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Vampire schlafen fest

Vampire schlafen fest

Titel: Vampire schlafen fest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlaine Harris
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musterte Joe mich mit derselben Neugier, sah aber schnell schuldbewusst weg, als ich seinen Blick bemerkte. Er begann, in die Tasten zu hämmern, und blickte dabei auf den Bildschirm, als könne der ihm alles sagen, was er wissen musste - was, soweit es seinen Job betraf, ja vielleicht sogar stimmte.
    »Okay«, rief Joe dem Wachmann zu. »Die ist auf der Liste.« Die schroffe Stimme vom Telefon, ich erkannte sie sofort wieder. Er war also der Anrufer gewesen. Und dann starrte Joe mich einfach wieder an. Seltsam, alle anderen hier unten hatten ziemlich normale, neutrale Gedanken, nur Joe nicht. Seine Gedanken waren abgeschottet. So was war mir noch nie begegnet. Irgendjemand hatte eine Art unsichtbaren Helm über seinen Kopf gestülpt. Ich versuchte hindurchzudringen, ihn anzuheben, darunter zu gelangen, aber er blieb an seinem Platz. Während ich mit allen möglichen Tricks an seine Gedanken heranzukommen versuchte, sah Joe mich mit verärgerter Miene an. Ich glaube kaum, dass er wusste, was ich tat. Er war eher der typische Nörgelheini.
    »Entschuldigung«, rief ich laut, damit Joe meine Frage auch hörte. »Haben Sie da etwa ein Bild von mir bei Ihrer Namensliste?«
    »Nee«, erwiderte er schnaubend, als hätte ich eine höchst seltsame Frage gestellt. »Wir haben hier 'ne Liste mit allen Gästen und ihren Begleitern.«
    »Woher wollen Sie dann wissen, dass ich ich bin?«
    »Hä?«
    »Woher wollen Sie wissen, dass ich Sookie Stackhouse bin?«
    »Sind Sie's etwa nicht?«
    »Doch.«
    »Na also, was soll dann der Mist? Raus hier mit dem verdammten Koffer.« Joe sah wieder auf seinen Computer, und der Wachmann drehte sich zum Lastenaufzug um. Tja, das war sie wohl, die legendäre Unhöflichkeit der Yankees , dachte ich.
    Der Koffer hatte keine Rollen, ich wollte lieber gar nicht wissen, wie lange sein Eigentümer ihn schon besaß. Also hob ich ihn an und marschierte zurück zu der Tür, die zu der Treppe führte, von der ich gekommen war. Neben der Tür war noch ein Aufzug, der nicht annähernd so groß war wie der riesige mit dem Zugang nach außen. Okay, man konnte schon auch Särge damit transportieren, aber höchstens einen auf einmal.
    Ich hatte die Tür zur Treppe bereits geöffnet, als mir einfiel, dass ich auf diesem Weg auch den Servicedurchgang wieder durchqueren müsste. Was, wenn Eric, Andre und Quinn immer noch dort waren? Was, wenn sie sich dort gegenseitig an die Kehle gingen? Auch wenn mich in diesem Augenblick nicht mal mehr dieses Szenario umgehauen hätte, beschloss ich, besser einen Bogen um sie zu machen, und nahm den Aufzug. Stimmt, ziemlich feige, aber es gibt Grenzen bei dem, womit eine Frau an einem einzigen Abend fertig wird.
    Dieser Aufzug war eindeutig für die Lohnsklaven des Hotels gedacht. An den Wänden waren Polster angebracht, damit beförderte Fracht keinen Schaden nahm, und er bediente nur die ersten vier Etagen: Kellergeschoss, Lobby, Mezzanin und die Etage für Menschen. Dann musste man aufgrund der Pyramidenform des Gebäudes in die Mitte des Hotels gehen und einen der Aufzüge nehmen, die bis ganz nach oben fuhren. Das machte den Transport der Särge zu einer ziemlich langwierigen Angelegenheit. Die Angestellten dieses Hotels mussten wirklich hart arbeiten für ihr Geld.
    Ich beschloss, den Koffer direkt in die Suite der Königin zu bringen. Was sonst hätte ich damit anfangen sollen?
    Als ich auf Sophie-Annes Etage ausstieg, war der Platz vor und um den Aufzug herum völlig leer. Vermutlich waren alle Vampire und ihre Begleiter unten auf der Hochzeitsparty. Irgendeiner hatte eine zerdrückte Limodose in die große, verwegen gemusterte Urne gelegt, in die ein Bäumchen gepflanzt war und die an der Wand zwischen den beiden Fahrstühlen stand. Das Bäumchen sollte wohl so eine Art Palme sein, vermutete ich, und das ägyptische Design des Hotels betonen. Aber diese dämliche Limodose störte mich. Natürlich gab es Putzleute im Hotel, die alles sauber zu halten hatten. Doch Aufräumen war mir irgendwie in Fleisch und Blut übergegangen. Zwanghaft war's noch nicht, keine Sorge, aber trotzdem. Das hier war doch ein schönes Hotel, und da warf irgend so ein Idiot einfach seinen Müll in die Gegend. Ich streckte meine freie rechte Hand nach der Dose aus, um sie in den erstbesten Mülleimer zu werfen.
    Doch diese Dose war sehr viel schwerer, als sie hätte sein dürfen.
    Ich stellte den Koffer ab, um mir das Ding genauer anzusehen, und musste es tatsächlich mit beiden Händen anheben.

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