Vampire schlafen fest
vorzuziehen sei.
All das wusste ich. Nicht nur, weil ich ja nicht doof war, sondern vor allem, weil zwischen Eric und mir wirklich bereits eine Verbindung bestand. Sowohl Eric als auch Bill hatten mein Blut gehabt und ich das ihre. Zum ersten Mal verstand ich, dass diese Verbindung etwas bedeutete. Sah ich in den beiden nicht eher Menschen als Vampire? Hatten sie nicht die Macht, mir stärker wehzutun als andere? Es waren nicht allein die vergangenen Liebesbeziehungen zu ihnen, die mich an sie banden. Es hatte mit dem Blut zu tun. Vielleicht konnten sie mich wegen meiner ungewöhnlichen Herkunft nicht herumkommandieren. Eric und Bill konnten keine Macht über meine Gedanken ausüben und sie auch nicht lesen. Aber es gab da ein Band zwischen uns. Wie oft hatte ich ihre Leben im Hintergrund rauschen hören, ohne zu wissen, was genau ich da vernahm?
Herrje, wie lange es dauert, das alles zu erzählen! Dabei waren mir all diese Gedanken blitzartig durch den Kopf geschossen.
»Eric«, sagte ich und neigte leicht den Kopf. Aus dieser Geste und diesem Wort las er genauso viel heraus wie ich vorhin aus seinem. Mit ausgestreckten Armen trat er auf mich zu, so dass der schwarze Umhang uns umfing und wir uns wenigstens der Illusion von Privatsphäre hingeben konnten. Eine ziemlich kitschige Geste, aber nett gemeint. »Eric, keinen Sex«, sagte ich so entschlossen wie möglich. Ich konnte mich mit all dem abfinden, solange wir nicht wie ein Liebespaar das Blut tauschten. Und ich würde garantiert nicht vor einem Zuschauer Sex haben. Eric beugte sich über mich, und sein Mund näherte sich meinem Nacken, meiner Schulter, während sich sein Körper an den meinen drängte. Ich schlang die Arme um ihn, auf diese Weise konnte ich am bequemsten stehen. Dann der Biss. Ich konnte einen kleinen Schmerzensschrei nicht unterdrücken.
Aber er hörte nicht auf. Gott sei Dank, denn ich wollte es hinter mich bringen. Mit einer Hand strich er mir über den Rücken, als wolle er mich besänftigen.
Nach einigen sehr langen Sekunden leckte Eric mir den Nacken, damit sich mithilfe seines gerinnungsfördernden Speichels die kleine Wunde gleich wieder schloss. »Jetzt du, Sookie«, flüsterte er mir direkt ins Ohr. Seinen Nacken hätte ich nur erreicht, wenn wir uns hingelegt hätten, so schrecklich verrenken konnte sich keiner. Er wollte mir schon sein Handgelenk anbieten, aber auch das wäre mit viel Umstand verbunden gewesen. Also knöpfte ich einfach sein Hemd auf und - zögerte. Diesen Part hatte ich schon immer gehasst. Menschenzähne sind nicht annähernd so scharf wie die von Vampiren, und es würde natürlich eine Schmiererei geben, wenn ich zubiss. Doch Eric tat etwas Überraschendes: Er zog den kleinen Zeremoniendolch hervor, den er bei der Trauung von Mississippi und Indiana benutzt hatte. Und ebenso rasch, wie er den Königen die Handgelenke aufgeritzt hatte, schnitt er sich etwas unterhalb der Brustwarze in die Haut. Träge quoll das Blut hervor, aber ich nutzte gleich meine Chance. Herrje, eigentlich war so was eine fürchterlich intime Angelegenheit. Aber wenigstens musste ich Andre nicht ansehen, und er konnte mich auch nicht sehen.
Eric wurde unruhig, ja richtig ruhelos, und ich bemerkte, dass ihn das Ganze anmachte. Tja, dagegen konnte ich auch nichts tun, außer die entscheidenden paar Zentimeter Abstand zwischen uns zu halten. Ich saugte an der Wunde, und Eric gab einen Laut von sich. Wenn ich's nur schon hinter mir hätte. Vampirblut ist dick und beinahe süß, aber wenn man nicht sexuell erregt ist und drüber nachdenkt, was man da eigentlich tut, graut's einem doch ziemlich. Nachdem genug Zeit vergangen war, wie ich fand, knöpfte ich Erics Hemd mit zittrigen Händen schließlich wieder zu und hoffte, dieser kleine Zwischenfall sei damit erledigt und ich könne mich irgendwo verstecken, bis mein pochendes Herz sich wieder beruhigt hatte.
Doch dann riss Quinn die Tür auf und stürmte in den Servicedurchgang hinein.
»Was zum Teufel ist hier los?«, brüllte er. Ich war nicht sicher, ob er mich, Eric oder Andre angesprochen hatte.
»Sie befolgen Befehle«, sagte Andre scharf.
»Meine Freundin muss Ihre Befehle nicht befolgen«, erwiderte Quinn.
Ich wollte schon protestieren. Doch durfte ich in einer solchen Lage zu Quinn einfach sagen, dass ich auf mich selbst aufpassen könne?
In derart katastrophalen Situationen gibt es leider kein »richtiges« Benehmen. Hier konnte noch nicht mal die Allzweckwaffe meiner
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