VAMPIRE SOULS - Böses Blut: Roman (German Edition)
mich mit ihm an einem öffentlichen Ort treffen. Irgendwie ist mir der Bursche einfach nicht geheuer. »Gehen wir nach draußen.«
Die Abendluft ist bereits unangenehm kühl. Ich knöpfe meinen Mantel bis zum Kragen zu. Jeremy schlurft neben mir her und zieht sich die Kapuze seines grauen Sweatshirts über den Kopf. Das Ding stammt sicher aus der Altkleiderkammer einer karitativen Einrichtung. Seine schwarzen Turnschuhe haben dicke Gummisohlen, die sich nicht so schnell abschmirgeln werden, auch wenn er, ganz wie er’s gern tut, beim Gehen kaum die Füße hebt. Seite an Seite bewegen wir uns auf den großen Springbrunnen zu, der in der Mitte der Grünanlage aufragt.
Auf der Graniteinfassung des Brunnenbeckens lasse ich mich nieder. Auf der anderen Seite des Runds, uns genau gegenüber, knutscht ein Pärchen. Aber das Rauschen des Wassers wird verschlucken, was wir miteinander zu bereden haben.
»Also: Was hast du für mich?«, frage ich Glaser.
»Was zur Finanzlage von FAN.« Jeremy öffnet seine Tasche und zieht eine Mappe heraus. »Letztes Jahr hätten die beinahe Insolvenz anmelden müssen.«
»Das hat David auch schon zu berichten gewusst.«
»Ihr Finanzbericht fürs dritte Quartal ist gerade erst veröffentlicht worden.« Mit dem Strahl einer Taschenlampe, die nicht größer ist als ein Kugelschreiber, hebt Glaser die entsprechenden Posten in der Gewinn-Verlust-Rechnung des Senders hervor. »Schau, eine riesige Kapitalaufstockung!«
»Zwei Millionen Dollar?« Das nenne ich mal ordentlich Kohle, wie vom Himmel geschickt!
Glaser blättert auf die nächste Seite um. »FANs Ausgaben sind auch enorm in die Höhe geschossen. Klar, all die vielen Umsetzer.« Er händigt mir einen Stapel mit Anträgen an die FCC aus.
»Die hat mir David auch schon gezeigt. Sieht aus, als wollten sie massiv expandieren.«
»Genau. Aber meistens geht das nicht auf Kosten anderer. Ihr seid tatsächlich die Einzigen, auf die sie es wirklich und wahrhaftig abgesehen haben.«
Am liebsten würde ich die verdammten FCC-Anträge zusammenknüllen und sie gewissen Personen in den Rachen stopfen. »Wie gelingt es ihnen, damit durchzukommen?«
»Nun, es hat sich herausgestellt, dass der Vorsitzende der FCC ein großer Fan religiöser Radioprogramme ist.«
Meine Stimme kann nur noch Hochironisch. »Na, so was! Wer hätte das gedacht!«
»Ohne Druck der Öffentlichkeit wird die Beschwerde, die WVMP bei der FCC eingereicht hat, schön nach Eingangsdatum in die Schlange hinter all die anderen eingereiht und dann planmäßig abgearbeitet.«
»Und was heißt in diesem Fall ›planmäßig‹?«
Glaser beugt den Oberkörper so weit wie nur möglich von mir weg, ganz so, also wolle er dem Radius der Explosionsdruckwelle entgehen. »Zwei Jahre, so in etwa.«
» Zwei Jahre!« Ich bekämpfe den Impuls, den Finanzreport in den Brunnen zu pfeffern. »Dann sind unsere Werbekunden weg! Und auch ohne das könnten wir in zwei Jahren längst aus dem Geschäft sein!«
»Deshalb habe ich gesagt: ›ohne Druck der Öffentlichkeit‹.« Es muss wohl Excalibur sein, das Glaser mir da auf den Handflächen beider Hände entgegenstreckt, nicht ein simpler Kugelschreiber. »Vergiss nicht, welche Macht die Presse hat!«
»Ah!« Ich erlaube mir, einen Hoffnungsschimmer am Horizont zu sehen. »Du schreibst deine Story, und wir bekommen nicht nur höhere Einschaltquoten, sondern auch Gerechtigkeit!«
»Und die Wahrheit und alles, was sonst noch Teil des gelebten amerikanischen Traums ist.« Er lächelt und streicht die blonde Haarmatte zurück, die ihm ins Gesicht gefallen ist.
»Finde heraus, welche Stiftung Family Action Network die Finanzspritze in Höhe von zwei Millionen Dollar gegeben hat! Folge dem Geld!«
»He, mal langsam, der Journalist hier bin immer noch ich! Ich habe meinen Teil, vorerst zumindest, getan. Jetzt ist es erst einmal an dir, Fragen zu beantworten!«
Ich schätze, das ist nur fair. »Okay, klar. Dann schieß mal los!«
»Eigentlich habe ich nur eine einzige Frage.« Glaser holt tief Luft. Sämtliche Muskeln in seinem Gesicht spannen sich an, und ich frage mich, was ihn derart beschäftigen könnte, dass man ihm die Anspannung so deutlich ansieht. »Weißt du, ich frage mich einfach nur …« Er runzelt die Stirn. Dann schaut er nicht mehr mich an, sondern stur geradeaus. Ich kann nur noch sein Profil bewundern.
»Okay, und was fragst du dich?«
Er knetet seine Hände, verschränkt die langen, schmalen Finger ineinander. Dabei
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