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Vampire's Kiss

Vampire's Kiss

Titel: Vampire's Kiss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronica Wolff
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aus, meine Kleine. Es gibt Tausende von Inseln in der Nordsee, und vor uns liegen noch viele Stunden Fahrt. Du wirst den Schlaf brauchen. Auf dich wartet harte Arbeit.«
    Ich wollte nicht unter Deck gehen, aber Alcántara war es nicht gewohnt, dass man ihm widersprach. Deshalb nickte ich nur stumm und tastete mich auf der Suche nach einer Pritsche die wacklige Treppe hinunter.
    Mir wurde schlagartig klar, warum Alcántara die lästige Helligkeit an Deck freiwillig auf sich nahm. Der Gestank im Bauch des Schiffes trieb mir die Tränen in die Augen, und das Stampfen aus dem Maschinenraum war so laut, dass es jeden klaren Gedanken aus meinem Gehirn verscheuchte.
    Aber er hatte recht. Wenn ich mein Spiel gewinnen wollte, brauchte ich den Schlaf. Ich rollte mich auf einer dünnen Matratze zusammen, schob die muffige Decke ans Fußende der schmalen Koje und döste wie durch ein Wunder ein.
    Eine plötzliche Stille weckte mich. Ich setzte mich auf und stellte fest, dass die Fischer die Maschine ausgeschaltet hatten. Nur das Klatschen der Wellen drang an meine Ohren, die noch vom Lärm des Schiffsmotors dröhnten.
    Ich ging nach oben und sah, dass sich die Männer Alcántara mit gesenktem Blick näherten und eine knappe Frage stellten. Allerdings benutzten sie einen so rauen, verschliffenen Dialekt, dass ich kein Wort verstand.
    Alcántara nickte und erhob sich. Ich schloss daraus, dass sie sich erkundigt hatten, ob sie uns hier absetzen sollten.
    Ich schaute mich um. Wir befanden uns in einem grauen Nichts, mit der Andeutung eines dunkleren Schattens am Horizont – Land in der Ferne.
    Der Vampir las meine Gedanken. »Von hier aus benutzen wir ein Ruderboot. Wir können nicht riskieren, dass uns jemand hört oder sieht.«
    Die Fischer ließen ein verrottetes altes Dingi ins Wasser. Ich hatte geglaubt, die See sei ruhig, aber das kleine Boot wurde von den Wellen hin und her geworfen und begann heftig zu schaukeln. Ich biss die Zähne zusammen und atmete durch die Nase. Ich war noch nie seekrank gewesen und hoffte, dass sich das nicht ausgerechnet jetzt ändern würde.
    »Los, Acari.« Alcántaras scharfer Tonfall duldete kein Zaudern.
    Mir blieb keine andere Wahl, als ihm zu folgen, und so kletterte ich an einer Strickleiter in das Boot hinunter. Er griff bereits nach den Rudern, während ich auf der Bank ihm gegenüber Platz nahm. Die Kapuze hing ihm tief ins Gesicht, und ich musste unwillkürlich an Fährmann Charon aus der griechischen Mythologie denken, der die Toten über den Fluss Styx zum Hades ruderte.
    Als wir uns dem Ufer näherten, war ich froh, dass wir unsere Reise bei hellem Tageslicht angetreten hatten. Ich sah einen Hügelkamm, von dem die Umrisse eines gespenstischen Steinbaus aufragten. Er wirkte düster und gedrungen, aber eher wie eine kleine Kapelle.
    »Das also ist das Kloster?«
    Er schüttelte den Kopf. »Es wäre viel zu gewagt, in seiner unmittelbaren Nähe an Land zu gehen. Das Kloster befindet sich auf der anderen Seite der Insel. Das hier ist nur der Karner.«
    Ich sah ihn verständnislos an. Es kam nicht oft vor, dass ich auf ein völlig unbekanntes Wort stieß.
    »Ein Beinhaus«, erklärte er. »Wo die Knochen und Schädel von längst Verstorbenen aufbewahrt werden.«
    »Ach so.« Ich schnitt eine Grimasse, während ich das alte Bauwerk genauer studierte. Und ich hatte unsere Steinsäulen für unheimlich gehalten.
    Als ich mich wieder Alcántara zuwandte, ertappte ich ihn dabei, dass er mich beobachtete. Er ruderte mit kräftigen, gleichmäßigen Bewegungen, die mir ins Gedächtnis riefen, wie stark er eigentlich war. Er lächelte mir zu, als könne er meine Gedanken lesen – was ihm wohl nicht allzu schwer fiel. Er hatte im Laufe der Jahrhunderte sicher mitbekommen, wie anziehend er als Mann wirkte.
    Sein Blick wanderte wieder zum Hügelkamm. Wolken zogen von Osten herein und warfen dramatische Schatten über den Steinbau. »Es war früher üblich, dass Mönche Karner errichteten«, sagte er. »Solche Stätten dienten dazu, sie an ihre Sterblichkeit zu erinnern.«
    »Oder an ihre Macht«, warf ich ein.
    Alcántara warf mir einen nachdenklichen Blick zu. »Vielleicht.«
    Wir landeten auf der Insel. Ihrer Insel. Die sich genau genommen kaum von unserer Insel unterschied. Das Boot erreichte einen winzigen Uferstreifen, der bei Flut vermutlich unter Wasser stand.
    Ich schickte mich an, aus dem Boot zu klettern, aber Alcántara erwies sich als erstaunlicher Gentleman. Er hielt mich zurück, sprang

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