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VAMPIRE SOULS - Böses Blut: Roman (German Edition)

VAMPIRE SOULS - Böses Blut: Roman (German Edition)

Titel: VAMPIRE SOULS - Böses Blut: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeri Smith-Ready
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ich nicht anders: Ich muss es wenigstens versuchen.
    Dexters immense Höhe mal Breite ist gewaschen und sauber. Ich wickele ihn in ein leuchtend weiß und grell pinkfarben gestreiftes Handtuch.
    »Oh-ha, eine Packung Good-&-Plenty -Lakritz auf vier Beinen!« Während ich dem Hund das Handtuch auch um den Kopf schlage, schneide ich in Richtung Shane eine Grimasse.
    Widerstrebend huscht ihm ein Lächeln übers Gesicht. Es ist so schnell wieder fort, wie es erschienen ist.
    »Okay, Dexter-Kumpel, du bist fertig!« Ich helfe ihm aus der Wanne. »Achtung, alles in Deckung!«
    Als sich der Hund schüttelt, dass seine Lefzen fliegen und ihm die Beine wegrutschen, bekommen wir und das Badezimmer erneut eine Duschladung Wasser aus dem Fell verpasst. Unmittelbar danach, kaum dass er das Nass halbwegs losgeworden ist, hat Dexter es extrem eilig, dem Badezimmer zu entkommen.
    Shane und ich schauen zu, wie er den Gang hinauf und hinunter wetzt. Er hält nur an, um sich auf dem langen, schmalen Teppich zu wälzen, der schon sehr bald am anderen Ende des Flurs zu einem Teppichhügel zusammengeschoben ist.
    »Er sieht ganz zufrieden aus«, meint Shane in der für ihn typischen Art, zu untertreiben.
    »Immerhin einer von euch beiden.«
    Shane stutzt. »Ist das so offensichtlich?«
    »Muss es wohl, wenn selbst ich es bemerke. Schließlich bin ich nicht gerade ein Musterbeispiel an Sensibilität.«
    Shane starrt über meine Schulter hinweg. Er zögert, eher er weiterspricht. »Weißt du, welcher Tag morgen ist?«
    »Freitag.«
    »Allerseelen.«
    »Ist das nicht der Tag, an dem die Mexikaner dieses Ding mit den Totenschädeln durchziehen?«
    »Ihr Tag der Toten, ja.« Shane fährt mit den Fingern über die Unebenheiten im Rahmen der Badezimmertür. »Das ist der Tag, an dem Vampire ihre Gräber besuchen sollten. So eine Art Pilgerreise dorthin unternehmen.«
    Gerade war ich dabei, mir die Hände abzutrocknen. Mitten in der Bewegung erstarre ich. »Aber du hast doch gar kein Grab.«
    »Noch nicht, nein.« Er hebt den Blick. Aus blassblauen Augen schaut er mich an. »Aber es gibt ein Grab, das ich besuchen sollte.«
    Ich hänge das Handtuch über den Handtuchhalter. »Du willst deinen Vater besuchen?«
    Anstatt wie üblich auf cool zu machen, gibt er es gleich zu und sagt: »Ja.«
    »Dann fahren wir eben hin.« Ich mache einen Schritt auf ihn zu, bin ihm ganz nah. Er muss mich jetzt in die Arme nehmen, will er nicht unglaublich roh und gefühllos erscheinen. »Freitagabend dann?«
    »Morgen. Morgen ist ja ein ungerader Tag. Also sind dann wieder Monroe, Spencer und Jim dran, auf Sendung zu gehen.« Shane lässt eine meiner goldbraunen Haarsträhnen zwischen Daumen und Zeigefinger hindurchgleiten. »Wenn wir in Youngstown ankommen, wird es beinahe Mitternacht sein und damit der zweite November.«
    »Ich muss zugeben, dass ich dich bewundere – dafür, dass du fähig bist, dich deiner Vergangenheit zu stellen. Wann immer sich meine meldet oder sich auch nur aus dem Augenwinkel heraus anzuschleichen scheint, kneife ich die Augen zu und warte, bis sie wieder weg ist.«
    Mit den Fingerspitzen liebkost Shane mir die Wange. »Das ist das erste Mal, dass ich überhaupt auf die Idee komme, nach Hause zu fahren. Bevor ich dir begegnet bin, habe ich mich nie dazu in der Lage gefühlt.«
    Ich schmiege meinen Kopf an seine Schulter und sage nichts. Manchmal bringt mich die Heftigkeit, mit der er mich braucht, dazu, tief Luft zu holen – am besten gleich mehrfach hintereinander, um zu verhindern, dass ich in Ohnmacht falle. In solchen Situationen, in emotionalen Phasen wie diesen, verspüre ich den unwiderstehlichen Drang, einen blöden Witz zu reißen, augenblicklich ins Badezimmer oder die Küche zu flüchten oder mir einen Grund auszudenken, der gut genug ist, um unser nächstes Date abzusagen. Und ich verspüre den unwiderstehlichen Drang, Dummheiten zu begehen – etwa mit dem erstbesten Kerl, der mir auf dem Campus über den Weg läuft.
    Aber nichts davon tue ich. Bisher hat sich Shane jedes Mal zurückgezogen und mir mehr Raum zum Atmen gelassen, wenn mich solche Ideen überfallen haben. Es ist, als ob er meine Angst riechen könnte. Manchmal fühlt sich unsere Beziehung wie ein Tanz auf dem Hochseil an, wie ein Drahtseilakt. Ein einziger falscher Schritt, ein Zögern, und wir stürzen in die Tiefe.
    Bis dahin genieße ich den Ausblick, den die große Höhe gewährt.
    »Auf gar keinen Fall!«
    »Bitte! Ja? Es ist doch nur für eine Nacht!«

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