Vampirjagd: Roman (German Edition)
vor sich hatte. Ihr Gesicht aber wirkte wie das einer gnadenlosen Rachegöttin.
Gegen ein Weibsstück wollte Jonny ganz bestimmt nicht verlieren. Daher raffte er sich auf und ging erneut zum Angriff über. Doch als er mit beiden Fäusten nach ihr stieß, tauchte seine Gegnerin mühelos unter den Schlägen hindurch.
Im nächsten Moment stand sie dicht vor ihm und sah ihn mit leuchtend roten Augen an, so als wolle sie ihn mit Blicken erdolchen. Ihre Lippen entblößten zwei Eckzähne, die ungewöhnlich lang und spitz waren. Bei diesem Anblick packte ihn Todesangst, und er erstarrte schier zur Salzsäule.
Vanessa schlug erneut zu, doch ihr Gegner versuchte nicht einmal mehr, sich zu wehren. Er kippte um, blieb auf Bernis verwaistem Schreibtisch liegen und wimmerte wie ein kleines Kind.
Jonnys Verhalten stellte Vanessa vor ein Rätsel. Immerhin war der Kerl muskelbepackt und Auseinandersetzungen mit den Fäusten gewohnt. Daher hatte sie erwartet, dass er sich bis zum letzten Atemzug wehren würde. Stattdessen lag er steif und regungslos vor ihr, und sie las schiere Panik in seinen Augen.
Sie hielt ihn fest und beugte sich über ihn, bis ihre Lippen seinen Hals berührten. Doch noch biss sie nicht zu. »Sag mir, wo ich Erwin finde und dein Gegenstück!«, befahl sie mit scharfer Stimme.
Jonny empfand ihre Worte wie einen Blitz, der ihm durch Mark und Bein schoss. Er wollte schreien, doch sein Mund entwickelte ein Eigenleben und verriet die Adresse der Wohnung, in der er zusammen mit Erwin und Rainer lebte.
»Warum habt ihr Berni und meine Schwester umgebracht?«
Erneut spürte Jonny ihre Frage wie einen Peitschenhieb. Dann drang ihre Frage zu ihm durch, und er riss die Augen auf. »Du bist Bernis Frau? Das kann nicht sein. Ich habe dich doch abgestochen!«
»Aber ich bin es!«, antwortete Vanessa mit leiser Stimme. »Ich habe den Stahl überlebt und bin aus den Flammen wiederauferstanden, um dich und deine Lumpenbande der gerechten Strafe zuzuführen.«
Sie sah die brennende Hütte vor sich, ihre Schwester, die die Kerle wie ein Stück Abfall über sie geworfen hatten, und glaubte noch einmal Stephanies Blut zu schmecken. In dem Augenblick drehte sie durch. Ihre Zähne gruben sich in Jonnys Hals, und sie spürte, wie ihr sein Blut entgegenströmte. Es schmeckte ekelhaft, doch der Hunger, den sie bisher kaum hatte stillen können, zwang sie zu saugen, bis der Mann unter ihr erschlaffte und in einer Schwärze versank, aus der es keine Wiederkehr gab.
8
Stela spürte, wie sie sich zu verwandeln begann, und streifte gerade noch rechtzeitig das hübsche Kleidchen ab, damit es nicht zerriss. Noch bevor sie ihre Tiergestalt vollständig angenommen hatte, schoss sie aus ihrem Zimmer und raste auf Daniela zu.
»Sie hat es wieder getan!«, rief sie ihrer großen Freundin auf lautlose Weise zu.
Daniela kämpfte noch gegen den Schock an, dass ein anderer Vampir sein Opfer gefunden hatte, und blickte im ersten Reflex nach oben. Als sie jedoch ihre magischen Fühler nach Vanessa ausstreckte, war diese verschwunden. »Das gibt es doch nicht! Wozu haben wir denn die ganzen Überwachungskameras im Garten?« Durch die Haustür hatte Vanessa nicht fliehen können, denn da hätte sie an ihr vorbeigehen müssen. Daher blieb nur der Garten.
Daniela eilte in den Raum, in dem die Bildschirme für die Kameras standen, und sah sich die Aufzeichnungen der letzten halben Stunde im Schnelldurchlauf an. Es war nichts darauf zu erkennen. Nur eine kurze Verdunklung wie ein Nebelstreif. Sie stoppte das Gerät und spulte es ein paar Sekunden zurück. An der Stelle, an der sie die Störung bemerkt hatte, war nichts als ein vorbeihuschender Schatten zu bemerken, zu schnell und zu undeutlich, um einen Alarm auszulösen. Dennoch war sie sich sicher, dass es sich dabei um Vanessa handeln musste.
»Aber wie gelingt ihr das?«, fragte sie niemand anderen als sich selbst.
Da schmiegte Stela sich an sie. »Ihr habt mich auch nicht gesehen, als ich aus dem Garten hinaus- und später wieder hereingekommen bin.«
»Das stimmt!« Daniela rieb sich über die Stirn. Wie es aussah, hatte die neue Vampirin spezielle Fähigkeiten, von der sie selbst nichts ahnte. Nun würde es eine lange und harte Jagd werden, bis sie Vanessa aufstöbern und gefangen setzen konnten.
»Wir müssen Dilia fragen, ob sie auch etwas mitbekommen hat!« Daniela rief sogleich ihre Freundin an.
Dilia meldete sich sofort. »Irgendetwas ist geschehen! Ich hatte vorhin ein ganz
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