Vampire trinken ex
ein großer
Fehler. Mein Herz vergaß einen Moment weiterzuschlagen, und ich stand wie
erfroren.
In die ägyptische Finsternis
hinein glomm jetzt das Licht einer schwachen Birne — gerade hell genug, daß ich
die grausigen Gestalten erkennen konnte, die mich in der schier bis ins
Unendliche reichenden Gruft erwarteten. Etwa zwei Meter entfernt von der
Stelle, wo ich stehengeblieben war, wartete die nächststehende Gestalt, die
Arme nach mir ausgestreckt, bereit, sich auf mich zu stürzen. Die riesigen,
glühenden Augen glänzten in unirdischem Schein, und die widerlichen Fänge, die
zu beiden Seiten des Mundes hervorragten, ließen keinen Zweifel daran, was
dieses gräßliche Geschöpf im Schilde führte. Es trug
einen altmodischen Smoking mit steifem Kragen und ein langes, schwarzes Cape,
lässig über die Schultern geworfen.
Ich hörte ein schwaches dünnes
Wimmern und brauchte eine Weile, mir bewußt zu werden, daß es aus meinem
eigenen Munde drang. Der Vampir wartete zusammengekauert. Warum schlug er nicht
zu? fragte jener Teil meines Gehirns, der nicht erstarrt war. Dann schluckte
ich krampfhaft, und es gelang mir, das Wimmern zu unterdrücken, als mir
auffiel, daß das grauenhafte Gesicht einen vertrauten Zug hatte. Es besaß
unverkennbare Ähnlichkeit mit Horace Chase. Mit einer übermenschlichen
Willensanstrengung streckte ich langsam einen Arm aus und berührte das Gesicht.
Der Kopf blieb reglos, die großen Fänge schnappten nicht nach mir. Es war eine
Wachsfigur!
Trotzdem dauerte es eine ganze
Weile, ehe ich den Mut fand, tiefer in den Keller einzudringen, an dem
kauernden Vampir vorbeizuhuschen . Die nächste Figur
war eine Mumie, und allem Anschein nach war ihr Kopf schon teilweise in
Verwesung übergegangen, als sie wieder ins Leben zurückgerufen worden war. Die
Spuren teilweiser Verwesung verliehen jenen Gesichtspartien, von denen noch
etwas übrig war, einen ganz einzigartigen Charme. Das Wesen hatte
beispielsweise nur ein mißgestaltetes Auge, das aus
der Mitte der eingedrückten Stirn hervorquoll; die Nase war verschwunden, an
ihrer Stelle klaffte nur noch ein dunkles Loch; die Lippen enthüllten vier
gelbliche Zahnstummel; Kinn hatte das Gesicht keines.
Ich marschierte tapfer weiter,
obwohl mir eiskalte Schauder über den Rücken jagten. Die Zähne mußte ich fest
aufeinanderbeißen, um sie am Klappern zu hindern. Weitere Figuren säumten den
Weg — die meisten von ihnen Dinge, die jeder Beschreibung spotteten. Ich
begegnete einem Werwolf im Frack. Er war offensichtlich mitten in der
Verwandlung festgehalten worden. Der Wolfskopf mit dem weit aufgerissenen Maul,
in dem riesige, spitze Zähne standen, war furchteinflößend. Ebenso die haarigen
Pfoten, die unter den blühend weißen Manschetten eines seidenen Hemdes
hervorsahen und fest den Hals des unglücklichen Opfers umklammerten.
Das unglückliche Opfer war ein
junges Mädchen in einem langen, fließend weißen Kleid. Sein Gesicht war
entstellt von Schreck und Entsetzen, während es von dem Werwolf erbarmungslos
zu Tode gewürgt wurde. Die Augen waren weit aufgerissen, das seidig
schimmernde, schwarze Haar wallte bis zur Taille. Sie war der Inbegriff aller
Chase-Opfer — jung, betont feminin und abgesehen vom Busen zart und zerbrechlich.
Als meine Augen sich an das
düstere Licht gewöhnt hatten, sah ich, daß die Wände mit Fotografien aus seinen
alten Filmen bepflastert waren. Sie waren durchweg zu Plakatformat vergrößert,
und jedes stellte einen Höhepunkt von Schrecken und Gewalt dar. Der Vampir, der
eben seine Fänge in den Hals seines hilflosen Opfers senkte, war eines der
harmloseren Beispiele.
Am hinteren Ende des Kellers
stand ein Filmprojektor auf einem Tisch. Eine Filmspule war bereits
eingespannt. Jenseits befand sich eine große Leinwand, und der Raum zwischen
Tisch und Leinwand wurde von einem halben Dutzend leerer Stühle eingenommen.
Die Versuchung war zu groß. Ich schaltete den Projektor ein und hörte aus
verborgenen Lautsprechern ein gedämpftes Summen, als der Film zu laufen begann.
Der Film war schlecht
beleuchtet, und anfangs war es mir beinahe unmöglich festzustellen, was ich mir
da eigentlich ansah. Das Gebilde, das ich erkennen konnte, erinnerte mich vage
an ein Spinnennetz. In seiner Mitte zitterte eine weiße, amorphe Masse, die ich
für die Spinne selbst hielt. Die Fäden, die sich strahlenförmig von der Mitte
auseinanderzogen, erschienen mir zu dick und zu schwer, als daß sie die Webfäden eines
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