Vampire schlafen fest
der benötigten Kleidungsstücke. Einigermaßen entsetzt stellte ich fest, dass ich mir wieder mal etwas von meiner Freundin würde leihen müssen. Doch Eric fügte hinzu: »Sookie, da du diese Sachen ausschließlich für die Reise benötigst: Ich habe in der Boutique deiner Freundin angerufen und einen Geldbetrag hinterlegt. Nutze ihn.«
Ich spürte, wie ich rot anlief, und fühlte mich wie die arme Cousine, bis er weitersprach: »Für die anderen ist in zwei Geschäften hier in Shreveport Geld hinterlegt, aber das wäre zu unpraktisch für dich.« Mein Nacken entspannte sich, hoffentlich sagte er auch die Wahrheit. Nicht ein Zucken seiner Augenlider ließ auf etwas anderes schließen.
»Wir haben zwar eine Katastrophe erlebt, aber wir werden nicht abgerissen herumlaufen.« Eric bemühte sich, mir nur flüchtig einen Blick zuzuwerfen.
»Nicht abgerissen herumlaufen«, notierte ich mir.
»Ist so weit alles klar? Unsere Ziele auf der Konferenz sind es, die Königin gegen diese lächerliche Anschuldigung zu unterstützen und allen zu zeigen, dass Louisiana immer noch ein hohes Prestige hat. Keiner der Vampire aus Arkansas, die mit ihrem König nach Louisiana kamen, hat überlebt, und daher kann auch keiner von ihnen seine Version der Geschichte erzählen.« Eric lächelte, aber es war kein freundliches Lächeln.
Das hörte ich heute Abend zum ersten Mal.
Na, wenn das nicht praktisch war.
Kapitel 2
»Halleigh, Sie heiraten doch einen Detective. Da können Sie es uns bestimmt verraten ... Wie groß ist eigentlich so ein Polizistenprügel bei Nacht?«, fragte Elmer Claire Vaudry.
Ich saß neben der Braut Halleigh Robinson, denn mir war die überaus wichtige Aufgabe übertragen worden, jedes Geschenk mitsamt seiner Geberin aufzuschreiben. Halleigh selbst war völlig damit ausgelastet, all die silberweiß eingewickelten Kartons und geblümten Geschenktüten zu öffnen.
Keine außer mir schien im Mindesten überrascht, dass Mrs Vaudry, eine Grundschullehrerin in den Vierzigern, auf dieser ganz und gar gutbürgerlichen Party eine so obszöne Frage stellte.
»Woher soll ich denn so was wissen, Elmer Claire«, sagte Halleigh spröde, gefolgt vom ungläubigen Kichern aller anderen Anwesenden.
»Schon gut, aber was ist mit den Handschellen?«, fragte Elmer Claire. »Benutzen Sie je solche Handschellen?«
Ein Stimmengewirr erhob sich unter den Südstaatenfrauen im Wohnzimmer der Gastgeberin Marcia Albanese, die ihr Haus als Opferstätte zur Verfügung gestellt hatte: Hier regnete es, aber eben Geschenke. Die anderen hatten die weniger aufwendige Aufgabe gehabt, etwas zum Essen oder Bowle mitzubringen.
»Sie sind mir ja eine, also wirklich, Elmer Claire«, mischte sich Maria ein, die gerade beim Tisch mit den Erfrischungen stand. Aber sie lächelte. Elmer Claire spielte gern die Rolle der Kecken, und die anderen ließen sie gewähren.
Elmer Claire wäre nie so ordinär geworden, wenn die alte Caroline Bellefleur bei dieser Junggesellinnenparty dabei gewesen wäre. Caroline galt als gesellschaftlicher Maßstab in Bon Temps. Miss Caroline war etwa eine Million Jahre alt und besaß eine Haltung, aufrechter und strenger als die eines jeden Soldaten. Nur etwas Außergewöhnliches konnte Miss Caroline von einem gesellschaftlichen Anlass fernhalten, der von solcher Bedeutung für ihre eigene Familie war, und etwas Außergewöhnliches war geschehen. Caroline Bellefleur hatte einen Herzinfarkt erlitten, zur großen Überraschung aller in Bon Temps. Nur ihre Familie war nicht so furchtbar überrascht gewesen.
Die große Bellefleur-Doppelhochzeit (von Halleigh und Andy und von Portia und ihrem Steuerberater Glen) hätte schon im vergangenen Frühling stattfinden sollen. Alles war in höchster Eile organisiert worden, weil Miss Carolines Gesundheitszustand sich plötzlich verschlechterte. Doch dann wurde Caroline Bellefleur, noch ehe diese Eilhochzeit stattfinden konnte, von einem Herzinfarkt niedergestreckt. Und danach brach sie sich die Hüfte.
Im Einverständnis mit Andys Schwester Portia und deren Bräutigam hatten Andy und Halleigh die Hochzeit in den späten Oktober verlegt. Soweit ich wusste, erholte sich Miss Caroline allerdings nicht so wie von ihren Enkeln erhofft, und es schien unwahrscheinlich, dass sie je wieder ganz zu ihrer alten Form zurückfinden würde.
Mit rot glühenden Wangen kämpfte Halleigh mit dem Geschenkband eines schweren Kartons. Ich reichte ihr eine Schere. Es gab zwar irgendeinen
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