VAMPIRE SOULS - Böses Blut: Roman (German Edition)
das Leder-Ei mit einem Kopfstoß aus den Händen des Ravens-Quarterbacks. Davids schriller Schrei hallt von den holzvertäfelten Wänden wider und lässt mich von Ohrstöpseln träumen. Kater Antoine schießt aus dem Wohnzimmer. Dexter hingegen klettert auf die Couch, lässt sich zwischen uns nieder und legt mir seinen Kopf in den Schoß. Na toll! Das ist das Aus für sämtliche Fluchtfantasien!
Als der Quarterback der Steelers verhindern kann, bei einem Tackling zu Fall gebracht zu werden, und zum Touchdown passt, hält David nichts mehr auf dem Sofa: Er stampft im Wohnzimmer umher und rauft sich die Haare. Zwei Minuten später, als ein Ravens-Spieler den Ball verliert, sinkt David wieder neben mir auf die Polster und greift sich ein Stück Pizza. Wer ihm zuschaut, wie er die Pizza in Zeitlupe verspeist, weiß, wie ein Insasse in der Todeszelle seine Henkersmahlzeit isst.
Ich tätschele David die Schulter. »Es ist doch bloß ein Spiel.«
»Es ist nicht bloß ein Spiel!« David kaut langsam, ausgiebig, dann schluckt er. »Shane und ich haben eine Wette laufen. Letztes Jahr habe ich gewonnen und das weidlich ausgekostet.«
Das Spiel geht seinen Gang, und im Wohnzimmer wird es sehr still. Nur Dexters leises Schnarchen ist noch zu hören. David sinkt bei jedem Ballverlust der Ravens und jedem Touchdown der Steelers mehr in sich zusammen.
Meine Gedanken schweifen ab; was auf dem Bildschirm passiert, interessiert mich nicht mehr. Mein Blick wandert hinüber in den anderen Teil des Wohnzimmers. Dort, gleich neben dem Kamin, stehen vor deckenhohen Bücherregalen zwei elegante Sessel. Bibliothek und Sessel scheinen ein Sinnbild der Behaglichkeit, wie aus den Literaturverfilmungen in Masterpiece Theatre . Diese Welt dort drüben am Kamin ist so anders als diese hier. Äonen trennen das jahrzehntealte Sofa und den Fernseher von der Kultiviertheit von Bücherregalen und Lesesesseln.
Gleichzeitig hat Davids Bibliothek etwas von einem Museum. Der Raum bleibt unberührt, wird nur erhalten, nicht genutzt und mit Leben gefüllt. Ich meine sogar, eine dünne Staubsicht auf den Sessellehnen aus glattem Leder zu erkennen. Vielleicht haben David und Elizabeth hier nächtelang am Feuer gesessen, haben gelesen oder Musik gehört und etwas miteinander geteilt, das mehr war, als eine Beziehung zwischen Parasit und Wirt.
»Du vermisst sie immer noch, nicht wahr?«
David hebt fragend das Kinn, statt mir zu antworten. Seine Augenbrauen ziehen sich zusammen, als ob er mich fragen wolle, wen ich meine. Dann aber schüttelt er den Kopf. Mir scheint es eher Eingeständnis denn abschlägige Antwort.
»Anfangs war es nicht so schlimm. Ich glaube, der Schock hat mich innerlich betäubt.« David nimmt einen großen Schluck Bier. »Jetzt aber kann ich nicht anders, als die Leere zu sehen, die sie hinterlassen hat. Überall Löcher in meinem Leben. Wie in einer dieser Decken, wie heißen die doch gleich?«
»Hä?«
»Na, die Decken mit den Löchern.« Er zuckt mit den Achseln. »Die, die Großmütter so gerne machen.«
»Ich habe nicht die geringste Ahnung, wovon du gerade sprichst.«
»Auch egal.« Er fährt sich durch das glatte schwarze Haar, streicht es sich aus dem Gesicht. Es ist lang geworden, wächst ihm schon über die Ohren. »Es ist ja auch nicht so, als hätten Elizabeth und ich eine gemeinsame Zukunft gehabt.«
»Aber ihr habt doch miteinander geschlafen, oder etwa nicht?«
»Nein. Ich meine, manchmal haben wir … so Dinge getan.« David hustet und sieht in eine andere Richtung.
Ich bewege meine Beine unter Dexters Riesenschädel – vorsichtig, um Dexter nicht zu wecken – und bemühe mich, mir nicht vorzustellen, wie David und Elizabeth ›so Dinge‹ tun. Das Blut eines Spenders schmeckt während eines Orgasmus besser – jedenfalls hat man mir das glaubhaft versichert.
»Aber nein«, fährt David jetzt fort, »rein körperlich gesehen konnten wir gar keinen Sex haben.«
Das hatte ich nicht gewusst, nicht einmal geahnt. »Infolge einer Verwundung aus deinen Liga-Zeiten?«
»Hä, was?« David läuft rot an. Er kratzt sich den Nacken. »Nein, ähm, mit mir ist alles in Ordnung. Alles funktioniert vorschriftsmäßig, jedenfalls als ich es das letzte Mal kontrolliert habe.«
Jetzt merke ich, wie ich rot anlaufe. Aber die Verwirrung siegt über meine Verlegenheit. »Aber warum konntet ihr dann keinen Sex haben?«
David zögert. Dann dreht er sich halb zu mir herum. »Du weißt doch, dass Vampire stärker sind als
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