auch.«
Sie funkelte mich mit ihren dunklen Augen an, ehe sie von dannen stolzierte. Diese junge Frau war mindestens zehn Zentimeter größer als ich, sehr schlank, und einen BH hielt sie wohl nicht für nötig, denn ihre pflaumengroßen Brüste wippten bei jedem Schritt auf und ab. Ich war nicht die Einzige, die ihr nachsah, als sie die Lobby durchquerte. Barry warf seine Fantasien über mich über Bord, jetzt hatte er eine brandneue.
Ich gesellte mich wieder zur Königin, denn Andre und sie gingen von der Lobby in die Messehalle. Die großen, weit offenstehenden Flügeltüren wurden von zwei wirklich schönen Urnen gehalten, in denen üppige Arrangements getrockneter Gräser drapiert waren.
Barry fragte: »Bist du schon mal auf einer richtigen Messe gewesen, auf einer normalen, meine ich?«
»Na ja«, sagte ich und versuchte den Überblick über die Leute zu behalten. Wie machten diese Geheimdienstagenten das bloß? »Ich war mal mit Sam auf einer Messe für Gaststättenbedarf, aber nur für ein paar Stunden.«
»Da trägt doch jeder so ein Abzeichen, oder?«
»Wenn du so ein Ding, das an einem Band von deinem Hals herab baumelt, ein Abzeichen nennen willst, dann ja.«
»Das trägt man, damit die Leute an den Türen sehen, dass du deine Eintrittsgebühren bezahlt hast, und Unbefugte sich keinen Zutritt verschaffen können.«
»Genau. Und?«
Barry schwieg. Siehst du hier irgendwen mit so einem Abzeichen? Kontrolliert hier irgendwer irgendwas?
Nein, außer uns keiner. Aber was wissen wir schon? Die Hure da könnte eine Spionin der Vampire aus dem Nordosten sein. Oder Schlimmeres , erwiderte ich.
Sie sind es gewöhnt, die Stärksten und Furchterregendsten zu sein, sagte Barry. Sie mögen sich ja gegenseitig fürchten, aber Menschen fürchten sie nicht ernsthaft, und schon gar nicht, wenn sie alle beisammen
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