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Vampirgeflüster

Vampirgeflüster

Titel: Vampirgeflüster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlaine Harris
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Augen auf mich. »Ich habe andere Sorgen. Dass er sie ermordet hat, glaube ich auch nicht.«
    Es war klar, dass ich mir seiner Ansicht nach etwas zu viele Sorgen wegen Jason machte und etwas zu wenig über das eigentliche Problem, den Tod seiner Nichte. Und es war auch klar, dass ihm das nicht gefiel. Seine Gefühle musste ich respektieren, also hielt ich den Mund.
    Tanya ergriff seine Hände, mit Krallen und allem. »Lassen sie dich nachher zu ihr?«, fragte sie, ohne den Blick auch nur einmal von Calvins Gesicht zu wenden. Ich hätte genauso gut nicht da sein können.
    »Wenn sie die Leiche herunterholen«, erwiderte er.
    Es wäre großartig, wenn Calvin den Täter identifizieren könnte. Gott sei Dank waren die Wergeschöpfe an die Öffentlichkeit getreten. Aber... genau das war vielleicht der Grund, warum Crystal ermordet worden war.
    »Glaubst du, dass du noch eine Fährte aufnehmen kannst?«, fragte Tanya. Sie sprach leise, aber nachdrücklich. Sie war ernster, als ich sie je bei unseren gelegentlichen Treffen gesehen hatte. Sie schloss Calvin in die Arme, und obwohl er kein großer Mann war, reichte sie ihm nur bis an die Schulter. Sie sah zu ihm auf.
    »Es werden Hunderte von Fährten sein, nachdem all diese Leute sie angefasst haben. Ich kann nur versuchen, die alle zuzuordnen. Wenn ich bloß als Erster hier gewesen wäre.« Er hielt sich an Tanya fest, als brauche er eine Stütze.
    Jason stand etwa einen Meter entfernt und wartete darauf, dass Calvin ihn wahrnahm. Stocksteif und mit erstarrter Miene stand er da. Als Calvin über Tanyas Schulter blickte und Jason schließlich sah, herrschte einen Augenblick lang ein schreckliches Schweigen.
    Keine Ahnung, wie Tanya reagierte, aber in meinem Körper zitterte jeder einzelne Muskel vor Anspannung. Ganz langsam streckte Calvin Jason eine Hand entgegen. Es war wieder eine Menschenhand, doch sie wirkte geschunden. Die Haut war zerkratzt, und einer der Finger war leicht verkrümmt.
    Das hatte ich getan. Ich hatte bei Jasons Heirat als seine nächste Verwandte für ihn bürgen müssen, und Calvin hatte für Crystal gebürgt. Und nachdem Jason uns zu Zeugen von Crystals Untreue gemacht hatte, mussten wir als ihre Bürgen an die Stelle der beiden treten, als die Strafe verkündet wurde: die Verstümmelung eines Fingers oder einer Kralle. Und so hatte ich Calvin Norris mit einem Ziegelstein den Finger brechen müssen. Mein Verhältnis zu Jason war seitdem nicht mehr dasselbe.
    Jason verbeugte sich und leckte Calvin den Handrücken, um seine Unterwürfigkeit zu unterstreichen. Er wirkte peinlich berührt, denn das Ritual war noch neu für ihn. Ich hielt den Atem an. Jasons Blick ruhte fest auf Calvins Gesicht. Erst als Calvin nickte, entspannten wir uns alle. Er akzeptierte Jasons Ehrerbietung.
    »Du wirst bei der Jagd dabei sein«, sagte Calvin, als hätte Jason ihn um etwas gebeten.
    »Vielen Dank«, erwiderte Jason, dann zog er sich zurück. Als er sich schon ein Stück entfernt hatte, sagte er noch: »Ich möchte sie begraben.«
    »Wir alle werden sie begraben«, sagte Calvin. »Wenn die Polizei sie freigibt.« Seiner Stimme war nicht das geringste Entgegenkommen zu entnehmen.
    Jason zögerte einen Augenblick, dann nickte er.
    Calvin und Tanya stiegen in Calvins Pick-up und machten es sich bequem. Sie hatten offensichtlich vor, so lange zu warten, bis die Leiche vom Kreuz genommen war. Jason sagte: »Ich fahre nach Hause. Ich kann hier nicht bleiben.« Er schien beinahe benommen.
    »Okay«, erwiderte ich.
    »Willst du ... hast du vor, hier zu warten?«
    »Ja, ich bin fürs Merlotte's verantwortlich, solange Sam weg ist.«
    »Er hat 'ne Menge Vertrauen in dich«, sagte Jason.
    Ich nickte. Ich sollte mich geehrt fühlen. Ich fühlte mich geehrt.
    »Stimmt es, dass sein Stiefvater auf seine Mutter geschossen hat? Hab ich gestern Abend im Bayou gehört.«
    »Ja«, sagte ich. »Er wusste nicht, dass Sams Mutter eine, na ja, eben eine Gestaltwandlerin ist.«
    Jason schüttelte den Kopf. »Dieses Coming-out. Ich weiß nicht, ob das wirklich so 'ne gute Idee war. Sams Mutter angeschossen. Crystal tot. Irgendwer, der wusste, was sie war, hat sie da dran genagelt, Sookie. Ich bin vielleicht der Nächste. Oder Calvin. Oder Tray Dawson. Oder Alcide. Vielleicht bringen sie uns alle um.«
    Ich wollte schon erwidern, dass so was nicht geschehen könne, dass die Leute, die ich kannte, sich nicht wegen deren Herkunft gegen ihre Freunde und Nachbarn wenden würden. Aber dann sprach

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