Vampirjagd: Roman (German Edition)
einzigen Satz.
Vanessa roch Jonny, bevor sie ihn sah. Er schwitzte in der Hitze und hätte dringend die Unterwäsche wechseln müssen. Daher war es für sie ein Leichtes, ihn zu beobachten. Eben saß er bei einem schräg gegenüberliegenden Haus auf dem Treppenabsatz und starrte zur Villa hinüber.
Es gelang Vanessa, bis auf wenige Meter an den bulligen Mann heranzukommen. Doch sie wusste nicht, wie sie weiter vorgehen sollte. Ihn hier mitten auf der Straße anzugreifen und zu töten, war unmöglich. Mit sich selbst uneins, weil sie sich von einer spontanen Eingebung dazu hatte verleiten lassen, das gastfreundliche Haus zu verlassen, überlegte sie bereits, ob sie dorthin zurückkehren solle.
Da zog Jonny sein Handy aus der Tasche und tippte eine Nummer ein. »Ich habe die Hütte zwei Stunden lang im Auge behalten und bekomme Hunger. Jetzt gehe ich erst mal was essen und melde mich dann wieder!«
Der Mann steckte das Handy ein und ging mit langen Schritten los. Aufatmend folgte Vanessa ihm und verhielt sich dabei so unauffällig, wie es ihr möglich war.
Jonny wollte eben eine Imbissstube betreten, da läutete sein Handy. Er öffnete es und fragte unfreundlich: »Was ist?«
Es meldete sich ein Mann, dessen Stimme die lauschende Vanessa sofort als die des Oberschurken Erwin identifizierte.
»Jonny, kannst du noch einmal in Bernis Büro gehen und dort alles an Unterlagen herausholen, was du dort findest? Ferdinand will die Geschäfte des Verblichenen in eigener Regie weiterführen.«
Jetzt schließt sich der Kreis, dachte sich Vanessa. Eine bessere Gelegenheit als in diesem Hinterhofbau würde sie nirgends bekommen. Sie roch, dass Jonny der Auftrag nicht gefiel. Immerhin waren sie, ihre Schwester und ihr Mann schon mehrere Tage verschwunden, und er musste damit rechnen, dass die Polizei bereits in dem Büro gewesen war und die Unterlagen beschlagnahmt hatte.
Trotz seiner Bedenken stiefelte Jonny zur U-Bahn-Station Schwedenplatz, fuhr bis zur Station Landstraße-Wien-Mitte und stieg dort in Richtung Stubentor um. Vanessa verzichtete auf den öffentlichen Personennahverkehr, lief in einem flotten Tempo los und erreichte die Biberstraße etwa zu dem Zeitpunkt, an dem Jonny am Stubentor die U-Bahn verließ.
Da sie keinen Schlüssel hatte, nutzte Vanessa die Tatsache, dass die Haustür wie so oft nur angelehnt war, stieg ein Stockwerk höher als ihre Bürotür und verbarg sich in einer dunklen Ecke. Nun musste sie nur noch warten, bis ihr Opfer in die Falle tappte.
7
Jonny war kein heuriger Hase und wollte daher nichts riskieren. Zunächst beobachtete er das Gebäude eine Zeit lang, ohne etwas Verdächtiges entdecken zu können. Erst nach einer Viertelstunde ging er auf das Haus zu, drückte die nur angelehnte Eingangstür auf und steckte den Nachschlüssel ein, mit dem Erwin und er schon zweimal in das Haus eingedrungen waren. Dafür zog er den Schlüsselbund aus der Tasche, den sie Berni abgenommen hatten.
Innen war alles ruhig. Trotzdem tat Jonny so, als hätte er ein anderes Ziel als Bernis Geschäftsräume, stieg ein Stockwerk höher und blieb dort stehen, um zu lauschen. Keine fünf Meter von ihm entfernt lehnte die Vampirin im Schatten an der Wand und atmete nicht einmal, um unentdeckt zu bleiben.
Als Jonny nach einer Weile zu der Überzeugung kam, dass ihm niemand in die Quere kommen würde, stieg er die Treppe wieder hinunter. An der Tür von Bernis Büro waren weder Spuren zu sehen, die auf ein gewaltsames Eindringen hindeuteten, noch ein Siegel der Polizei, das den Zutritt verbot.
Der Bandit bog die Lippen zu einem verächtlichen Grinsen. Die Polizei kümmerte sich um alles, nur nicht um das, was wichtig war. Zufrieden ging er auf die Tür zu und probierte die Schlüssel an Bernis Bund aus, bis er den richtigen gefunden hatte.
Als er in den Raum trat und die Tür hinter sich schließen wollte, wurde diese mit einer Kraft ganz aufgerissen, der er nichts entgegenzusetzen hatte. Jemand tauchte aus dem Halbdunkel des Flurs auf, versetzte ihm einen Stoß, der ihn gegen die gegenüberliegende Wand trieb, und drückte nun seinerseits die Tür ins Schloss.
Jonny rappelte sich auf und ging mit gesenktem Kopf auf sein Gegenüber los. Aber seine Schläge verpufften im Nichts. Sein Gegner wich schneller aus, als er hinblicken konnte, und schlug seinerseits zu.
Der Hieb traf Jonny wie ein Vorschlaghammer und trieb ihn zum zweiten Mal rückwärts gegen die Wand. Nun erst sah er, dass er eine attraktive Frau
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