Vampirherz
und auch ihr Herzschlag beschleunigte sich. Ängstlich drehte sie sich um und erstarrte. Im silbernen Mondlicht sah sie eine riesige Gestalt vor sich stehen. Es war ein Wolf, der gierig die langen dolchartigen Reißzähne fletschte. Seine Augen waren schmal und gelblich, und er stand aufrecht vor ihr. Als er sich näherte, kam Leben in Dana. Voller Panik schreiend rannte sie los, ohne darauf zu achten, wohin sie lief. Schon setzte der Wolf zum Sprung an. Was für riesige, bedrohliche Zähne er hatte! Und er riss sie mit Leichtigkeit um. Sie spürte einen heftigen Schmerz an der Schulter. Sollte das wirklich schon das Ende sein? Alles verschwamm vor ihren Augen, und das einzige, was Dana noch mitbekam, war ein schreckliches Pfeifen dicht an ihrem Ohr, bevor sie das Bewusstsein verlor. Als Dana wieder zu sich kam, blickte sie direkt in zwei langgezogene, meerblaue Augen, die sie mit einer Mischung aus Besorgnis und Ärger ansahen. Francis! Ausgerechnet er hatte sie gerettet. So würde sie ihn wenigstens nicht mehr lange suchen müssen. Als sie den Kopf drehte, sah sie den riesigen Wolf reglos neben sich liegen. Mühsam richtete sie sich auf. Ihre Stirn brannte, ihre rechte Schulter schmerzte höllisch und ihre Knie fühlten sich ziemlich aufgeschürft an.
„Was – was war das?“ Ihre Stimme zitterte noch immer so stark, dass sie nur mit Mühe sprechen konnte.
„Das war ein Werwolf. War nicht gerade der beste Augenblick, in die Schattenwelt zu kommen, Dana“ antwortete er.
Er steckte seine Pistole ein und half Dana auf die Beine.
„Hast du ihn getötet?“ Seine Lippen teilten sich zu einem Lächeln.
„Nein. Er ist nur betäubt. In ein paar Stunden wird er kein Werwolf mehr sein und zusehen, dass er nach Hause kommt.“
Schaudernd wandte Dana sich von dem Wolf ab. Hinter ein paar Bäumen sah sie die Rückleuchten des Taxis.
„Du hast mir das Leben gerettet. Danke“ sagte sie heiser.
Francis lächelte wieder zum Dahinschmelzen und setzte sich in Bewegung.
„Das ist mein Job.“
Dana runzelte erstaunt die Stirn. „Bist du dann so eine Art Polizist?“
„So ähnlich. Ich muss zusehen, dass die Vampire und die anderen Wesen der Nacht keinen Schaden anrichten, in eurer Welt und in unserer. Und gemeinsam mit den anderen Portalwächtern dafür sorgen, dass die Strigoi nicht durch das Portal in eure Welt gelangen können. Komm, lass uns zum Auto gehen.“
„Hast du noch Dienst?“ fragte Dana, als sie zum Taxi gingen.
Francis schüttelte den Kopf. „Meine Schicht ist zu Ende. Ich war gerade auf dem Weg nach Hause.“
„Da habe ich Glück gehabt, dass du noch rechtzeitig gekommen bist.“
Sie stiegen ein und Francis startete den Motor.
„Wie bist du eigentlich hier her gekommen? Die Portalwächter lassen schon sehr lange keine Menschen mehr durch das Hauptportal.“
„Damit.“
Dana griff in ihren Ausschnitt und holte das Schlüsselamulett hervor.
„Aha. Jetzt wird mir einiges klar. Und es muss wohl irgendetwas passiert sein, wenn du so plötzlich hier auftauchst?“ fragte er vorsichtig.
Dana atmete tief ein und kämpfte heftig mit den aufsteigenden Tränen.
„Die Therapie für Mama hat nicht angeschlagen. Francis, sie – sie geben ihr nur noch drei Monate!“
Mit einem hässlichen Geräusch soff der Motor ab. Entsetzt sah Francis sie an, und sein Blick öffnete sämtliche Schleusen.
„Francis, bitte, du musst mir helfen. Ich – ich will nicht, dass sie stirbt.“
Francis nahm ihre Hand in seine.
„Ich will dir gerne helfen, Dana. Ich kann dich zum Elysion bringen, aber ich weiß nicht, ob du ihm wirklich diesen Pflock aus dem Herzen ziehen kannst.“
„Aber er hat mir gesagt, dass ich es tun muss.“
Francis Augenbrauen schossen erstaunt nach oben. „Er hat es dir gesagt? Wie soll ich das verstehen?“
„Ich habe es geträumt. Na ja, ich weiß nicht, ob das wirklich ein Traum war. Aber er sagte mir, er habe zuletzt an mich gedacht und hat mir dann genau erklärt, wo ich das Amulett finde. Und ich habe es tatsächlich dort gefunden. Ich weiß immer noch nicht, wie so etwas möglich ist.“
Francis lächelte.
„Wenn ein Vampir mit einem Holzpflock gepfählt wurde, ist er lediglich bewegungsunfähig, aber seine Gedanken sind noch immer frei. Er hat deine Verzweiflung gespürt und hat Kontakt zu dir aufgenommen.“
Dana seufzte. „Ich würde am liebsten sofort aufbrechen.“
„Das wäre verdammt leichtsinnig. Der Weg zum Elysion führt durch das Territorium der Strigoi.
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