Vampire schlafen fest
Wir hatten alle unsere Plätze eingenommen und balancierten vorsichtig unsere Teller und Gläser, als die beste Freundin meiner verstorbenen Großmutter, die fast sechzigjährige Maxine Fortenberry, ein neues Thema anschnitt.
»Wie geht's deiner neuen Freundin, Sookie?«, fragte sie mich, obwohl sie ganz am anderen Ende des Zimmers saß. Aber das war kein Problem für die kräftige, herzliche Maxine, die für meinen Bruder Jason, den besten Freund ihres Sohnes Hoyt, so etwas wie eine zweite Mutter war. »Diese Kleine aus New Orleans, meine ich.«
»Amelia geht's prima.« Ich lächelte nervös, weil mir nur allzu klar war, wer jetzt im Zentrum der Aufmerksamkeit stand.
»Stimmt es, dass sie bei der Überflutung ihr Haus verloren hat?«
»Es hat wohl einige Schäden erlitten, sagt ihr Mieter. Amelia will aber erst mal abwarten, bis sie von der Versicherung hört, und dann entscheiden, was zu tun ist.«
»Was für ein Glück, dass sie hier war, als der Hurrikan zuschlug«, sagte Maxine.
Ich schätze, das hatte die arme Amelia seit August schon tausendmal gehört. Amelia war es jedenfalls ziemlich leid, gesagt zu bekommen, wie glücklich sie doch dran war. »Oh, ja«, stimmte ich zu. »Was für ein Glück.«
Amelia Broadways Ankunft in Bon Temps hatte Anlass zu jeder Menge Klatsch gegeben. Aber so was ist nur normal.
»Bleibt Amelia deshalb in nächster Zeit noch bei dir?«, fragte Halleigh hilfsbereit.
»Eine Weile«, erwiderte ich.
»Das ist wirklich äußerst nett von Ihnen«, sagte Marcia Albanese anerkennend.
»Ach, Marcia, wissen Sie, ich habe ja das ganze obere Stockwerk, das ich kaum nutze. Und sie hat dort sogar Verbesserungen vorgenommen. Mit dem tragbaren Klimagerät ist es gleich viel erträglicher da oben. Es macht mir nichts aus.«
»Trotzdem würden nicht viele jemanden so lange bei sich wohnen lassen. Vielleicht sollte ich selbst ein paar der armen Leute aufnehmen, die im Days Inn untergebracht sind. Aber ich bringe es einfach nicht fertig, Fremde in mein Haus zu lassen.«
»Ich habe gern Gesellschaft«, erwiderte ich, was größtenteils der Wahrheit entsprach.
»War sie schon in New Orleans und hat sich ihr Haus angesehen?«
»Oh, nur einmal.« Amelia hatte rasend schnell aus New Orleans wieder heraus gemusst, damit keine ihrer hexenden Freundinnen sie aufspüren konnte. Es gab da so einige kleinere Schwierigkeiten zwischen Amelia und der Hexengemeinde von Big Easy.
»Ihr Haustier liebt sie jedenfalls über alles«, sagte Elmer Claire. »Neulich war sie mit dem Kater beim Tierarzt, als ich selbst mit Powderpuff hin musste.« Powderpuff, Elmer Claires weiße Perserkatze, war ungefähr eine Million Jahre alt. »Ich habe gefragt, warum sie ihn denn nicht kastrieren lässt. Da hat sie dem Kater die Ohren zugehalten, als würde er mich verstehen, und mich gebeten, vor Bob nicht über solche Dinge zu sprechen - geradeso, als wäre er ein Mensch.«
»Ja, sie liebt Bob wirklich.« Ich wusste nicht, ob ich mich darüber lustig machen oder bloß lachen sollte bei der Vorstellung, der Tierarzt könnte Bob kastrieren.
»Woher kennst du diese Amelia noch mal?«, fragte Maxine.
»Erinnert ihr euch an meine Cousine Hadley?«
Alle im Zimmer nickten, außer Halleigh, die noch nicht allzu lange in Bon Temps war, und ihrer Mutter.
»Nun, Hadley hat in New Orleans das Apartment im oberen Stockwerk von Amelias Haus bewohnt«, erzählte ich. »Und als ich nach Hadleys Tod« - feierliches Kopfnicken in der Runde - »in New Orleans ihre Wohnung aufgelöst habe, bin ich dabei Amelia begegnet, und wir haben uns angefreundet. Tja, und dann wollte sie einfach mal eine Weile nach Bon Temps kommen.«
Alle Frauen sahen mich mit so erwartungsvollen Mienen an, als könnten sie kaum erwarten, was als Nächstes käme. Denn es gab doch sicher noch eine Menge zu erklären, stimmt's?
An der Geschichte war tatsächlich noch viel mehr dran, aber sie würden bestimmt nicht hören wollen, dass Amelia Bob nach einer großartigen Liebesnacht während eines Sexexperiments zufällig in einen Kater verwandelt hatte. Ich hatte Amelia nie gebeten, mir die Details genauer zu beschreiben, denn eins wollte ich garantiert nicht: mir das alles auch noch bildlich vorstellen. Doch die Frauen warteten auf eine weitere Erklärung. Irgendeine.
»Amelia hatte gerade eine schlimme Trennung hinter sich«, sagte ich leise in vertraulichem Ton.
In den Gesichtern spiegelten sich sowohl reges Interesse als auch Mitleid.
»Ihr Freund war ein
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