Vampire sind die beste Medizin: Argeneau Vampir 9
sie die Gelegenheit dazu bekam, um sich irgendwo mit ihm zu verabreden. Die Sonne wärmte ihren Hinterkopf, was Marguerite dazu veranlasste, ihren Platz neben dem Küchenfenster aufzugeben und durch die Gasse davonzulaufen.
„Also werden Sie mir jetzt sagen, was zum Teufel hier los ist?“, forderte Tiny Julius auf, während er ihm in die Küche folgte.
„Ich sagte bereits, das kann ich nicht“, knurrte Julius, öffnete den Minikühlschrank und warf die Tür wütend zu, als ihm einfiel, dass alles Blut im zweiten Kühlschrank im Wohnzimmer gelagert wurde.
„Von wegen, Sie können das nicht!“, herrschte Tiny ihn an.
„Sie werden es erklären, und zwar jetzt und hier! Marguerite verdient es, die Wahrheit zu erfahren!“
„Und ich ebenfalls“, meldete sich Christian zu Wort, der noch in der Tür stand.
„Vielleicht ist die Zeit tatsächlich gekommen“, meinte Marcus leise.
Julius musterte den Mann schweigend, schließlich nickte er und setzte sich an den Tisch. Einen Moment lang überlegte er, wie er am besten anfangen sollte, und beschloss, einfach von vorn zu beginnen. „Im Jahr 1490 bin ich hier Marguerite begegnet.“
„Dann ist sie also meine Mutter!“, flüsterte Christian und ließ sich auf einen anderen Stuhl sinken.
„Nein, das ist sie nicht“, sagte Tiny bedauernd. „Sie kann es nicht sein.“
„Doch, sie ist es“, korrigierte Julius ihn.
„Wenn Marguerite Ihnen schon mal begegnet ist, warum hat sie es nicht gesagt? Warum benehmen Sie beide sich so, als würden Sie sich nicht kennen? Und aus welchem Grund sollte sie bereit sein, nach Christians Mutter zu suchen, wenn sie selbst es ist?“ Der Sterbliche schüttelte verständnislos den Kopf. „Sie lügen. Sie müssen mir schon eine glaubwürdigere Geschichte auftischen. Marguerite hat sich nicht zum Spaß drei Wochen lang durch staubige Archive gewühlt!“ Verwundert legte Christian die Stirn in Falten. „Ja, das stimmt.“
„Ich werde es erklären, wenn ihr zwei lange genug den Mund haltet, bis ich ausgeredet habe“, erwiderte Julius geduldig.
Tiny machte eine finstere Miene, setzte sich aber zu den beiden Unsterblichen an den Tisch und wartete.
Nachdem Ruhe eingekehrt war, begann Julius von Neuem. „Ich habe Marguerite 1490 hier in York kennengelernt. Marcus und ich kamen her, um zu.... äh.... “
„Um einen draufzumachen“, ergänzte Marcus den Satz.
„Draufzumachen?“, wiederholte Tiny verwirrt. „Spielen, den hübscheren Mädchen unter die Röcke greifen, von den Einheimischen trinken“, erklärte er achselzuckend. „Wir waren damals noch jung.... na ja.... jünger.“ Julius lächelte flüchtig über seine Korrektur, dann fuhr er fort: „Am zweiten Abend habe ich Marguerite kennengelernt, und damit waren für mich die Gelage zu Ende.“ Marcus schüttelte den Kopf bei der Erinnerung an diese Zeit und meinte beiläufig: „Und mir hat er damals den ganzen Spaß verdorben.“
„Wieso erinnert sie sich nicht daran?“, fragte Tiny. Als er Julius’ finsteren Blick bemerkte, winkte er ab: „Schon gut, schon gut. Keine Unterbrechungen. Reden Sie weiter, ich halte den Mund.“
Julius nickte und fuhr fort: „Marcus und ich waren auf der Jagd, als wir sie entdeckten.“
„Auf der Jagd?“
„Auf der Suche nach Nahrung“, erläuterte Marcus, während Julius angesichts der erneuten Störung aufgebracht schnaubte.
„Sie reden hier von Hasen oder Wildschweinen oder so, richtig?“, fragte der Sterbliche ironisch.
Marcus nickte ernst, und als der Detektiv das Gesicht verzog, betonte er: „Es gab damals noch keine Blutbanken.“
„Ja, richtig. Dann waren Sie also auf der Jagd, und dabei sind Sie auf Marguerite gestoßen.“
„Sie war wunderschön.“ Julius lächelte versonnen. „Sie trug ein weinrotes Kleid mit einem so tiefen Ausschnitt, wie es für eine anständige Dame noch gerade schicklich war. Dazu ein passendes Cape und eine alberne kleine Kappe, die aussah wie ein Vogel in seinem Nest.“
Während Christian schweigend dasaß, gab Tiny einen Laut von sich, der so klang, als könne er nicht verstehen, was daran so reizend sein sollte. „Sie war ebenfalls auf der Jagd und hatte soeben ihre Beute gefunden, die sie in eine düstere Gasse dirigierte. Ich wartete, bis sie mit ihrer Mahlzeit fertig war, dann näherte ich mich ihr.“
„Und war verloren“, ergänzte Marcus betrübt.
Einen Moment lang lächelte Julius versonnen. „Sie war seit zwanzig Jahren Witwe und hatte einen erwachsenen
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