VAMPIRE SOULS - Böses Blut: Roman (German Edition)
Sekten-Ausstieg so zu durchlaufen hat. Ich kann Ihnen sagen, dass ich jede Menge über mich selbst gelernt habe.«
»Bestimmt.« Ich blicke auf die Uhr. »Ich würde gern mehr hören, aber …«
»Dann lassen Sie uns doch einen Kaffee trinken gehen.«
»Jetzt gleich?«
»Nun kommen Sie schon! Das wird nett. Der Laden hier hat ein kleines Café im Eingangsbereich.«
Mein Verstand durchwühlt sämtliche seiner Schubladen nach einer Ausrede und stößt dabei, oh Wunder!, auf die Wahrheit. »Ich muss mich noch auf meinen College-Kurs morgen vorbereiten.«
»Nun, an mir soll’s nicht liegen, wenn Sie nicht zum Lernen kommen, nein, wirklich nicht.« Er nimmt mir die Einkaufsliste aus der Hand und schreibt eine Adresse auf die Rückseite. »In absehbarer Zeit bin ich unter dieser Adresse zu erreichen. Es ist eine Art Übergangswohnheim für ehemalige Sektenmitglieder. Dort hat man ein Auge auf uns und sorgt dafür, dass wir nur Umgang mit den richtigen Leuten haben.« Abwehrend hebt er die Hand. »Keine Sorge – auch wenn Sie mit Monstern zusammenarbeiten, bekommen Sie einen Bonus dafür, dass Sie uns Gideon vom Hals geschafft haben!« Er beugt den Oberkörper vor und flüstert mir vertraulich zu: »Erzählen Sie doch bitte: Ist alles von ihm verschwunden oder nur sein Körper? Gerüchten zufolge bewahrt Ihr Boss Gideons Kopf in der Tiefkühltruhe auf.«
Mit einem Schritt rückwärts bringe ich wieder Distanz zwischen uns. »Ähm, wir sollten uns die ganze Geschichte für ein anderes Mal aufheben.« Beispielsweise, wenn in der Hölle Drittelpause beim Eishockey ist.
»Okay, Ciara.« Ned legt seine Hand ganz nah neben meine auf den Griff meines Einkaufswagens. »Aber ich möchte Sie hier und jetzt bitten, uns bald anzurufen, bevor es zu spät ist.«
»Zu spät für was?«
Neds Gesicht verdüstert sich. »Zu spät, um Ihre unsterbliche Seele vor der Hölle zu retten.«
Im sogenannten Café im Eingangsbereich des Discounters sind alle Stühle mit den orangeroten Plastiktischen verschraubt – als könnte allen Ernstes jemand auf die Idee kommen, sie mitgehen zu lassen.
»Dann erzählen Sie schon«, fordere ich Ned mit einem ermutigenden Lächeln auf, »wie sind Sie auf diese Organisation gestoßen?« Natürlich kann die Erwähnung der Hölle – das letzte Mal ist mir dieses Wort auf zwei rot beschmierten Schildern begegnet – ein Zufall sein, bloße Duplizität der Ereignisse. Aber es könnte auch eine handfeste Verbindung zu den Bekloppten sein, die den Sender zu rösten versucht haben. In jedem Fall ist es die wenigen Minuten Zeit wert, die ich mit Ned brauche, um das herauszufinden.
»Mein jüngerer Bruder ist einer der führenden Köpfe der Organisation«, antwortet Ned. »Nach der Razzia, die die Liga auf Gideons Ranch durchgeführt hat, hat man diejenigen unter uns, die Gideon und seinen drei Abkömmlingen verfallen waren, weggebracht.« Ned senkt die Stimme. »Nach Gideons und Lawrences Tod und Jacobs und Wallaces Verhaftung wäre es zu schmerzhaft für uns gewesen, dort zu bleiben.«
Ich nicke. Lanham hatte uns damals erklärt, die Liga habe die Aufsicht über die Ranch übernommen, anstatt das ganze Nest auszuheben und die sogenannte Zuflucht zu schließen. Die Liga war zu der Ansicht gelangt, von den zwei Dutzend alter Vampire gehe an einem Ort, wo sie überwacht werden könnten, weniger Gefahr aus, als wenn sie sich auf der Suche nach Nahrung auf den Straßen und in der Umgebung herumgetrieben hätten. Pragmatiker bis in die Haarspitzen, diese Liga-Leute. Ich muss zugeben, dass ich so viel Pragmatismus durchaus bewundere.
»Wie viele der … ähm, Gäste sind denn in der Zuflucht geblieben?«
Traurig schüttelt Ned den Kopf. »Wir haben uns tatsächlich so genannt, nicht wahr, ›Gäste‹! Aber in Wirklichkeit waren wir schlicht und einfach Gefangene. Wandelnde Blutbanken.«
»Aber letzten Sommer haben Sie mir versichert, die Vampire täten Ihnen nicht weh. Dass Sie medizinisch versorgt würden, Obdach hätten, anständig zu essen bekämen. Selbst eine Schule für die Kinder gebe es. Sie haben gesagt, es wäre ganz genau wie in einer Kommune.«
»Damals war ich in der Verleugnungsphase. Ich wollte Sie, Ciara, unbedingt beeindrucken, Sie davon überzeugen, zu bleiben. Ihnen zeigen, dass wir alle geistig gesund und Herr unserer Entscheidungen wären. Ganz so, wie man mir das aufgetragen hatte.« Verlegen lächelt Ned mir zu. »Ich habe Sie nicht täuschen können, nicht wahr?«
»Sie waren
Weitere Kostenlose Bücher