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VAMPIRE SOULS - Böses Blut: Roman (German Edition)

VAMPIRE SOULS - Böses Blut: Roman (German Edition)

Titel: VAMPIRE SOULS - Böses Blut: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeri Smith-Ready
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mich ganz ernsthaft, ob es wirklich allein Elizabeth war, die er geküsst hat. Vielleicht hat er gleichzeitig auch mich geküsst. Meistens denke ich nicht besonders lange über diese Frage nach. Denn bei genauerem Hinsehen müsste ich entscheiden, wie viel von mir Elizabeth war und wie viel von mir tatsächlich ich.
    »Ich muss noch lernen.« Ich stelle die leere Bierflasche auf den Tisch. »Dexter, ich steh dann jetzt auf, mein Junge, ja?«
    Dexter grunzt, als ich seinen Kopf gerade lange genug anhebe, um unter ihm weg vom Sofa zu schlüpfen. Dann streckt er die Beine und schließt wieder die Augen. Dexter ist mit Abstand der phlegmatischste Vampir, den ich kenne.
    Ich bin schon halb auf der Treppe, als mich Davids Stimme zurückhält.
    »Afghanen.«
    Ich drehe mich um und blicke ihn an. »Was?«
    »So heißen die doch, oder nicht? Diese Wolldecken aus Resten, entweder gestrickt oder gehäkelt, häufig mit auffälligem Lochmuster. Die, die Großmütter, meine zum Beispiel, so gern zum Zeitvertreib für die Sessel und Sofas der Verwandtschaft herstellen.«
    Plötzlich habe ich ein Bild vor Augen: gelbe und grüne Karrees im Wechsel. »Oh ja, ich erinnere mich. Meine Mutter hat auch so eine Decke gehäkelt. Ich habe den Sinn von dem Ding nie recht verstanden, denn warmgehalten hat es einen nicht.«
    David zögert, sagt dann aber schließlich: »Nein, warmgehalten wird man nicht.« Er spricht leise, seine Stimme klingt traurig.
    Ehe die Trauer in seinem Gesicht sichtbar wird, wende ich mich ab. Die Tatsache, dass er ein Leben ohne Elizabeth für eine Häkeldecke mit Lochmuster hält, gibt mir einen Stich mitten ins Herz. Eigentlich sollte mir das nicht bei mehr als einem Mann passieren.
    In diesem Moment klingelt mein Handy. Der Nummer nach ruft jemand aus dem Sender an.
    »Hallo? Ciara hier.«
    »Was machst du gerade?«
    Reginas ausdruckslose Stimme und ihre abgehackte Sprechweise erkenne ich sofort. »Ich habe mir mit David zusammen das Spiel angesehen, aber …«
    »Fußball?«
    »Hä?«
    »Ach, dann Football?«
    »Ja, klar, Football, NFL.«
    Regina schnaubt. »Shane meint, in D. C. gibt’s noch ’ne Hardcore-Szene.«
    »Ähm, ja, aha.« Mir schwirrt ein wenig der Kopf davon, wie schnell Regina von Sport auf Punk umschaltet.
    »Wenn er ›noch‹ sagt, was meint er denn dann: heute oder in den Neunzigern?«
    »Ich nehme an, heute.«
    »Okay. Du kannst mich in einer halben Stunde auflesen.«
    Sie will mit mir zusammen in einen Club? Wir sind nie – und ich meine nie – durch die Clubs gezogen. »Gilt das nur heute oder kann ich später noch auf dein Angebot zurückkommen?«
    »Gilt nur heute Abend.«
    »Aber ich muss noch lernen!«
    »Wirf die Scheiß-Bücher ins nächste Feuer!«
    »Wie bitte?!«
    »Du hast noch neunundzwanzig Minuten. Und zieh dich nicht zu scheiße an, okay?«
    »Wow, du siehst aus wie eine Punk-Barbie!«, meint Regina, als sie am Sender in mein Auto steigt. Ehe ich etwas entgegnen kann, schiebt sie eine Kassette in den Rekorder von Elizabeths … von meinem Mercedes. Mitten in einem Song mit zornig schnell und hart gespielter, kreischender Gitarre und treibendem Bass und Schlagzeug beginnt der Rekorder, die Kassette abzuspielen.
    »Minor Threat!«, brüllt Regina mir zu, um die Lautstärke der Musik zu übertönen.
    »Aha!«, brülle ich zurück.
    Das sind die letzten Worte, die wir auf unserer Fahrt in die Hauptstadt unserer Nation wechseln (zumindest meiner Nation, denn Regina ist meines Wissens immer noch Kanadierin). Wenigstens singt Regina die Songs nicht mit. Sie hat den Ellbogen auf den Fensterrahmen der Beifahrertür gelegt und das Kinn gegen die Faust gestützt. Kaum wahrnehmbar nickt sie im Takt, und ihre Lippen formen unhörbar Worte. Aber ihr Blick geht starr hinaus durch die Windschutzscheibe. Sie schaut nicht ein einziges Mal zu mir herüber. Offenkundig bin ich nicht mehr für sie als ein praktischerweise zur Verfügung stehender Chauffeur.
    Vielleicht ist sie ja enttäuscht, dass sich mein Outfit kaum dazu eignet, sich darüber lustig zu machen. Ganz eindeutig hat sie vergessen, dass jemand wie ich, bewandert im Trickbetrug, sich an jede Situation anzupassen versteht. Ich trage ein bauchfreies T-Shirt, das in kräftigem Rot auf Schwarz verkündet: ALLES SCHEIßE. Der dazu passende kurze Rock ist mit Totenschädeln gemustert, und die schwarzen Leggings haben Löcher und Risse an genau den richtigen Stellen. Meine Springer aus dem Second-Hand-Laden waren schon ab Werk zerkratzt.

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