Vampire sind die beste Medizin: Argeneau Vampir 9
„Anfangs wollte ich es selbst nicht glauben. Ich dachte, die Dienstmagd lügt, weil sie aus irgendeinem Grund zwischen uns Unruhe stiften wollte. Aber Marcus und ich lasen die Frau, und wir fanden die Erinnerung, die zeigte, wie Marguerite ihr genau diese Dinge sagte. Wir haben es gesehen.“
Tiny sank zurück auf den Stuhl und schüttelte ungläubig den Kopf. „Aber das würde sie nicht machen.“
„Wir wollten es auch nicht glauben, bis sie die Dienstmagd ermordete“, erklärte Marcus.
„Sie hat die Dienstmagd ermordet?“, rief der Detektiv fassungslos.
Julius nickte nur. „Sie wurde eine Treppe hinuntergestoßen. Danach nahm ich Christian an mich und verließ das Land mit Ziel Italien. Bis vor ein paar Tagen bin ich seit damals nicht mehr in England gewesen.“
„Und dann kam es zu dem Zwischenfall in Kalifornien, und Christian bestand darauf, hinzureisen und herauszufinden, wer seinen Cousin ermordet hatte“, übernahm Marcus die Schilderungen. „Wir wussten, er würde dann mit den Argeneaus zu tun haben, darum versuchten wir, es ihm ausreden. Doch er wollte sich einfach nicht davon abbringen lassen, Stephanos Mörder zu finden. Daraufhin bat Julius mich, ihn zu begleiten, damit ihm nichts zustößt.“ Nach einer kurzen Pause ergänzte er: „Als ich Marguerite wiedersah, war das im ersten Moment ein Schock für mich. Sie schien mich nicht zu erkennen, was ich zunächst für einen Trick gehalten habe. Aber sie konnte sich tatsächlich nicht an mich erinnern. Noch erstaunlicher war allerdings, dass sie auch nichts mehr von Julius wusste. In Kalifornien überstürzten sich die Ereignisse dann zeitweise, und wenn sie zwischendurch abgelenkt war, durchsuchte ich ihren Geist und fand überhaupt keine Erinnerung daran, dass sie mal in York gelebt hatte, dass sie Julius kennengelernt und mit ihm zusammengelebt hatte. Und auf Christian fand ich ebenfalls keinen Hinweis.“
„Wie ist das möglich?“, wunderte sich Christian.
Julius sah kurz zu Marcus, dann erwiderte er seufzend: „Als ihr beide aus Kalifornien zurückgekehrt wart, habe ich mich ausführlich mit Marcus unterhalten, und wir sind beide der Meinung, dass ihre Erinnerung gelöscht wurde.“
„Aber sie ist eine Unsterbliche“, wandte sein Sohn ein. „Erinnerungen können nicht gelöscht werden.“
„Und trotzdem sind sie nicht mehr vorhanden“, beharrte er.
„Sie erinnert sich weder an mich noch an Marcus, und sie weiß auch nichts mehr über die Zeit, als Jean Claude nicht bei ihr war. Stattdessen sind da vage Erinnerungen an eine Reise durch Europa, die genau in die etwas mehr als zwanzig Jahre zwischen Jean Claudes angeblichem Tod und ihrer Zeit mit mir fällt.“
„Wie soll das gehen?“, rätselte Christian betroffen.
„Das wissen wir nicht“, musste er zugeben.
„Möglicherweise wurde es mit einem Drei-zu-eins durchgeführt.“
„Ein Drei-zu-eins?“, fragte Tiny.
„Eine Prozedur, bei der sich drei Unsterbliche zusammenschließen, um Erinnerungen eines vierten Individuums zu löschen“, erklärte Julius.
„Bei einem sterblichen Individuum vielleicht“, beharrte sein Sohn. „Das funktioniert nur bei Sterblichen, nicht bei Unsterblichen.“
„Aber wenn sie die Wahrheit sagen, dann wurde Marguerites Erinnerung gelöscht“, betonte Tiny und fügte hinzu: „Und ich glaube es.“ Julius nickte und war froh, dass er den Detektiv nicht auch noch von der Wahrheit überzeugen musste. „Tja“, fuhr Tiny fort. „Damit stellt sich die Frage, warum jemand die Erinnerungen an diesen speziellen Zeitraum löscht, wenn sie bereitwillig alles getan hat, was Sie geschildert haben.“
„Das haben wir uns auch gefragt“, bestätigte Julius. „Für uns war klar, dass nicht alles so sein kann, wie es sich zu jener Zeit abgespielt haben soll. Wir mussten herausfinden, was sich vor fünfhundert Jahren tatsächlich zugetragen hat. Wären ihre Erinnerungen noch vorhanden gewesen, hätte Marcus sie lesen können, aber da war nichts. Also hielten wir es für das Beste, sie nach York zu bringen und zu hoffen, dass die Rückkehr in die alte Heimat irgendetwas bewirkt und alle Erinnerungen wieder an die Oberfläche kommen.“
Tiny schnaubte verächtlich. „Wenn sie tatsächlich befohlen hat, Christian zu töten, muss Jean Claude sie kontrolliert und dazu gezwungen haben.“
„Das sehe ich auch so“, meinte Julius.
„Wirklich?“, fragte Christian. Der hoffnungsvolle Ausdruck in seinem Gesicht, dass seine Mutter seinen Tod
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