Vampirjagd: Roman (German Edition)
fand, dass er nun ebenfalls einen Blutcocktail nötig hätte, und bediente sich. Währenddessen überlegten Daniela und Dilia, wie sie die Vollmondnacht ausnützen könnten, um den unbekannten Vampir zu entdecken.
10
Die nächste Ohrfeige war schlimmer als alle anderen zuvor. Stela flog gegen die Wand, und als sie wieder klar denken konnte, schmeckte sie Blut auf den Lippen. Voller Hass sah sie den Mann an, der sie und andere Kinder aus ihrer Heimat entführt hatte und sie zwang, für ihn zu betteln und zu stehlen.
»Reicht das, oder soll ich dir noch eine runterhauen?«, fragte er drohend.
Stela wich vor ihm zurück, bis sie mit dem Rücken gegen die Wand stieß.
»Morgen hast du hundert Euro zusammen, wenn ich dich abhole! Verstanden?«
»Aber die Leute geben nicht viel!« Sie weinte, denn an diesem Tag waren es nur zehn Euro gewesen. So weit konnte sie zählen, auch wenn sie das Kleinste der Kinder war, die sich seinem Willen unterordnen mussten.
»Wenn du es durch Betteln nicht zusammenkriegst, dann mach lange Finger! Lass dich aber nicht erwischen! Hier bringen sie dich in ein Heim, in dem sie dir die Haare abschneiden und dich mit einem Dutzend anderer Kinder in einen kahlen Raum sperren, wo ihr auf dem Fußboden schlafen müsst. Zu essen bekommt ihr nur ein Mal am Tag, und es ist nie genug, um davon satt zu werden.« Der Mann malte dem Mädchen und den anderen Kindern im Raum, die ihn mit angstvollen Augen anstarrten, ein Schreckensbild der Verhältnisse aus, die sie erwarteten, wenn sie den hiesigen Behörden in die Hände fielen.
Einige von ihnen stammten aus Heimen, in denen es tatsächlich so zugegangen war, und taten alles, um nicht noch einmal dorthin zu gelangen. Sie bettelten und stahlen und hielten auch still, wenn er sie in ein Haus brachte, in dem dicke, nach Schweiß stinkende Männer Dinge von ihnen verlangten, die ebenso beschämend wie schmerzhaft waren.
Stela war noch zu klein für solche Dienste, wusste aber, dass der Mann auch sie dorthin bringen würde, wenn sie länger in seiner Gewalt bliebe. Doch es nützte nichts, an eine ferne Zukunft zu denken. In der nächsten Nacht würde der Vollmond am Himmel stehen, und sie hatte weder ein Versteck noch die Möglichkeit, eines zu finden.
Das stimmt nicht, fuhr es ihr durch den Kopf. Sie musste sich nur von dem Platz wegschleichen, an den der Mann sie bringen würde, und sich ein Eckchen suchen, das ihr Unterschlupf bot. Doch was war, wenn sie den Herrn hinterher nicht mehr fand? Sollte sie auf eigene Faust betteln gehen? Wenn er sie dabei entdeckte, würde er sie totschlagen, so hatte er es ihnen allen angedroht.
Wie sie es auch drehen und wenden mochte, es gab keinen Ausweg aus dieser Situation. Aufgeben aber wollte Stela nicht, weil sie insgeheim hoffte, dass sich doch noch alles zum Guten wenden würde.
11
In dieser Nacht konnte Vanessa lange nicht einschlafen. Der Abend war grauenhaft gewesen, denn ihre Schwester hatte sich mit Berni angelegt und sich auch sonst von ihrer anstrengendsten Seite gezeigt. Über dem heftigen Streit hatte Vanessa die gekaufte Blutwurst ganz vergessen. Mit einem Mal erinnerte sie sich daran. Das Wasser lief ihr im Mund zusammen. Ein Blick auf die Uhr zeigte ihr, dass es knapp nach drei Uhr war. In gut drei Stunden würde sie aufstehen, ins Badezimmer gehen und anschließend Frühstück machen. Da sie sich wie erschlagen fühlte, überlegte sie, ob sie nicht besser liegen bleiben sollte. Aber nach wenigen Augenblicken trieb sie ein plötzlicher Hungeranfall aus den Federn.
Kurz sah sie zu Berni hinüber. Ihr Mann schien unter schlechten Träumen zu leiden, denn er warf sich herum und stöhnte immer wieder leise. Mit einem Mal tat er ihr leid, und sie fragte sich, wie sie ihn dazu bewegen konnte, sich ihr anzuvertrauen. Das, was ihn bedrückte, sollten sie doch gemeinsam tragen.
Das Problem aber hatte Zeit bis zum Morgen. Leise verließ sie das gemeinsame Schlafzimmer und trat in die Küche. Erst als sie den Kühlschrank öffnete und von dem Licht darin geblendet wurde, begriff sie, dass sie den dunklen Flur durchquert hatte, ohne nach dem Schalter für die Lampe zu tasten. Verwirrt blickte sie sich um und stellte fest, dass sie tatsächlich kein Licht brauchte. Sie vermochte sogar ohne Probleme einen Teller und Besteck aus dem Schrank zu holen. Mit einem Achselzucken wandte sie sich der Wurst zu, schnitt ein Stück ab und führte es zum Mund.
Doch mit einem Mal widerstrebte es ihr, in das kalte Zeug
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