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Vampire trinken ex

Vampire trinken ex

Titel: Vampire trinken ex Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carter Brown
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gleich dem unbeschreiblich grausigen Zerrbild eines Menschen
gegenüberstehen würde. Ich wartete, um die musikalische Untermalung zum
dräuenden Crescendo anwachsen zu hören, doch statt dessen öffnete sich vor mir die Tür.
    Die schier undurchdringliche
Düsternis draußen ließ die trübe erleuchtete Halle wesentlich heller
erscheinen. Chastity trug immer noch das lose,
schwarze Gewand, und es war noch so undurchsichtig wie am Nachmittag. Sie riß
die großen Augen auf und starrte mich einem Moment lang stumm an.
    »Sie sind es«, sagte sie dann
langsam. »Sie haben mich vielleicht erschreckt. Um diese Zeit noch zu läuten!
Und falls Sie mit Großvater sprechen wollen, muß ich Sie leider enttäuschen .«
    »Er wurde durstig«, sagte ich,
»und fliegt jetzt auf der Suche nach Menschenblut durch die Nacht ?«
    »Sehr komisch«, versetzte sie
eisig. »Er ist gerade einmal wieder ausgefahren. Mit dem Auto. Das tut er oft.
Plötzlich geht ihm das Haus auf die Nerven, und er fährt einfach davon. Er sagt
mir nie, wohin er fährt oder wann er zurück sein wird .«
    »Es macht Ihnen nichts aus,
ganz allein hierbleiben zu müssen ?«
    »Och«, erwiderte sie und zuckte
dann die Achseln. »Aber wen interessiert das schon ?«
    »Ich habe mich eben mit Scott
Rolfe unterhalten«, erklärte ich. »Er meinte, ich sollte mir einmal den Keller
ansehen .«
    »Den Keller?« Sie zwinkerte.
»Wozu denn das?«
    »Eine gute Frage«, erwiderte
ich. »Wenn sie mir gestatten, mich umzusehen, kann ich sie Ihnen vielleicht
beantworten .«
    »Kommen Sie herein .« Sie öffnete die Tür weiter, und ich trat in die
Empfangshalle.
    Sorgsam schloß sie die Tür
hinter mir.
    »Da unten haben doch die
Zusammenkünfte am Donnerstagabend stattgefunden, nicht wahr ?« fragte ich.
    Sie nickte. »Großvater hat
seine Filme und einen Projektor unten .«
    »Einen anderen Grund, sich in
den Keller zu setzen, gab es nicht ?«
    »Nicht daß ich wüßte .« Ihre Augen drückten Unruhe aus. »Worauf wollen Sie eigentlich
hinaus ?«
    »Rolfe sagte, der Keller besäße
eine ganz eigenartige Atmosphäre. Ich glaube das unbesehen. Macht es Ihnen
etwas aus, wenn ich mich einmal kurz umsehe ?«
    »Keineswegs«, antwortete sie.
»Aber Sie erwarten hoffentlich nicht, daß ich Ihnen Gesellschaft leiste .«
    »Haben Sie Angst ?«
    »Ja«, gestand sie. »Es kommt
wahrscheinlich daher, daß Großvater da unten seine Erinnerungsstücke
aufbewahrt. Ich stelle mir das ziemlich gruselig vor, besonders um diese Zeit .«
    »Mir scheint, Sie halten mich
für einen ausgesprochen unerschrockenen Menschen«, meinte ich. »Wie kommt es da
nur, daß ich jetzt schon Schmetterlinge im Bauch habe ?«
    »Keine Angst«, tröstete sie
mich gelassen. »Ich werde sofort Hilfe holen, wenn Sie schreien. Aber schreien
Sie laut, damit ich Sie aus diesen Tiefen auch wirklich höre .«
    Sie drehte sich um und ging
voraus. Ich folgte ihr und wurde ein wenig zuversichtlicher, da sie
unverkennbar auf die Küche zusteuerte; ein harter Drink war genau das, was ich
vor dem Besuch im Keller brauchte. Hinter der Wendeltreppe blieb Chastity plötzlich stehen. Trotz der trüben Beleuchtung sah
ich den Türknauf, der in die Holztäfelung eingelassen war. Chastity drehte ihn, und eine Tür öffnete sich. Sie knipste Licht an, so trübe wie das
in der Halle, und ich konnte eine steile Treppe sehen, die an einer klammen
Mauer entlang in die Tiefe führte. Sie machte eine weitausholende Handbewegung,
die wie eine freundliche Aufforderung an mich wirkte, in mein Grab
hinunterzusteigen.
    »Wenn Sie unten angekommen
sind, werden Sie einen weiteren Lichtschalter finden«, bemerkte sie. »Ich warte
in der Küche auf Sie .« Ihre Stimme klang aufreizend
munter. »Ich mixe Ihnen gleich etwas zu trinken. Das werden Sie bestimmt
gebrauchen können, wenn Sie wieder heraufkommen .«
    »Tausend Dank«, knurrte ich
sarkastisch.
    Raschen Schrittes entfernte sie
sich in Richtung Küche und verschwand viel zu schnell aus meinem Blickfeld. Es
blieb mir also nichts weiter übrig, als den ersten, furchtsamen Schritt in den
Keller hinunter zu tun. Als ich die unterste Stufe erreicht hatte, stand eines
für mich fest: Chastity hatte nicht gescherzt, als
sie mich darauf aufmerksam gemacht hatte, wie tief es in den Keller
hinunterging. Ich hatte siebenundzwanzig Stufen gezählt, und jede davon war
mindestens vierzig Zentimeter hoch. Meine suchenden Finger fanden den
Lichtschalter an der Mauer neben mir, und ich drückte ihn. Das war

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