Vampirgeflüster
Quinn stieß Bill mit all seiner Kraft von sich. Und Bill donnerte mit einer solchen Wucht in mich hinein, dass es mich regelrecht um einige Zentimeter vom Boden hob - ehe ich mit einem lauten Krachen wieder aufschlug.
Kapitel 10
Kaltes Wasser lief mir über Gesicht und Nacken. Ich spuckte und hustete, als etwas in meinen Mund rann.
»Zu viel?«, fragte eine Stimme streng, und als ich eins meiner Augen öffnete, sah ich Eric. Wir waren in meinem Schlafzimmer, und nur das Licht im Badezimmer brannte.
»Genug«, sagte ich. Die Matratze bewegte sich, als Eric aufstand, um den Waschlappen ins Badezimmer zu bringen. Doch schon in der nächsten Sekunde war er mit einem Handtuch wieder da und tupfte mir Gesicht und Nacken ab. Mein Kissen war feucht, aber ich beschloss, mir darüber keine Gedanken zu machen. Es wurde kühl im Haus, jetzt, nach Sonnenuntergang, und ich lag nur in Unterwäsche da. »Mir ist kalt«, sagte ich. »Wo sind meine Sachen?«
»Schmutzig«, erwiderte Eric. Am Fußende des Bettes lag die Überdecke, und mit der deckte er mich zu. Er drehte mir einen Moment den Rücken zu, und ich hörte, wie seine Schuhe zu Boden fielen. Und dann legte er sich zu mir unter die Decke, aufgestützt auf einen Ellenbogen. Er sah auf mich hinunter, und weil er das Licht aus dem Badezimmer im Rücken hatte, konnte ich seinen Gesichtsausdruck nicht erkennen. »Liebst du ihn?«, fragte er.
»Leben sie noch?« Es war doch sinnlos, mir zu überlegen, ob ich Quinn noch liebte, wenn er tot war, oder? Vielleicht meinte Eric aber auch Bill. Ich konnte es einfach nicht sagen. Was mir ein wenig seltsam vorkam.
»Quinn ist mit ein paar gebrochenen Rippen und einem gebrochenen Kiefer wieder abgefahren«, erzählte Eric in ziemlich sachlichem Ton. »Und Bills Wunden verheilen heute Nacht, wenn sie nicht schon längst wieder zu sind.«
Ich dachte kurz nach. »Du hattest vermutlich etwas damit zu tun, dass Bill hier war?«
»Ich wusste, dass Quinn meine Entscheidung missachten würde. Er wurde etwa eine halbe Autostunde von meinem Bezirk entfernt gesichtet. Und Bill war der Vampir, der am nächsten an deinem Haus dran war. Seine Aufgabe war es, dafür zu sorgen, dass du nicht belästigt wirst, solange ich auf dem Weg hierher war. Er hat seine Aufgabe wohl etwas zu ernst genommen. Es tut mir leid, dass du verletzt wurdest«, sagte Eric in steifem Ton. Er war es nicht gewöhnt, sich zu entschuldigen, und ich lächelte in die Dunkelheit. Es war mir fast unmöglich, Angst zu empfinden, stellte ich seltsam distanziert fest. Eigentlich hätte ich doch aufgebracht und wütend sein müssen, oder?
»Sie haben ihren Kampf hoffentlich eingestellt, als ich auf den Boden schlug?«
»Ja, dein Aufprall hat die... die Rauferei beendet.«
»Und Quinn konnte noch selbst fahren?« Ich fuhr mir mit der Zunge durch den Mund, der komisch schmeckte: irgendwie scharf und metallisch.
»Ja, konnte er. Ich habe ihm gesagt, dass ich mich um dich kümmere. Er wusste, dass er schon mit seinem Besuch hier bei dir zu viele Grenzen überschritten hatte. Ich hatte ihm schließlich verboten, meinen Bezirk zu betreten. Bill wollte sich nicht so schnell fügen, aber ich habe ihn gezwungen, nach Hause zu gehen.«
Typisches Sheriffverhalten. »Hast du mir von deinem Blut gegeben?«, fragte ich.
Eric nickte relativ beiläufig. »Du warst von dem Aufprall bewusstlos«, sagte er. »Und ich weiß, so etwas ist ernst. Ich wollte, dass es dir wieder besser geht. Denn es war meine Schuld.«
Ich seufzte. »Mr Präpotenz«, murmelte ich.
»Was heißt das? Das Wort kenne ich nicht.«
»Präpotent ist jemand, der meint, er wüsste immer, was für alle das Beste ist. Und er trifft Entscheidungen für andere, ohne sie zu fragen.« Okay, ich hatte die Erklärung vielleicht ein wenig auf eine bestimmte Person zugespitzt. Aber wen störte das schon?
»Dann bin ich präpotent«, sagte Eric ohne jede Scham. »Und ich bin auch sehr...« Er neigte den Kopf und küsste mich, langsam und genüsslich.
»Potent«, sagte ich.
»Genau«, erwiderte er und küsste mich gleich noch einmal. »Ich habe mich auf meine neuen Herren eingestellt und meine Autorität stabilisiert. Jetzt kann ich mein eigenes Leben führen. Und es wird Zeit, dass ich Anspruch erhebe auf das, was mein ist.«
Ich hatte mir vorgenommen, dass ich selbst eine Entscheidung treffe, egal, wie stark Eric und ich durch die Blutsbande verbunden waren. Schließlich hatte ich noch einen freien Willen. Aber
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